Repression in Iran: Mit Glasflaschen vergewaltigt

Tausende Regimegegner sind 2023 in iranischen Gefängnissen gelandet. Die Zustände dort sind fatal – und Vergewaltigungen ein Folterinstrument.

Iranisches "Woman, Life, Freedom"-Banner im Fußballstadion

Anhänger der Proteste von 2022 sind im Visier des iranischen Regimes: Solidaritätsbanner bei der Fußball-WM 2022 in Katar Foto: ap

BERLIN taz | Mindestens 4.471 Personen wurden 2023 in Iran wegen ihres zivilen, ideologischen oder politischen Engagements festgenommen. Das berichtet die Organisation Human Rights Activists News Agency (HRANA) in ihrem aktuellen Menschenrechtsreport. Seit 2009 dokumentiert die NGO Menschenrechtsverletzungen. Die Inhaftierungen sind zwar im Vergleich zu 2022 um 86 Prozent zurückgegangen. Dies liegt jedoch daran, dass im Vorjahr die „Frau, Leben, Freiheit“-Proteste aufkamen, infolge derer Zehntausende inhaftiert wurden.

Die Haftbedingungen in iranischen Gefängnissen sind fatal. HRANA verzeichnet für 2023 1.390 Fälle von Verweigerung medizinischer Versorgung, 342 illegale Überführungen in Einzelhaft, 4.140 Fälle von Bedrohungen und Druck auf Gefangene und vier Morde in Gefängnissen. Anfang Dezember berichtete Amnesty International zudem von Vergewaltigungen und sexuellem Missbrauch seitens des Sicherheitsapparats gegen Protestierende der „Frau, Leben, Freiheit“-Bewegung. Die Menschenrechtsorganisation dokumentierte die Berichte von 45 Überlebenden, die Vergewaltigungen, Gruppenvergewaltigungen beziehungsweise anderen Formen sexualisierter Gewalt durch Mitarbeiter des Geheimdienstes oder der Sicherheitskräfte ausgesetzt waren.

Amnesty betont die Mitschuld der Staatsanwälte und Richter, da diese die Anzeigen der Überlebenden von ­Vergewaltigung ignoriert oder vertuscht und durch Folter erpresste ­Aussagen verwendet haben, um An­klagen zu erheben und sogar zum Tode zu verurteilten. Aus dem Bericht geht zudem hervor, dass Vergewaltigung auch gegen Minderjährige als Waffe eingesetzt wird. Sechs der 45 Überlebenden wurden sogar durch Gruppen von bis zu zehn männlichen Sicherheitskräften vergewaltigt. „Die Überlebenden wurden mit Holz- und Metallschlagstöcken, Glasflaschen, Schläuchen und/oder den Geschlechtsorganen und Fingern der Sicherheitskräfte vergewaltigt“, heißt es in dem Bericht. Betroffen war unter anderem der Protestierende ­Majid Kazemi, der im Mai 2023 in Isfahan hingerichtet wurde.

Kazemi war in Haft zudem 15 Scheinhinrichtungen ausgesetzt. Bei dieser Foltermethode wird die Psyche der Betroffenen angegriffen. Sie denken, sie würden hingerichtet werden, und ­erleben eine Todesangst. Des Weiteren wurden ihm Videos beim Verhör gezeigt, in denen zu sehen war, wie sein Bruder gefoltert wurde – um ein ­falsches Geständnis aus ihm zu erpressen.

Insgesamt wurden acht Personen im Zusammenhang mit den „Frau, Leben, Freiheit“-Protesten seit September 2022 hingerichtet. Für das Jahr 2023 verzeichnet die Organisation Hengaw mehr als 800 Hinrichtungen – das ist ein Anstieg von 32 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Mindestens sechs Menschen wurden öffentlich hingerichtet.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.