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Klimakonferenz in Dubai startetGut geölte Verhandlungen

Bei der Klimakonferenz stehen die Vereinigten Arabischen Emirate als Gastgeber in der Kritik: Sie wollen den Gipfel offenbar für fossile Deals nutzen.

Elektrisch gekühlt, künstlich bewässert und heiß auf noch mehr Öl-Deals: Der COP-Gastgeber Dubai Foto: Andrea DiCenzo/getty images

Berlin/Dubai taz | Die Schornsteine qualmen, die Auspuffe rauchen: Fast drei Jahrzehnte lang haben sich die Regierungen der Vereinten Nationen zu Weltklimakonferenzen getroffen, aber der Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgase ist weltweit noch massiv gestiegen. Ab Donnerstag verhandeln die fast 200 Staaten wieder über das Weltklima, diesmal treffen sie sich in der Wüstenstadt Dubai in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Es ist das 28. Mal, abgekürzt ist deshalb die Rede von der COP 28.

Langsam, aber sicher nähert sich die Welt der Wurzel des Problems an: den fossilen Energieträgern. „Wir brauchen einen bindenden Beschluss, Erneuerbare Energien und Energieeffizienz bis 2030 weltweit massiv hoch- sowie gleichzeitig Kohle, Öl und Gas massiv herunterzufahren“, sagt Christoph Bals von der Organisation Germanwatch.

Ein Ende der fossilen Gewinnung von Energie folgt zwar logisch aus den Klimazielen der Welt, ist aber auf internationaler Ebene noch nicht explizit vereinbart. Seit zwei Jahren diskutiert die Weltklimakonferenz immerhin ausdrücklich über Varianten der Abkehr von klimaschädlicher Energie.

Im schottischen Glasgow wäre beinahe der Kohleausstieg vereinbart worden. Minuten vor der finalen Abstimmung blockierten China und Indien plötzlich – also zwei Länder, die noch stark auf Kohle setzen. Schließlich war im Beschluss des Gipfels nur noch von einer Verringerung der Kohlenutzung die Rede, nicht mehr von einem Ausstieg.

Al Jaber setzt auf Öl und Gas

Vergangenes Jahr in Ägypten versuchte Indien dann, die Regelung auf fossile Energie im Allgemeinen auszudehnen. Der Vorstoß fand breite Unterstützung. Öl- und Gasländer wehrten sich aber erfolgreich dagegen. Gastgeber Ägypten nahm den Vorstoß nicht einmal in einen offiziellen Entwurf auf. Gelingt eine Einigung in diesem Jahr?

Der Gastgeber des Klimagipfels steht jedenfalls schon in der Kritik, bevor das Treffen überhaupt begonnen hat: die Vereinigten Arabischen Emirate. Zum Präsidenten der Konferenz hat das Land Sultan Ahmed Al Jaber ernannt, Industrieminister und Manager des staatlichen Ölkonzerns Adnoc. Er sprach schon im Mai zu Besuch in Berlin davon, aus den „fossilen Emissionen“ aussteigen zu wollen, nicht aber aus den fossilen Energien. Das heißt: Er will weiter Öl und Gas nutzen, aber auf die CCS-Technologie setzen, mit der CO2 abgeschieden und unterirdisch gespeichert wird.

Das gilt als teuer, riskant und ist kaum verfügbar. Laut einem Bericht der britischen BBC über interne Dokumente wollen die Emirate Gespräche im Rahmen der Klimakonferenz zudem für Öl- und Gas-Deals nutzen. Vom „Volkswagen-2015-Moment für die COP-28-Präsidentschaft“ sprach daraufhin Christiana Figueres, ehemalige UN-Klimachefin, auf der Online-Plattform X.

Der deutsche Autokonzern war vor acht Jahren mit einem systematischen Betrug bei Abgaswerten seiner Diesel-Pkw aufgeflogen. Aktivistin Luisa Neubauer von Fridays for Future stellte al-Jabers Position infrage. „Wenn COP-Präsident Sultan al-Jaber nicht anerkennt, dass eine Klimakonferenz kein Marktplatz für neue Ölfelder sein darf, sollte er zurücktreten“, sagte sie.

Die andere Seite der Energiewende

In Dubai soll es neben dem Ausstieg aus den klimaschädlichen Energieformen auch um die andere Seite der Energiewende gehen: den Ausbau der erneuerbaren Energien und die Verbesserung der Energieeffizienz. Denkbar ist, dass die Staaten sich auf globale Ziele zu beidem einigen, etwa auf eine Verdreifachung der erneuerbaren Kapazitäten bis 2030.

Zu guter Letzt geht es bei Klimakonferenzen auch immer um Geld – so auch in Dubai. Zum Beispiel muss geklärt werden, wie es mit der sogenannten Klimafinanzierung ab 2025 weitergeht. Das sind die Hilfsgelder, die Industrieländern dem globalen Süden für Klimaschutz und Klimaanpassung versprochen haben. Für den Zeitraum von 2020 bis 2024 war eine jährliche Summe von 100 Milliarden US-Dollar vereinbart, die allerdings laut dem Industrieländerclub OECD erst 2022 geliefert wurde.

Außerdem muss der im vergangenen Jahr beschlossene Fonds für klimawandelbedingte Schäden und Verluste gefüllt werden. Der soll armen Ländern helfen, wenn sie durch den Klimawandel von einer Naturkatastrophe getroffen werden. Umstritten ist, ob neben den Industrieländern etwa auch die Golfstaaten oder China einzahlen müssen – mittlerweile ebenfalls große Volkswirtschaften mit hohen Emissionen.

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4 Kommentare

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  • Aus der Benennung der geballten Rückschritte der vergangenen Klimakonferenzen wird klar, dass auch die Rückschritte der deutschen Klimapolitik wegen der teils selbst herbei geführten Energiepreisniveauerhöhung durch Habecks hastige Gaseinkäufe im Frühjahr 2022 nach dem Motto "Wir zahlen jeden Preis" am Beginn des Ukrainekrieges, 2. Stufe, vielleicht gewagt wurden im vermeintlichen Windschatten des auf Klimakonferenzen eidesstattlich offenbarten internationalen Trends: Das Gegenteil des Notwendigen tun. Dass nun der Bock der Gärtner ist bei der nun stattfindenen Klimakonferenz - wen wundert's?

    Selbst in Deutschland wird bereits ein LNG-Terminal zuviel gebaut! Bei Rügen. Warum? Man zementiert die geschaffenen Fakten der faktischen Rückschritte, statt daran zu arbeiten, so schnell wie möglich wieder der nötigen Agenda Klimaschutz zu folgen. Und zwar konsequent. Konterkarierende Erhöhung des Ölverbrauches, welche in Dubai womöglich noch mit einem Turbo versehen wird, können wir uns nicht leisten. Gerade Öl hat nicht nur eine weitaus schlechterere CO2-Bilanz als Erdgas, sondern ist als Rohstoff eigentlich zum Verbrennen zu schade. Mindestens die Hälfte der Staaten der Welt muss konsequent bleiben beim Klimaschutz, um wenigstens den Klimaschaden durch die Klimaschutz nicht ernst nehmenden Länder abzumildern.

    Zugegeben, Russlands Angriffskrieg ist höhere Gewalt, die auch Wiederherstellung der eigenen Wehrfähigkeit anmahnt. Aber die Klimaerwärmung wird deshalb nicht weniger hohe Gewalt. Und der Hebel, sie abzumildern, ist, vor allem ehrliches Einstehen für Erneuerbare Energien plus Energiesparen. Und netten Kleinigkeiten wie die Ausweitung der ökologisch sinnvollen Weidewirtschaft zu ungunsten ökologisch katastrophaler, nämlich gefürchtete Klimagasrinderpupse erst massiv hervorrufender Viehfütterung in Sojaverfütterungsmassentierhaltungsställen. In Sachen Klimaschutz gibt es vielerlei "So? ja!" und "So? Nein." Was zu beachten wäre!

  • Im Land der Ölkonzerne und der unermesslichen Energieveschwendung wird man sich in vollklimatisierten Räume nach luxuriösem Anflug im Jet sicher auf bedeutende Vereinbarungen einigen. Ich erwarte mir eher noch weniger als mehr relativ zu den anderen Klimakonferenzen.

    • @Jalella:

      Es hat aber Klimakonferenzen schon an jeder Menge in dem Sinne merkwürdiger Orte gegeben, zB Doha. Da die Bedeutung gestiegen ist, könnte man, optimistisch, vielleicht auch erwarten, dass die jetzigen Gastgeber lieber einen Erfolg sehen als in der Reihe beliebiger Konferenzen aufzugehen. Ehrgeizig genug sind sie sich.



      Und für Erdöl/Gas deals braucht Al Jabba sicher nicht die Konferenz, da würde ein Anruf reichen.....

      Ansonsten: Natürlich müssen die Golfstaaten und China in den Fonds einzahlen!

  • Es gibt ja viele Facetten der Klimawandelleugnung:

    - Klimawandel gibt es nicht, auch Hockey Stick genannt



    Hocherfolgreich von den 1970ern bis in die frühen 2010. Manche Dinosaurier (gerne US-Republikaner, aber auch hier zulande -- Hallo, Frau Beer, wie geht's uns) hängen dieser Variante nach. Mutationen bekannt unter "gibt's, wir waren es aber nicht"

    - Klimawandel gibt's, aber die anderen sollen anfangen



    Ähnlich wie der Geschirrberg in der WG: "wenn ich der einzige bin, der nicht abspült, dann wird es doch nicht sonderlich...". Beliebt bei Neoliberalen, die Spezialisten für Externalisierung.

    - Klimawandel gibt's, man kann eh' nichts machen



    Kommt besonders gut bei deppressiven Menschen.

    - Klimawandel gibt's, die Technik wird es aber schon richten



    Für Menschen mit Hang zu magischem Denken -- gerne in religiöser und archaischer geprägten Regionen (hallo, CSU?) unterwegs.

    - Klimawandel gibt's, wir kümmern uns schon



    "Ach lasst das doch den Fachleuten", um unseren professionellen Dilettanten schlechthin zu paraphrasieren (der mit den allen 11 Minuten).

    Al Jaber führt nun eine beeindruckende Performance zu dieser letzten Variante vor. Wirklich beeindruckend.

    Ich hoffe, diese verbrecherische Bande irgendwann im Knast zu sehen, ehrlich. Sonst bin ich eigentlich gegen Knäste, aber hier würd' ich eine Ausnahme machen.