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Neues Gesetz zur WärmewendeHeizen mit Plan

Städte und Kommunen sollen Pläne für ihre Wärmenetze erstellen. Darin müssen sie festlegen, welche Haushalte künftig Fernwärme erhalten.

So kann das aussehen: Fernwärmeleitungen von Vattenfall in Berlin-Lichtenberg Foto: Jürgen Ritter/imago

Wer kann künftig wie klimaneutral heizen? Diese Frage will die Ampelkoalition mit Regelungen für die kommunale Wärmeplanung beantworten. Am Dienstagabend hat sich die Regierung auf ein „Gesetz für die Wärmeplanung und zur Dekarbonisierung der Wärmenetze“ geeinigt, am Freitag soll es im Bundestag verabschiedet werden.

Das Gesetz verpflichtet Städte und Gemeinden dazu, eine Wärmeplanung vorzulegen, damit Hauseigentümer wissen, ob sie an eine klimafreundliche Versorgung etwa mit Fern- oder Nahwärme angeschlossen werden können – oder ob sie sich perspektivisch selbst etwa eine Wärmepumpe einbauen müssen. Städte mit über 100.000 Einwohnern sollen bis Mitte 2026 eine Planung vorlegen, kleinere Kommunen haben bis 2028 Zeit. Orte mit weniger als 10.000 Einwohnern können sich mit anderen zusammenschließen.

Die Aufgabe ist gewaltig: Bis jetzt beträgt der Anteil erneuerbarer Energien in der Erzeugung von Raumwärme in privaten Haushalten laut Bundesregierung nur 18 Prozent. Etwa 14 Prozent der Haushalte werden über Fernwärme versorgt. Doch auch hier beträgt der Anteil erneuerbarer Energien nur 20 Prozent.

Zudem ist eine „Wärmeplanung“ für die Kommunen eine komplexe Aufgabe. Sie müssen laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) „alle relevanten Infrastrukturen und Energieträger betrachten“ und „neben den Wärmenetzen auch die oftmals schon vorhandenen Strom- und Gasnetze und vielfach deren schon mehrjährig vorausgeplanten Ausbauvorhaben einbeziehen“. Ansonsten drohten Fehlinvestitionen, so der BDEW.

Als „erneuerbar“ listet der Gesetzentwurf zahlreiche Energieträger auf, etwa Wasserstoff, Wärmepumpen, Solarthermie, industrielle Abwärme, Biomethan und Biomasse, wobei Letzterer bestimmte Grenzen auferlegt wurden. Diskussionen gab es bis zuletzt auch über die Rolle, die Müllverbrennungsanlagen in den kommunalen Wärmenetzen spielen sollen.

Bis 2045 klimaneutral

Erst wenn eine kommunale Wärmeplanung vorliegt, sind Hauseigentümer ohne eine Aussicht auf Fernwärme verpflichtet, sich an die Vorgaben im Gebäudeenergiegesetz zu halten. Dann müssen sie in ihren Heizungen 65 Prozent erneuerbare Energie einsetzen, etwa über Geothermie oder Pellets. Ab 2045 sollen laut dem Klimaschutzgesetz alle Wärmenetze klimaneutral sein.

Das Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung war aus der Debatte über das Gebäudeenergiegesetz hervorgegangen und sollte den Hausbesitzern vor Investitionen Planungssicherheit geben. In der Heizungsbranche hat der Streit über die Wärmewende zunächst einen Boom bei Öl- und Gasheizungen ausgelöst.

Nach Daten des Bundesverbandes der Deutschen Heizungsindustrie sind von Januar bis September dieses Jahres mit 1,048 Millionen Wärmeerzeugern erstmals seit den 90er Jahren wieder mehr als eine Million Heizungen verkauft worden. Zu dem kräftigen Zuwachs um 46 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum trugen Heizungen, die mit fossilen Brennstoffen betrieben werden, ebenso bei wie Wärmepumpen – wobei sich bei Letzteren das Wachstum deutlich abgeschwächt hat.

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2 Kommentare

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  • Wichtig wäre dabei, dass der jeweilige Eigentümer Bestandschutz für eine etwaige klimafreundliche Heizung erhält. Wenn ein Abschlusszwang in ein paar Jahren droht, wird sich der Hauseigentümer heute doppelt und dreifach überlegen, ob er auf eine Wärmepumpen mit Solaranlage umsteigt. Investitionen werden ohne Sicherheit verzögert.

  • "Ansonsten drohten Fehlinvestitionen, so der BDEW".



    Die drohen nicht nur, die gibt es doch schon seit Jahren.



    Wann wurde der erste Klimaschutzbericht veröffentlicht?



    Seit wann wissen wir, was zu tun ist, und handeln nicht danach?

    Die 65% werden auch durch Stromdirektheizung eingehalten, in der Voraussicht, das bis 2045 der Strom zu 100% erneuerbar sein wird.



    Gut beraten ist, wer statt dessen sich für eine Wärmepumpe entscheidet, denn damit lässt sich der Strombedarf gegenüber der Direktheizung um mindestens 2/3 reduzieren (2/3 Umweltwärme, 1/3 Stromaufwand). Wer heute meint ein Investitions-Schnäppchen bei Direktheizung zu machen, bezahlt in vier Jahren kräftig jeden Monat dafür.



    Also aufgepasst, gerade wenn es in wenigen Jahren in den Ruhestand geht, sollte die Energieversorgung möglichst autark sein. Andernfalls reicht die Rente oder Pension dann nicht mehr.



    Wer meint ab vorliegen der Wärmeplanung besser auf Fernwärme zu setzen, macht meist die Rechnung ohne den Wirt. Fernwärme ist heute schon die zweit teuerste Energie in unserem Lande.