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Reform der StraßenverkehrsordnungWeg vom Autofokus

Der Bundesrat berät über Reformen der StVO. Streitpunkte gibt es genug – gerade die Kommunen hoffen auf einen Beschluss.

Bisher hatten es die Kommunen schwer, Platz für einen Radweg zu schaffen Foto: Carsten Koall/dpa

Berlin taz | Platz für einen Radweg zu schaffen oder eine Tempo-30-Zone einzuführen ist für Kommunen oft aufwendig – wenn nicht schier unmöglich. Am Freitag berät der Bundesrat abschließend über Reformen des Straßenverkehrsgesetzes (StVG) und der Straßenverkehrsordnung (StVO), die das ändern sollen.

Der Bundestag hat das neue StVG Mitte Oktober gebilligt, nun steht die Bestätigung der Länderkammer an. Bisher war bei neuen Mobilitätsprojekten vor Ort die Sicherheit und Leichtigkeit des Autoverkehrs oberstes Gebot. Die Novelle enthält nun auch die Ziele Klima- und Umweltschutz, Gesundheit und städtebauliche Entwicklung.

Das StVG bildet aber nur die gesetzliche Grundlage, die konkreten Handlungsmöglichkeiten für die Kommunen werden in der StVO festgelegt. „Der vorgelegte Entwurf zur StVO-Novelle geht in die richtige Richtung“, kommentiert Michael Müller-Görnert, verkehrspolitischer Sprecher des ökologischen Verkehrsklubs VCD. „Doch er bleibt hinter den Möglichkeiten zurück, die das neue Straßenverkehrsgesetz eröffnet.“ Kommunen müssten zum Beispiel nach wie vor in aufwendigen Verfahren Gefahrenlagen nachweisen, wenn sie eine Maßnahme ergreifen wollen, die den fließenden Verkehr einschränkt.

Mehrere Ausschüsse des Bundesrats sprechen sich in 21 Anträgen für ambitioniertere Änderungen der StVO aus. Das Bundesverkehrsministerium hält jedoch nur sechs davon für unproblematisch, für die restlichen sieht es sogenannte Verkündungshindernisse.

Verkehrsministerium hat politische Zweifel

„Normalerweise beruhen Verkündungshindernisse eher auf juristischen Bedenken“, erklärt Verkehrspolitikerin Swantje Michaelsen (Die Grünen). In diesem Fall hege das Ministerium aber auch politische Zweifel.

Für den Bundesrat ist es eine Gratwanderung: Wenn er auf allzu ehrgeizigen Änderungen beharrt, droht der Beschluss der StVO-Reform komplett ins Wasser zu fallen. Die Initiative „Lebenswerte Städte durch angemessene Geschwindigkeiten“, der bundesweit 1.000 Kommunen angehören, setzt sich deshalb dafür ein, „dass jetzt ein Beschluss zustande kommt, um den zwar kleinen, aber immerhin vorhandenen Fortschritt nicht zu gefährden“, wie es in einem Statement heißt.

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8 Kommentare

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  • Jaja, die Alten und Mobilitätsbeschränken bleiben mal wieder außen vor denn der ÖPNV wird sicher nicht so schnell entsprechend ausgebaut.

    Ganz im Sinne von Gängelgrün. Erstmal den Rechte einschränken und dann nachdenken wie man Härten vermeidet.

    • @Bolzkopf:

      "Gängelgrün"

      Vergessen Sie es, Die Linkspartei kommt mit Grünenbashing nicht mehr auf einen grünen Zweig. Die Partei sollte lieber zu den Grünen rübermachen als der AfD das Wort zu reden.

  • "Platz für einen Radweg zu schaffen oder eine Tempo-30-Zone einzuführen ist für Kommunen oft aufwendig – wenn nicht schier unmöglich."

    Das funktioniert in diversen Kommunen in DE aber sehr gut. Der ADFC hat die deutschen Städte unter die Lupe genommmen und bewertet. Und in den am besten bewerteten Komunen sind Radwege sogar Vorfahrtswege.

    nrw.adfc.de/artike...er-is-wettringen-1



    fahrradklima-test.adfc.de/ergebnisse

    Das Problem sind nicht die Gesetze, das Problem ist der fehlende politische Wille. Und der scheint selbst in RRG regierten Kommunen zu fehlen, wenn ich mir die schleppenden Entwicklungen bei uns innBremen anschaue.

    • @Rudolf Fissner:

      Mehrheiten, Mehrheiten. Politischer Wille reicht nicht.

      • @Bolzkopf:

        Es gibt politische Mehrheiten in DE in allen Farbkombinationen. Und die vom ADFC am besten bewertete Kommune Wettringen ist CDU regiert.

        Der Verweis auf fehlende Mehrheiten ist nur eine Ausrede.

        In Bremen muss der RRG Senat im Falle des illegalen aufgesetzten Parken sogar gerichtlich dazugezwungen werden, Autos aus der Innenstadt zu verbannen.

        www.l-iz.de/wirtsc...zen-leipzig-520159

        • @Rudolf Fissner:

          Soso ...



          Gerichtliche Weisung sieht nicht nach Mehrheiten aus ...

          • @Bolzkopf:

            Ich denke, Sie haben den Schuss sehr wohl gehört, dass bei einer Regierungskoaltion, die sich bei allen Parteien wie bei RRG in Bremen die Verkehrswende auf die Fahnen geschrieben hat und die dann von den Gerichten dazu getrieben werden muss, weder die Justiz im Wege steht noch die politische Mehrheit fehlt.

  • Das Problem ist die bauliche Struktur der Städte. Einfach Radwege auf die Straße pinseln verbreitert die Straße nicht. So geschieht es in meiner Region reihenweise. Tempo 30 wird gerade flächendecked eingeführt, aber nicht überwacht. Parkplätze werden gestrichen - was einfach zu einer Verlagerung der Fahrzeuge in Nebenstraßen führt. Eine richtige Verkehrwende sieht anders aus.