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Gescheiterte Vorsitzwahl bei den GrünenDie Schwächen der Doppelspitze

Kommentar von Stefan Alberti

Bei den Grünen besetzt seit 2011 jeder Flügel einen Vorsitzplatz. Der Parteitag hat gezeigt, dass das System vom Goodwill des Stärkeren abhängt.

Grünen-Vorsitzkandidatin Tanja Prinz scheiterte beim Parteitag trotz Siegs in einer Realo-Vorwahl Foto: dpa

U ngeschriebene Gesetze haben einen Nachteil: Sie sind nicht einklagbar. Beim Tempelhofer Feld etwa könnte das Parlament mit einfacher Mehrheit das 2014 per Volksentscheid beschlossene Schutzgesetz aufheben. Dass eine Bebauung nur nach einer erneuten Befragung der Bevölkerung möglich sein soll, ist eine rein politische Verabredung. Das Gleiche gilt – wie am Samstag beim Parteitag zu erleben war – für die Doppelspitze der Berliner Grünen. Denn dass Linke und Realos sich die Vorsitzplätze teilen, steht nämlich anders als die Frauenquote nicht in der Satzung.

Darum ist auch kein Delegierter vom dominierenden linken Parteiflügel verpflichtet, eine ihm nicht genehme Realo-Kandidatin wie Tanja Prinz zur Co-Chefin zu wählen. Letztlich sollen ja beide Vorsitzenden für die ganze Partei stehen und nicht nur ihre Flügel repräsentieren – so wie eine Frau in der Doppelspitze auch für Männer spricht und umgekehrt. Dass die ungeschriebene Quotierung in den vergangenen zwölf Jahren bei drei Duos funktionierte, hat viel mit den jeweiligen Personen zu tun. Die konnten einfach persönlich gut miteinander und galten teils sogar als „Traum-Duo“.

Dabei streiten Realos und linker Flügel schon lange über den Kurs der Partei. Etwa über eine „Äquidistanz“, gleichen Abstand zu SPD und Linkspartei wie zu CDU und FDP: „Wer für alles offen ist, ist nicht ganz dicht“, hielt dazu schon vor fast eineinhalb Jahrzehnten der spätere Finanzsenator Daniel Wesener dem damaligen Fraktionschef Volker Ratzmann entgegen.

Am Samstag lehnten zwar auch Realos Tanja Prinz ab, obwohl die Koordinatoren ihres Flügel sie nach einer Vorwahl als „einvernehmliche Lösung“ bezeichnet hatten. Entscheidend aber war das Nein des linken Lagers. Was aber ist ein Vorsitzplatz wert, wenn er vom Goodwill der anderen Seite abhängt? Und was passiert, wenn aus zwei Flügeln drei Strömungen werden? Kommt dann die Dreifach-Spitze? Die Doppelquotierung der Doppelspitze zeigt jedenfalls gerade deutliche Schwächen.

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Redakteur für Berliner Landespolitik
Jahrgang 1967. Seit 2002 mit dreieinhalb Jahren Elternzeitunterbrechung bei der taz Berlin. Schwerpunkte: Abgeordnetenhaus, CDU, Grüne.
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2 Kommentare

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  • Wer bewusst aus Überzeugung jemanden scheitern lässt, muss einen Plan B haben und sei es die Übernahme der gesamten Führung durch die Linke. Alles andere ist unseriös.

  • Der Vergleich hinkt. Sicher muss sich das Parlament nicht an einen Volksentscheid halten, wenn nicht entzieht es sich seiner Legitimität. Erst mal auf dem Parteitag nicht als Vorsitzende gewählt zu werden, ist ein urdemokratischer Akt.



    Dass Prinz und kein Korrektiv aufgestellt wurden, scheint ein gtundsätzlicher Fehler zu sein. Das Ganze durchziehen zu wollen, obwohl es erhebliche Bedenken gab, auch.