Bergung von Fischereimüll: Geister der Meere
Schleswig-Holstein macht Fortschritte bei der Beseitigung von „Geisternetzen“: Todesfallen, die durch die Meere treiben und die Tierwelt gefährden.
Sie treiben wie Spukgestalten durch das Wasser, werden zu Todesfallen für Fische und Meeressäuger, und sie zerfallen in gefährliches Mikroplastik: Fischernetze aus Kunststoffen wie Polypropylen, Polyethylen oder Nylon machen einen beträchtlichen Teil des Mülls in den Weltmeeren aus. Die Umweltorganisation World Wide Fund for Nature (WWF) testet Techniken, wie diese Geisternetze gefunden und geborgen werden können. Das Land Schleswig-Holstein unterstützt das Pilotprojekt ab sofort finanziell und setzt damit fort, was Mecklenburg-Vorpommern vor zwei Jahren begonnen hat. Die Bergungsfahrten finden in der Ostsee statt, aber von den Methoden könnten Gewässer weltweit profitieren.
Mit kleinen Booten sind die Teams des WWF auf der Ostsee unterwegs und suchen mit Schallwellen den Meeresboden ab. Denn Fangwerkzeuge wie Stell- oder Schleppnetze, die über Bord gegangen sind oder sich losreißen, treiben entweder im Meer oder liegen auf dessen Grund und müssen erst wiedergefunden werden.
Bis zu 50 Meter weit könne das Sonar zu beiden Seiten des Schiffs ein Bild erzeugen, heißt es auf der Homepage des WWF. Das sei gerade in der Ostsee wichtig: „Dort haben wir mit geringen Sichtweiten von zum Teil unter einem Meter zu kämpfen. Da ist uns das Sonar eine unschätzbare Hilfe“, so Gabriele Dederer, Geisternetz-Referentin des WWF. Ist ein Echo nicht klar, können Hobbytaucher*innen helfen, indem sie über eine App mögliche Fundorte herunterladen und überprüfen.
Bergung von Hand
Ist ein Geisternetz lokalisiert, beginnt die aufwendige Bergung: Taucher*innen müssen die Netze an den Haken nehmen, dann werden die oft tonnenschweren Ballen auf die Bergungsboote gezogen.
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Als erstes Land hatte Mecklenburg-Vorpommern das WWF-Projekt unterstützt. Rund 200.000 Euro gewährte Umweltminister Till Backhaus (SPD) im Jahr 2021 aus Mitteln der Fischereiabgabe. Jetzt steigt das Land Schleswig-Holstein in die Förderung ein. Es stellt insgesamt 263.000 Euro bereit.
Das Geld stammt zum größten Teil aus dem Fischereiministerium, das dazu den Europäischen Meeres-, Fischerei- und Aquakulturfonds um 184.000 Euro anzapft. Die restlichen rund 80.000 Euro spendiert das Umweltministerium aus Landesmitteln zur Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie.
Die beiden zuständigen Minister, Werner Schwarz (CDU) und Tobias Goldschmidt (Grüne), betonen, wie wichtig es sei, Netze zu bergen, um die Meere zu schützen. „Nicht geborgene Stellnetze stellen eine Gefahr für Seevögel, Meeressäuger und Fische dar, die sich verfangen und dann qualvoll verenden. Jedes geborgene Netz bedeutet zudem weniger Müll in unseren Meeren“, sagte Goldschmidt zum Projektstart. Schwarz ergänzte, dass Netzverluste dank verbesserter Navigationstechnik seltener würden, sich aber nicht gänzlich ausschließen ließen.
Zum Projekt des WWF gehört auch, lokale Fischer*innen einzubeziehen, die Netze zu finden. „Es ist wichtig, die Fischerei einzubinden. Die Fischer kennen ihr Revier und sind eine wertvolle Unterstützung für das Projekt“, erklärt Finn Viehberg, Leiter des WWF-Büros Ostsee. Er lobt den Einsatz der Landesregierung. „Die Bergung von Geisternetzen ist eine staatliche Aufgabe. Schleswig-Holstein kommt dieser Verantwortung nach und hat dabei auch die Entwicklung einer langfristigen Lösung im Blick.“
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