Neuer Nachtzug Berlin-Paris: Glück auf der Sparschiene

Nachtzüge ermöglichen kleine Winterfluchten. Nun gibt es endlich wieder eine Verbindung zwischen Berlin und Paris.

Einfahrt eine Zuges in einen Bahnhof.

Nachtzug von Berlin nach Paris am 12. Dezember in Straßburg Foto: Elyxandro Cegarra/imago

Berlin hat ja viele Vorteile, aber die geografische Lage gehört leider nicht dazu. Die Berge sind weit weg, ebenso ein Meer, das sowohl über Wellengang als auch über anständige Wassertemperaturen verfügt (danke für nichts, Ostsee!). Und in den Wintermonaten lässt sich die Sonne mitunter wochenlang nicht sehen.

Wenn mir in der dunklen Zeit mal wieder der Bleideckel auf den Kopf zu fallen droht, träume ich mich weg, in südlichere Gefilde. Und zwar mit dem Mausklick auf die Fahrkartenseite der Österreichischen Bundesbahn, die verlockende Nachtzugverbindungen bereithält: nach Bologna, Venedig, Wien – in den letzten Jahren habe ich auf diese Art verschiedene kleine Winterfluchten unternommen. Ich habe mit Freundinnen, Familie oder allein für ein verlängertes Wochenende etwas Licht und Luft getankt. Und dabei das gemütliche Hineinschaukeln in einen langen Schlaf genossen.

Klar, dieser war mal mehr und meist eher weniger erholsam: Von Berlin nach Wien schlingerte und rumpelte es derart, dass Schlafen fast unmöglich war. Von Bologna nach München, zwingender Umsteigebahnhof für alles zwischen Italien und Berlin, fiel die Heizung aus, unter der dünnen Decke war es lausekalt. Und wehe, man trinkt vor dem Schlafengehen ein großes Bier! Dann muss man wie ich mitten in der Nacht irgendwo am Brenner durch den schlingernden Waggon zu den Klos tappen, wo natürlich längst das Klopapier alle ist und irgendwelche Idioten die Reste ihrer Wodka-Cola-Abteilparty im Minimülleimer entsorgt haben.

Trotzdem ist es jedes Mal ein Erlebnis, morgens zwischen den ÖBB-Laken aufzuwachen und zum Kaffee, der einem an die Liege gebracht wird, die Ankunftslandschaft auf sich zurollen zu sehen. Ganz ohne Gepäckschlange und Securitystress wie am Flughafen.

Letztes Jahr lag unterm Weihnachtsbaum das passende Geschenk zu meiner Leidenschaft: „Mit dem Nachtzug durch Europa“. Ich blätterte mich durch Reiseberichte, die von malerischen Strecken und skurrilen Zug­interieurs erzählten. Von Berlin nach Bratislava und dann weiter nach Humenné, „denn im Osten geht die Sonne auf“ – das wäre doch was!

Warten auf den Nightjet

Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.

Leider war die Familie nur mäßig begeistert von meinen Plänen. Eine Kleinstadt in der Slowakei als Reiseziel? Och nö. Dann schon lieber Paris! Dazu stand im Reisebuch, dass es ab Ende 2023 wieder eine direkte Nachtzugverbindung Berlin-Paris geben würde, nachdem der Vorgängerzug „City Night Line Perseus“ von der Deutschen Bahn aus wirtschaftlichen Gründen 2014 eingestellt worden war. Die österreichischen Kollegen von der ÖBB, die das Schlafwagengeschäft übernommen haben, stopfen nun auch diese Lücke.

Seit Weihnachten 2022 warte ich also auf diesen Nightjet, der zunächst immer montags, mittwochs und freitags, ab Oktober dann täglich am frühen Abend im Berliner Hauptbahnhof losrollt und gemächlich – in 14 Stunden und 6 Minuten – immer weiter Richtung Westen zum Pariser Gare de l’Est schuckelt.

Leider habe ich das Projekt zwischenzeitlich wieder aus den Augen verloren. Als Anfang der Woche, zeitgleich mit den ersten Winterfluchtgedanken, die Meldung kam, dass der erste Zug fährt, klickte ich sofort auf „buchen“. Allerdings, und das ist schon ein Nachteil an den Nachtzugverbindungen, sind diese ebenso rar wie begehrt. Und dementsprechend schnell ausgebucht.

Ende Februar geht erst wieder was: Liegeplatz im 6er-Abteil in der Kategorie „Sparschiene“ für 99,90 Euro. Paris, ich komme!

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.