„Jobturbo“ für Geflüchtete: „An der Zeit, Arbeit aufzunehmen“

Der Vorstoß von Arbeitsminister Heil, mehr Geflüchtete in Arbeit zu bringen, kommt bei Gewerkschaften gut an. Sie mahnen allerdings zur Sorgfalt.

Arbeitsminister Heil bei einer Pressekonferenz.

Will den „Job-Turbo“ einschalten: Arbeitsminister Heil am 20. 11. bei Arbeitsmarktgipfel

BERLIN taz | In einer gemeinsamen Erklärung haben sich das Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS), die Bundesagentur für Arbeit, Gewerkschaften sowie mehrere Wirtschaftsverbände am Montag bereit erklärt, den von der Bundesregierung geplanten „Jobturbo“ zu unterstützen. Mit dem Programm sollen Geflüchtete, die noch nicht gut Deutsch sprechen, schneller in Arbeit gebracht werden.

„Arbeit ist die beste Integration“, sagte Bundesminister Hubertus Heil. Mit dem Programm gehe es nicht nur um Versorgung und Schutz, sondern auch darum, echtes Ankommen und Perspektiven in Deutschland zu schaffen. Heil ist zuversichtlich, dass den Jobcentern ab 2024 ausreichend Mittel aus dem Haushalt zur Verfügung stehen werden, um den „Jobturbo“ unterstützen zu können.

Jobs für 400.000 Geflüchtete

Die Jobcenter sollen den Geflüchteten entsprechend ihrer Fähigkeiten und Qualifikationen Arbeitsstellen vermitteln und sie dabei unterstützen, ihre Sprachkenntnisse zu verbessern. Dabei soll der Berufseinstieg mit einem Sprachniveau ab B1 oder A2 möglich sein. Bislang galt nach dem Fachkräfteeinwanderungsgesetz für Aka­de­mi­ke­r*in­nen und Fachkräfte mit in Deutschland anerkannter Berufsqualifikation ein nachgewiesenes Sprachniveau von mindestens B2, also fließende Sprachkenntnisse.

Heil sagte, mit dem Programm wolle man 400.000 Geflüchtete, die Hälfte von ihnen aus der Ukraine, direkt ansprechen: „Es ist an der Zeit, Arbeit aufzunehmen.“ Der Minister wies darauf hin, dass es im Bürgergeld Mitwirkungspflichten gebe und ansonsten „im Notfall“ Leistungen auch gekürzt werden könnten.

Man wolle von Ländern mit vermeintlich höheren Integrationsquoten wie Dänemark, den Niederlanden und Norwegen lernen, betonte Daniel Terzenbach, Vorstandsmitglied der Arbeitsagentur. Integration könne nur dann nachhaltig gelingen, wenn alle Partner – also Verwaltungen, Unternehmen und Geflüchtete – „gemeinsam an einem Strang“ zögen. Der Arbeitsmarktgipfel am Montag lege dafür einen Grundstein. Die Unterzeichnenden der Erklärung wollen auch gemeinsam an einer Willkommenskultur in den Betrieben arbeiten.

DGB warnt vor Sorgfalt vor Eile

Auch Anja Piel, Vorstandsmitglied des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB), unterstützt den sogenannten Jobturbo. Sie mahnte aber zu „Sorgfalt vor Eile“. Tempo sei wichtig, aber nicht um jeden Preis. „Ziel muss gute Arbeit sein, denn Geflüchtete sind keine Lückenbüßer. Sie brauchen eine echte Chance, entsprechend ihrer Kenntnisse und Fähigkeiten in sozial sicherer, gut bezahlter Arbeit anzukommen.“ Jetzt müsse man gemeinsam den Jobturbo nutzen, um die Hürden für den Arbeitsmarktzugang von Flüchtlingen abzubauen.

„Projekte, die Geflüchtete unterstützen, in den Arbeitsmarkt einzusteigen, sind zu begrüßen“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von der Menschenrechtsorganisation Pro Asyl der taz. „Die individuelle Situation der Geflüchteten sollte dabei jedoch in Betracht gezogen werden, damit es sich nicht um verpflichtende Maßnahmen handelt. Gleichzeitig sollten Arbeitsverbote ausnahmslos abgeschafft werden und solche Projekte für alle Geflüchteten unbürokratisch zugänglich sein.“

Bislang beziehen sich solche Pläne lediglich auf anerkannte Geflüchtete und schließen in der Regel andere aus, wie etwa Menschen mit Duldung oder Menschen im Asylverfahren, die Zahlungen aus dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen.

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