Ausbeutung auf der Baustelle: Kämpfen lohnt sich

Serbische Arbeiter kämpften monatelang gemeinsam mit der Gewerkschaft um den Lohn für ihre Arbeit auf einer Baustelle. Jetzt ist das Geld da.

Silhouette eines Bauarbeiters auf einer Baustelle

Im Bauhauptgewerbe arbeiten heute über 900.000 Menschen, etwa 30 Prozent ohne deutsche Staatsbürgerschaft Foto: Julian Stratenschulte/dpa

BERLIN taz | Sechs Monate nach Ende ihres Arbeitsverhältnisses haben elf serbische Bauarbeiter doch noch ihren ausstehenden Lohn erhalten. Insgesamt ging es um rund 25.000 Euro brutto – Mindestlohn für Arbeit auf einer Baustelle im baden-württembergischen Backnang. Das teilte die gewerkschaftliche Beratungsstelle Faire Mobilität mit. Die taz hatte im Oktober über den Fall berichtet. „Auch das gibt es in unserer Beratungsarbeit – einen vollen Erfolg“, kommentierte die Faire Mobilität am Mittwoch auf Facebook.

Die Gruppe serbischer Männer hatte von März bis Mai auf einer städtischen Baustelle gearbeitet. Auf dem Gelände eines ehemaligen Parkhauses sollen Wohnungen entstehen. Beschäftigt waren die Arbeiter bei der serbischen Firma Idealbau. Die war von der Firma Wurster aus dem baden-württembergischen Grafenberg beauftragt worden. Generalunternehmer war das Unternehmen Geiger mit Sitz in Bayern.

Mitte Mai wurden die Männer morgens unerwartet von ihrem Chef angerufen und aufgefordert, ihre Sachen zu nehmen und zu gehen. Den Lohn für Mai bekamen sie nicht. „Die entsandten Bauarbeiter, die hier auf den Baustellen anspruchsvolle Projekte umsetzen, standen nach einem knappen Monat Arbeit ohne Lohn da. Das kommt leider immer wieder vor“, sagte Šejla Vojić, Beraterin der Fairen Mobilität in Stuttgart, der taz.

Nach einem Hinweis von Kollegen suchten die Arbeiter den Zoll auf, der sie auf die Beratungsstelle für Arbeiter aus Ost- und Mitteleuropa hinwies. Die Be­ra­te­r*in­nen wandten sich zunächst an den direkten Auftraggeber, die Firma Idealbau. Dort hieß es, Wurster habe die Arbeit der Firma nicht bezahlt. Wurster versicherte der Fairen Mobilität, die Arbeiter würden ihr Geld bekommen. Als nichts passierte, nahm Vojić Kontakt zum Generalunternehmer Geiger auf, der angab, die Angelegenheit klären zu wollen. Wochen später war der Lohn immer noch nicht da.

Problem Subunternehmergeflecht

Auch auf Anfragen der taz wollte keines der Unternehmen Verantwortung übernehmen. Erst nach Veröffentlichung des Artikels kam doch noch Bewegung in die Sache: Vertreter der Unternehmen meldeten sich bei der Beratungsstelle und versprachen wieder, das Geld würde bald ausbezahlt. Nach noch einmal ein paar Wochen, war es Ende November so weit: Die Arbeiter bekamen den gesamten Betrag – von der Firma Wurster.

„Wir begrüßen sehr, dass das vorgelagerte Unternehmen Wurster hier Verantwortung übernommen und die vollen Löhne ausbezahlt hat“, sagte Vojić der taz. „Das ist ein Positivbeispiel.“ Es sei schon außergewöhnlich, dass ein Unternehmen entlang der Subunternehmerkette nicht nur einen Teil, sondern die gesamte Vergütung übernehme.

Im Bauhauptgewerbe arbeiten heute über 900.000 Menschen. Während 1970 noch etwa 15 Prozent ohne deutsche Staatsbürgerschaft waren, sind es heute etwa 30 Prozent. Die meisten kommen aus Polen, Rumänien, Bulgarien, Serbien, Bosnien und Kroatien. Ausländische Beschäftigte sprechen häufig kaum Deutsch und kennen ihre Rechte nicht, was sie leichter anfällig für Ausbeutung macht. Sie arbeiten meist für kleine Firmen am Ende einer langen Subunternehmerkette. Arbeiter dieser Branche suchen am häufigsten die Beratungsstellen der Fairen Mobilität auf.

Für Arbeiten in Deutschland muss es wenigstens Mindestlohn geben. Bis vor zwei Jahren hätte den Arbeitern noch mehr zugestanden. Damals war zwar der allgemeine Mindestlohn niedriger, aber von 1996 bis Ende 2021 gab es im Bau einen Branchenmindestlohn. Dieser lag bei 12,85 Euro, für Fach­ar­bei­te­r*in­nen sogar bei 15,70 Euro. Nach mehrfacher Verlängerungen wollten ihn die Arbeitgeberverbände nicht mehr aufrechterhalten, Ende 2021 lief der Branchenmindestlohn aus.

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