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Trockenheit in KatalonienVornotstand beim Wasser

Der ausbleibende Regen zwingt die Regionalregierung in Barcelona zu neuen Vorgaben: Alle müssen Wasser sparen. Und teurer wird es auch.

Stausee in Lleida im April 2023. Da waren die Speicher noch zu 30 Prozent voll, jetzt sind es 18 Foto: dpa

Madrid taz | Die nordostspanische Region Katalonien sitzt auf dem Trockenen. Seit 36 Monaten regnet es kaum, so lange wie noch nie seit Beginnn der Aufzeichnungen. Die Stauseen im Landesinneren, die einen Großteil der Bevölkerung mit Trinkwasser versorgen, sind noch zu 18 Prozent gefüllt. Die Regionalregierung hat den „Wasser-Vornotstand“ für 6 der insgesamt 7,5 Millionen Einwohner Kataloniens ausgerufen. Auch die Hauptstadt Barcelona und das Umland sind betroffen.

Zahlreiche Sparmaßnahmen treten in Kraft. Die Gemeinden dürfen statt bisher 230 Liter künftig nur noch 210 Liter Wasser am Tag und pro Einwohner konsumieren. Das gilt auch für Landwirtschaft und Industrie. Die Behörden prüfen, inwiefern sie dort, wo der Verbrauch deutlich darüber liegt, den Druck auf den Leitungen senken.

Sofort in Kraft tritt eine Liste von Verboten. Private Schwimmbecken dürfen nicht gefüllt, Rasen und Golfplätze nicht gegossen werden. Ausnahme: Vereinssportplätze, auf denen offizielle Wettbewerbe ausgetragen werden. Weder Fassaden noch Freiflächen dürfen mit Leitungswasser gereinigt werden. Die Landwirtschaft muss 40 Prozent Wasser einsparen, die Industrie 15 Prozent. Zierbrunnen werden abgeschaltet.

Außerdem wird Wasser in zahlreichen Gemeinden um 11,5 Prozent teurer. In Barcelona beläuft sich die durchschnittliche Wasserrechnung für einen Haushalt aktuell auf 48,46 Euro. Wasser bleibt also eigentlich zu billig – in Berlin kostet es vier- und in Wien fünfmal so viel.

Alternative Wassergewinnung

Die Maßnahmen reichen nicht. „Wir arbeiten daran, alles nur Mögliche zu tun, um an Wasser zu kommen“, erklärt der für Klima zuständige Vertreter der katalanischen Regierung, David Mascort. Derzeit wird der Hafen von Barcelona für 4 Millionen Euro umgebaut. Ab dem Jahreswechsel sollen dort Tankschiffe mit Wasser andocken. Diese könnten zumindest Barcelona und Umland versorgen.

Bereits nach der letzten Trockenperiode 2008 wurde die Entsalzung von Meerwasser vorangetrieben. Jetzt soll auch hier weitere Kapazität geschaffen werden. Ein Fluss soll per Reinigungsanlage trinkbar gemacht werden. Außerdem werden über 400 Millionen Euro in den Ausbau von Anlagen fließen, die gebrauchtes Wasser etwa für die Straßenreinigung oder das Gießen und Bewässern in Parks und der Landwirtschaft aufbereiten.

Längst decken Niederschläge auch in normalen Jahren nur noch die Hälfte des Wasserverbrauchs in Katalonien. Der Rest stammt aus Entsalzung, Grundwasser und aufbereitetem Brauchwasser. „Das Land ist für Trockenperioden wie die bisherigen vorbereitet, aber nicht für eine Trockenperiode von 36 Monaten“, sagte Mascort im katalanischen Radio RAC1.

Sobald die Stauseen auf 16 Prozent ihrer Kapazität sinken, wird der Notstand mit weitaus härteren Maßnahmen anstehen. Selbst zeitweise Wasserabschaltungen sind dann nicht mehr auszuschließen. Die jetzigen Sparmaßnahmen sollen das zumindest bis zum Jahresbeginn 2024 hinauszögern. Die Meteorologen können nur wenig Hoffnung machen. Der Winter wird wohl einmal mehr trockener sein als vor der nun schon drei Jahre andauernden Trockenheit.

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6 Kommentare

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  • Das ist interessant. Ich lebe seit 7 Jahren in Spanien, davon 5 in Katalonien. Aber so viel wie dieses Jahr 2023 hat es noch nie geregnet. Mich wundert es in der Tat wohin das ganze Wasser geht.

  • Wenn man für Öl Pipelines bauen kann, warum dann nicht für Wasser? Wird kommen...

    • @Mitch Miller:

      Gibts schon (Kalifornien, Libyen, Australien).

      Reicht aber im Ernstfall nicht aus, ist anfällig gegen politische Instabilität (siehe Libyen), und hat generell ein Kontaminationsproblem (wie man schon vor knapp 2000 Jahren merkte): Wasser ist bei irdischen Bedingungen ein zu gutes Lösungsmittel, und seine Transportinfrastruktur erfordert regelmäßige Wartung. Daher verwendet man in der Praxis lieber Schiffe mit leichter zu reinigenden Spezialtanks, auch wenn die damit transportable Menge *noch* geringer ist. Naja, und irgendwoher muss das Wasser ja so oder so kommen (siehe Kalifornien).

    • @Mitch Miller:

      Gibt’s schon, z.B. siehe die Pipeline Chapala-See nach México-Stadt über 500km.

      Aber was bringt’s? México-Stadt verbraucht Unmengen an Wasser, und der Chapal-See verlandet allmählich, einst war er größer als der Bodensee und Mexicos größte Süßwasserreserve.

      Zumindest ist in Europa der Zufluss an Kontamination durch Abwässer aus der Landwirtschaft in solche Gewässer stark reglementiert.

      Aber am Ende gibt’s zu wenig für zu viel Bedarf. Das Verteilungsproblem ist da eher noch nachrangig.

      • @Lazlo Panaflex:

        Naja, 500km sind natürlich ein Witz, klimatisch. Ich meinte hier eher Richtung Nordeuropa.

        Vielleicht lässt sich schon in den Pyrenäen was finden, das ansonsten im grossen Teich verschwinden würde.

        Und natürlich muss der Verbrauch bzw. Verlust in maroden Leitungen in Angriff genommen werden.