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Krieg in MyanmarChina startet Manöver an der Grenze

Ethnische Rebellen aus Myanmar nehmen weitere Grenzposten zu China und Indien ein. In einer Grenzstadt gehen 120 Lkws gehen in Flammen auf.

Myanmars Rebellen haben bei ihrer Offensive Unmengen an Waffen und Munition vom Militär erobert Foto: Myo Satt Hla Thaw/dpa

Berlin taz | Chinas Volksbefreiungsarmee führt seit Samstag auf ihrer Seite der Grenze zu Myanmar in der Provinz Yunnan ein Manöver mit scharfer Munition durch. Das Ziel sei es, Mobilität, Grenzsicherung und Feuerkraft zu testen, erklärte ein Sprecher des chinesischen Südkommandos laut China Daily.

Angaben über Dauer, Orte, Truppenzahl und Waffensysteme machte der Sprecher nicht. Vielmehr verwies er darauf, dass routinemäßig geübt werde. Doch ist die Ankündigung ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt ein unverhohlener Wink mit dem Zaunpfahl an Myanmars Konfliktparteien jenseits der Grenze.

Große Teile des dortigen nördlichen Shan-Staates haben in den letzten Wochen ethnische Rebellen der 3 Brotherhood Alliance erobert. Diese Allianz kämpft zusammen mit den oppositionellen demokratischen Kräften und deren PDF-Milizen gegen die Militärjunta. Die hatte am 1. Februar 2021 die gewählte Regierung von Aung San Suu Kyi gestürzt und regiert seitdem diktatorisch gegen den Widerstand großer Teile der Bevölkerung.

Die Rebellen wollen allein im nördlichen Shan-Staat inzwischen 180 Militärposten und sechs Städte eingenommen haben, ebenso wichtige Grenzübergänge nach China. Am Sonntag verkündeten sie die Eroberung eines weiteren Übergangs bei der Stadt Muse in der Region Kokang.

Gegenseitige Vorwürfe wegen Angriff auf LKWs

Dort verbrannten letzte Woche auf einem Parkplatz 120 von 258 Lastwagen samt Ladung. Die Junta machte dafür einen Drohnenangriff der Rebellen verantwortlich, die wiesen das von sich und beschuldigten ihrerseits das Militär.

Die erfolgreiche Rebellenoffensive, die vor einem Monat begann, hat den Grenzhandel mit China weitgehend gestoppt. Die verbrannten Lkws hatten sich an der Grenze gestaut.

Die Kämpfe hatten auch schon ein Todesopfer auf Chinas Seite gefordert und Tausende Zivilisten dorthin fliehen lassen. Doch führte die Offensive der Rebellen auch dazu, dass sie gegen die in der Region grassierende Cyberkriminalität vorgingen.

Opfer des Cyberbetrugs sind oft Chinesen, die chinesischen wie myanmarischen Täter hatten den Rückhalt der korrupten Junta. Peking hatte von ihr wiederholt und vergeblich ein hartes Vorgehen verlangt, zuletzt im Oktober. Darin erkannten die Rebellen ihre Chance, dass ihre Offensive wohl nicht von China gestoppt werden würde, wenn sie gegen die Betrüger vorgehen.

Zwar lassen sich die Angaben der Konfliktparteien kaum überprüfen, doch gibt es keine Zweifel an den inzwischen massiven Rückschlägen für das Militär. Dazu trug auch die am 13. November begonnene Offensive der Arakan Army (AA) im südwestlichen Rakhine-Staat bei. Die AA gehört auch zur 3 Brotherhood Alliance, hatte sich in Rakhine aber bis dahin an einen informellen Waffenstillstand gehalten.

Auch Grenze mit Bangladesch betroffen

In Rakhine will die AA inzwischen 40 Militärposten eingenommen haben, viele sogar ohne Gegenwehr zunehmend demoralisierter Soldaten. Angriffe der AA sollen inzwischen auch zur Schließung von Grenzübergängen mit Bangladesch geführt haben.

„Früher war in vielen Landesteilen meist das Militär in der Offensive, sagte ein AA-Sprecher dem oppositionellen Online-Portal Irrawaddy. „Jetzt sind die ethnischen Rebellen und andere revolutionäre Kräfte und Widertandsgruppen in der Offensive.“ Und dies geschehe landesweit. Dem Militär warf er vor, Zivilisten als menschliche Schutzschilde zu missbrauchen und prophezeite ihm eine Niederlage.

Auch im westlichen Chin-Staat nahmen ethnische Chin-Rebellen zwei Orte an der Grenze zu Indien ein. Einige Soldaten flohen vor den Rebellen ins Nachbarland, wurden aber bald wieder zurückgeschickt.

Mehrfrontenkrieg überfordert das Militär

Myanmars Militär ist im jetzigen Mehrfrontenkrieg überdehnt und hat große Schwierigkeiten, Nachschub und Verstärkung zu seinen angegriffenen Basen zu bringen. Die Rebellen kontrollieren jetzt viele Landstraßen, wo Hinterhalte auf die Militärs warten.

Von einer vom Juntachef General Min Aung Hlaing verkündeten Militäroffensive ist kaum etwas zu merken, zumindest wirkt die Junta planlos. Sie schlägt nur mit Artillerie- und Luftangriffen um sich, was viele Opfer unter Zivilisten fordert. Die Rebellen haben dagegen bei ihrem Vormarsch Unmengen an Waffen erbeutet.

Berichten zufolge, die die Junta bisher nicht bestätigt hat, zieht sie um die Hauptstadt Naypyidaw im Zentrum des Landes Truppen zusammen, auch gibt es Berichte über Zwangsrekrutierungen. Zwar hat das Militär über manche Regionen die Kontrolle verloren und wird große Schwierigkeiten haben, sie zurückzuerobern. Doch ist es eben auch noch längst nicht besiegt. Neu an der jetzigen Situation ist, dass die verschiedenen Rebellengruppen jetzt koordiniert handeln, ein von allen anerkanntes geeintes Kommando haben sie aber nicht.

Zwei Millionen Flüchtlinge

Am Samstag beschwichtigte die Junta, sie sei über Chinas Militärmanöver an der Grenze vorab informiert worden. Die Beziehungen zu Peking seien „gefestigt“ und die Militärbeziehungen seien gut. Das sollte dem Eindruck entgegenwirken, China sei mit der Junta unzufrieden. Dabei hatte diese erst letzten Sonntag in der Metropole Yangon gegen China protestieren lassen. Der Vorwurf: Peking unterstütze Rebellen.

China forderte mehrfach beide Seiten auf, die Kämpfe einzustellen. Laut UNO sind seit Beginn der Offensive am 27. Oktober 187 Zivilisten getötet und 246 verletzt worden, weitere 286.000 sind geflohen. Damit sind innerhalb Myanmars jetzt rund zwei Millionen Menschen auf der Flucht.

Angaben über die Verluste der militärischen Konfliktparteien gibt es nicht. Die Verluste des Militärs werden von den Rebellen auf mehrere hundert geschätzt, ebenso viele dürften sich ergeben haben. Glaubwürdige Angaben über getötete Rebellen gibt es nicht, aber auch diese Zahl dürfte recht hoch sein.

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