Hörspiel über Prostitution: Die fiktive Bordell-Realität
In „Desire“ erzählen fiktive Sexarbeiter*innen von ihrer Arbeit, aber zum Glück nicht nur. Denn ihr Begehren ist so vielfältig wie ihre Sorgen.
Das Bordell – ein Ort, den die meisten gedanklich mit Sterotypen und Mythen füllen. Hierhin bringt die sechsteilige WDR-Hörspiel-Serie „Desire“ Zuhörende: in den Gemeinschaftsraum zu den Freiern, in die Arbeitszimmer, aufs Amt zur vorgeschriebenen Gesundheitsberatung. Um diese Orte mit Geschichten zu füllen, haben die Macher*innen mit über 30 LGBTQIA+ Sexarbeiter*innen gesprochen. Und zum Glück für die Serie spiegelt sich diese Vielfalt in der fiktiven Erzählung der Autorin Tia Morgen wider.
Drei Protagonist*innen, Sam (Joy Grant), Lilli (Jasko Fide) und Robin (Newroz Çelik), erzählen im Wechsel aus ihrem Leben. Das liefert mehr Biografien und mehr Perspektiven auf ein Thema, das in der Öffentlichkeit häufig nur schwarz-weiß betrachtet wird.
Sam (Joy Grant) führt seit Jahren eine Beziehung mit ihrem Freund, sie haben ein gemeinsames Kind und trotzdem kann sie eine neue Bekannte nicht vergessen.
Zwischen Terminen schickt sie ihr Sprachnachrichten, während der Arbeit fiebert sie auf das nächste Date hin und die Euphorie des Verliebens trägt die Hörer*innen so sanft durch einzelne Episoden, dass die Auseinandersetzung mit Rassismus und Fetischisierung, die Sam als Schwarze Frau in der Arbeit erlebt, beinahe schon zu wenig schmerzen. Für sie gerade wichtiger: Ihre private Sexualität befindet sich auf dem Prüfstand.
Eigentlich denkbar
Robin benutzt keine Pronomen und fragt sich, wie es weitergehen soll. Die Kunden bemerken langsam Robins Stimmbruch. Eine Mastektomie, eigentlich denkbar, wäre das Aus für Robin im Bordell.
„Desire“, sechs Folgen, in der ARD-Audiothek
Bei Lilli hingegen dreht sich vieles um finanziellen Druck und Klassenfragen. Sie schildert die Umstände, weswegen sie erst Escort, dann Prostituierte wurde, und die Flauten, wenn tagelang kaum Kundschaft kommt. Und sie zeigt: Die Machtverhältnisse im Bordell unterscheiden sich gar nicht so sehr von denen draußen.
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