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Austausch fossiler Heizungen Wärmewende in Gefahr

Der Austausch fossiler Heizungen stockt. Die Ziele der Regierung für den Einbau von Wärmepumpen drohen verfehlt zu werden, warnt der Branchenverband.

Ein Beschäftigter am Bosch Thermotechnik-Standort Eibelshausen arbeitet an einer Wärme­pumpe Foto: Andreas Arnold/dpa/picture alliance

Berlin taz | Die anhaltende Flaute bei Wärmepumpen gefährdet das Erreichen der Wärmewende-Ziele. Davor warnt Christian Sieg, Vorstandsmitglied im Bundesverbands der Wärmepumpe. Ver­brau­che­r:in­nen sind verunsichert und zögern deshalb mit dem Heizungstausch.

Fast ein Fünftel der klimaschädlichen CO2-Emissionen in Deutschland stammen aus Gebäuden, der größte Teil davon aus den mehr als 20 Millionen Heizungen. Die Bundesregierung will die Hälfte der Wärmegewinnung in Gebäuden bis 2030 auf erneuerbare Energien umstellen. Dabei spielen strombetriebene Wärmepumpen eine wichtige Rolle. In den kommenden Jahren sollen 6 Millionen Wärmepumpen installiert werden, ab 2024 jedes Jahr 500.000. Doch danach sieht es zurzeit nicht aus. „Wenn es so weitergeht, werden wir im Jahr 2024 nur 300.000 erreichen“, sagt Sieg, der auch Geschäftsführer der Firma BDR Thermea in Deutschland ist, der taz. Unklarheit über die staatliche Förderung und die vergiftete Diskussion um das Heizungsgesetz hat potenzielle Kun­d:in­nen verunsichert, ist er überzeugt.

Das Problem: Die ausgebliebenen Installationen können nicht einfach in den folgenden Jahren nachgeholt werden. „Dazu fehlen die Kapazitäten“, sagt Sieg. Es gibt schlicht nicht genug Handwerker, um Verzögerungen wettzumachen. Schon jetzt scheitert so mancher Wärmepumpeneinbau daran, dass Ei­gen­tü­me­r:in­nen keine In­stal­la­teu­r:in­nen finden. Sieg rät, auf den Internetseiten von Herstellern nach Hand­wer­ke­r:in­nen zu suchen – die sind in der Regel für den Einbau einer Wärmepumpe ausgebildet.

2023 haben sich die Absatzzahlen schlechter als erwartet entwickelt. „Das erste Halbjahr war noch sehr stark“, berichtet Sieg. „Hätte sich die Entwicklung fortgesetzt, hätten wir in diesem Jahr 400.000 Wärmepumpen erreicht.“ Doch jetzt erwartet die Branche nur einen Absatz von höchstens 350.000. „Der Einbruch ist dramatisch, auch weil ein großer Teil der 350.000 noch in den Handelsregalen liegen und nicht beim Kunden installiert wurden“, sagt er. Weil eine Wärmepumpe selten von heute auf morgen installiert wird, zeigen sich Veränderungen im Markt stets mit etlichen Monaten Verzögerung.

Hetzkampagne zeigt Wirkung

Die Zurückhaltung in der zweiten Jahreshälfte geht also auf das Geschehen in der ersten zurück. Da hat die Kampagne der Springermedien und der FDP gegen das Heizungsgesetz von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) und Bauministerin Klara Geywitz (SPD) zu einer massiven Verunsicherung geführt. Die Zahl der Anträge auf Förderung lag 2023 nach Angaben des Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) zwischen Januar und November bei 86.560, im gleichen Zeitraum 2022 waren es noch stolze 329.000. „Der Wärmepumpenboom ist vorbei“, sagt Frederic Leers vom Bundesverband der deutschen Heizungsindustrie. Dabei hätten die Anbieter ihre Kapazitäten drastisch ausgebaut. „Die Industrie und das Handwerk haben geliefert, die Politik aber nicht.“

Das sieht auch Sieg so. Nach der Ankündigung der Bundesregierung, die Förderung neu aufzustellen, warten nach seinen Erfahrungen viele erst einmal ab. Bislang fördert der Staat den Einbau einer Wärmepumpe mit bis zu 40 Prozent der Kosten, das läuft trotz der aktuellen Haushaltssperre weiter. Immer wieder heißt es, dass es künftig bis zu 70 Prozent sein werden. Vielen ist aber nicht klar, dass das nur für Haushalte mit einem Einkommen bis 40.000 Euro gilt. Vor allem: Die neue Grundförderung von 30 Prozent plus einer Geschwindigkeitszugabe von 25 Prozent und dem einkommensabhängigen Bonus kann erst mit dem Haushalt 2024 auf den Weg gebracht werden, über den die Ampel noch verhandelt. „Das ist ein Treiber für die Verunsicherung von Kunden“, sagt Sieg.

Im Schnitt kostet eine Wärmepumpe derzeit rund 25.000 Euro, sagt Sieg – als der Markt überhitzt war, waren die Preise höher. Doch auch jetzt liegen die Kosten für eine Gasheizung bei nur etwa einem Drittel. „Kunden wollen keine Fehlentscheidung treffen, weil die kaum zu korrigieren ist“, sagt Sieg. Deshalb haben sich viele noch für eine neue Gasheizung entschieden.

Die Branche versucht solche Vorbehalte mit sogenannten Hybridlösungen aufzufangen. Dabei wird etwa ein moderner Gaskessel mit einer kleinen Wärmepumpe kombiniert. Diese Lösung ist bis zu 30 Prozent billiger als eine große Wärmepumpe, sagt Sieg. Sie hat einen großen Vorteil: Sie ist auch für ältere Gebäude geeignet, die nicht optimal gedämmt sind. Wird das Haus nach und nach saniert, steigt der Heizanteil der Wärmepumpe. Sieg: „Das Gasgerät wächst dann aus dem Haus heraus.“

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8 Kommentare

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  • Das Problem sind doch auch die Hersteller und Handwerker die seit Jahren nicht an technisch guten , preiswerten Lösungen gearbeitet haben. Die Unternehmen konnten sich auf durch subventionierte bezahlbare Lösungen verlassen. Falls wir Wirtschaftsfachleute in der Regierung hätten, wäre ihnen das kleine Einmaleins von der Verhinderung der Innovation durch Subvention bekannt. Durch eine Sammlung technischer Halbwahrheiten werden die letzten Interessenten abgeschreckt.

  • Toll, mit KICK und SOLLNDAS haben wir ja zwei richtige Heizungsspezialisten hier im Forum.

    Meine "Illusionen" kommen daher, dass ich vor drei Jahren meine Ölheizung durch eine Wärmepumpe ersetzt habe, im Familienkreis sehe ich außerdem das Ergebnis von zwei Gas Brennwert-Heizungen, die jeweils durch Wärmepumpen ersetzt wurden, allesamt also im Bestandsbau.

    Die 2500l Heizöl, die ich früher jährlich verbraucht habe, sind Energieträger von 25000 kWh. Der Stromverbrauch meiner Wärmepumpe liegt aber nur bei 4500kWh - 4800kWh pro Jahr. Bei den beiden anderen Heizungen ist das ähnlich.

    Der Effizienzgewinn kommt daher, dass die Wärmepumpe den Strom nicht direkt in Wärme umwandelt, sondern die ohnehin schon kalte Außenluft noch weiter abkühlt und daraus die Wärme für das Haus gewinnt.

    Letztes Jahr gab es eine bitterkalte Woche kurz vor Weihnachten, da ging die Effizienz meiner Wärmepumpe so weit runter, dass aus 1kWh Strom lediglich 3,5kWh erzeugt werden konnte. Letzte Woche waren es 3,8kWh. Auf das Gesamtjahr gesehen liegt meine JAZ bei 4,4. Bei der Familie ist es etwas darunter, aber auch um die 4.

    Selbst der schlimmste anzunehmende Strommix könnte also eine Verbrennerheizung heute nicht mehr konkurrenzfähig machen.

    Dabei unterschätzen Sie außerdem den Strommix, den wir in Deutschland haben. Klar ist der PV Anteil im Winter relativ klein (wirft bei mir selbst im schlechtesten Monat Dezember immer noch ca. 10kWh pro Tag ab), dafür ist der Windenergieanteil im deutschen Strommix von wenigen Tagen abgesehen deutlich höher im Winter. Es sind also nicht "vorrangig Kohle- und Gas", sondern auch im Winter ca. 50% regenerative Energie im Netz.

    Dass man das sehr dringend weiter ausbauen muss, weil es, wie Sie auch sagen, bei weitem noch nicht reicht, sehe ich natürlich genau so.

    • @Karl Schmidt:

      "Dabei unterschätzen Sie außerdem den Strommix, den wir in Deutschland haben."



      Leider ist es so: Wenn Ihre Wärmepumpe einschaltet (oder Sie Ihr E-Auto an die Nabelschnur hängen), scheint die Sonne nicht heller, und auch der Wind weht nicht stärker. Was geschieht, ist, dass Kraftwerke, die man hochregeln kann, hochgeregelt werden.



      Ihre Wärmepumpe verursacht einen "fossilen" Strombedarf in voller Höhe ihres Strombedarfs. Und verschlechtert dadurch den Strommix für ALLE Verbraucher, auch für die Kaffeemaschine Ihres Nachbarn...

  • Elektrische Wärmepumpen die jetzt im Winter vorrangig mit Strom aus Kohle- und Gaskraftwerken betrieben werden.



    Einfach nur großartig!

  • "Selbst wenn die Wärmepumpe zu 100% aus einem Gaskraftwerk gespeist würde, würde sie nur einen Bruchteil des Gasverbrauchs einer Gasheizung verursachen."



    Na, dann bleiben Sie mal bei Ihren Illusionen :-)



    Spätestens dann, wenn bei Temperaturen um Null herum der Verdampfer vereist (also ziemlich genau dann, wenn die Wärmepumpe wirklich gebraucht wird) und "ganz selten" (aber bei allen Pumpen gleichzeitig) der elt. Heizstab anspringt, ist es vorbei mit dem "Bruchteil".



    Von den für die Bereitstellung und Verteilung von Habecks 81,5 GW zusätzlicher Grundlast erforderlichen Reservekraftwerken und Verteilnetzausbau ganz zu schweigen...

  • > Dabei wird etwa ein moderner Gaskessel mit einer kleinen Wärmepumpe kombiniert.

    Was soll denn eine "moderne Gasheizung" sein? Alle Verbrennerheizungen benötigen mindestens das Vierfache an Energie im Vergleich zu einer Wärmepumpe, weil sie - anders als eben Wärmepumpen - technisch nicht in der Lage sind, Wärme aus der Umgebung zu entnehmen. Verbrennertechnik ist seit über 20 Jahren ausgereizt, nach Brennwertheizungen ist doch nichts mehr gekommen.

    Selbst wenn die Wärmepumpe zu 100% aus einem Gaskraftwerk gespeist würde, würde sie nur einen Bruchteil des Gasverbrauchs einer Gasheizung verursachen. Unser Strommix geht aber in diesem Jahr auf die 60% regenerativer Energien zu. Die Wärmepumpe verringert also ihren Anteil an fossiler Energie jedes Jahr. Die Verbrennerheizung dagegen bleibt ein Heizungsleben lang das, was sie ist: Ein fossiler Ofen aus dem letzten Jahrtausend.

  • Klar müssen wir raus aus den fossilen Energieträgern. Aber die einseitige Fixierung auf eine schnelle Elektrifizierung hilft uns auch nicht weiter.



    Es ist doch fürs Klima egal, ob die Wärmepumpe mit Braunkohlestrom betrieben wird, oder ob man den Öl- oder Gasverbrauch absenkt, indem man die Gebäude besser dämmt. Vielleicht sollte man das Geld so einsetzen, wie es am meisten bringt.



    Strom wird in den nächsten Jahren ohnehin knapp und teuer sein. Heute um 16 Uhr zeigt das Agorameter einen Anteil von 79,3% (!!!) der konventionellen Kraftwerke an der Gesamtstromerzeugung. Am 5.12. um 3 Uhr nachts waren es noch 50%.



    Es ist Winter. So nannte man das jedenfalls früher (und nicht Wetterkatastrophe, wie jetzt manchmal).



    In vielen Altbauten braucht man ohne Dämmung über 60° Vorlauftemperatur - das wird mit einer Wärmepumpe schon ziemlich ineffizient. Bei einem gedämmten Bau sähe es schon etwas besser aus. Also stellt sich die Frage nach der Priorität, insbesondere bei der jetzigen Stromerzeugungskapazität in Deutschland.

  • "Im Schnitt kostet eine Wärmepumpe derzeit rund 25.000 Euro"



    Sehe ich bei meinem Nachbar gegenüber. Der taut sein Dach mit der Wärmepumpe ab; bei ihm verschwindet der Schnee mit weitem Vorsprung zuerst.



    Da hat das Geld wohl nicht mehr für eine ordentliche Dachdämmung gereicht.