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Afghanistan nach dem ErdbebenAfghanistan braucht Hilfe

Gastkommentar von Noorullah Rahmani

Durch das Massaker in Israel gerät das Erdbeben in den Hintergrund. Die Menschen dort leiden doppelt: unter der Naturkatastrophe und den Taliban.

Eine Frau geht nach dem Erdbeben in der afghanischen Provinz Herat mit ihren Kindern über Trümmer Foto: Save the Children/ap

U nglückliches Afghanistan! Just an dem Tag, an dem Hamas die Israelis angriff, bebte in der Provinz Herat die Erde. Rund 2.400 Menschen kamen dabei ums Leben, viele wurden verletzt. Angesichts des terroristischen Überfalls von Hamas geriet diese Schreckensmeldung in den Hintergrund. Zwar drückten die Staats- und Regierungschefs einiger Länder und der Generalsekretär der Vereinten Nationen ihr Mitgefühl aus, die deutsche Regierung versprach ein Hilfspaket in Höhe von fünf Millionen Euro für die Opfer. Aber die Hilfe hätte großzügiger ausfallen müssen.

Der Schrecken über die Taten von Hamas war wohl der Grund dafür, dass Afghanistan zur Nachricht zweiter Klasse wurde. Dazu kommt: Kaum jemand erkennt die Taliban als rechtmäßige und legitime Regierung Afghanistans an. Viele Afghanen, die in Europa und Amerika leben, sammeln in diesen Tagen Geld und schicken es in ihre Heimat. Auch in Deutschland. Daran teilzunehmen ist die moralische Pflicht eines jeden guten Menschen.

Doch wenn die Afghanen auf Hilfe von Regierungen hoffen, haben sie in den letzten Tagen erkennen müssen, dass deren Augenmerk im Nahen Osten und nicht im Hindukusch liegt. Die Taliban regieren Afghanistan mit völliger Blockade und zeigen keinerlei Flexibilität gegenüber den Forderungen der afghanischen Bevölkerung und der Welt. Nach ihrer Machtübernahme schrumpfte die weltweite Hilfe auf ein präzedenzloses Minimum.

Noorullah Rahmani

ist 53 Jahre alt und afghanischer Journalist. Seit 2011 lebt er mit seiner Familie in Deutschland und ist Redakteur bei der Internet-Plattform „Amal, Berlin“, die lokale Nachrichten auf Arabisch, Ukrainisch und Farsi/Dari veröffentlicht.

Das UN-Welternährungsprogramm stellte die Hilfe für zehn Millionen bedürftige Bürger Afghanistans ein. Immer wieder erschüttern Nachbeben die Provinz Herat. Die Menschen schlafen in Angst und Hunger zwischen den Ruinen. Seitdem die Taliban an der Macht sind und die internationale Hilfe für Afghanistan schwand, breitet sich Armut aus.

Vergesst Afghanistan nicht! Die Menschen in Afghanistan sind Geiseln der Taliban, ein Regime, das der Hälfte seiner Bevölkerung, den Frauen und Mädchen, skrupellos seine Rechte entzieht und sie zwingt, in ihren vier Wänden zu verharren.

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2 Kommentare

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  • Ich kann es nicht mehr hören vom Leiden unter den Taliban. Das Afghanistan Volk hat Jahrzehnte Zeit gehabt und Unmengen von Geld, um sich der Taliban zu entledigen. Es sollen 30-60.000 Taliban gewesen sein und was machen die Afghanen? Sie übergeben denen friedlich ihre Waffen und sagen macht ihr das mal. Das funktioniert nur in einer Gesellschaft, die insgeheim starke Sympathien mit den Taliban hegen und deren Anliegen und Ideologie bzw. Religion unterstützen. Die sollen ihr Land nun selbst in Ordnung bringen und so gestalten, wie sie es gerne hätten aber bitte nicht mehr rum jammern.

    • @Arno Dittmer:

      Die Unmengen an Geld sind eben fast ausschließlich ins Militär geflossen und alles was dem Militär hätte nachfolgen müssen, wie ein ziviler Wiederaufbau, Demokratisierung, Hilfen zur Schaffung tragfähiger ökonomischer Strukturen, ... wurde ebenfalls in weitesten Teilen in die Hände des Militärs gelegt. Das konnte nichts werden.