Landrat entscheidet sich um: Abschiebung nach Vietnam ausgesetzt

Vier Kindern in Ostholstein drohte die Abschiebung, nun hat der zuständige Landrat die Entscheidung revidiert. Zuvor sprach er mit den Pflegefamilien.

Landrat Timo Gaarz

Hat seine Entscheidung revidiert: Ostholsteins Landrat Timo Gaarz Foto: Marcus Brandt/dpa

HAMBURG taz | Die vier Kinder aus dem Kreis Ostholstein, die nach der Tötung ihrer Mutter durch ihren Vater nach Vietnam abgeschoben werden sollten, dürfen vorerst in Deutschland bleiben. Der Landkreis hatte ursprünglich in Abstimmung mit weiteren Behörden eine Abschiebung geplant, doch nun hat Landrat Timo Gaarz dieses Vorgehen ausgesetzt.

„Nach meiner Einschätzung klaffen die Sach- und Rechtslage und die Realität der Kinder auseinander“, sagte Gaarz am Mittwoch. „Aus meiner Sicht ist dieser besondere Einzelfall in seiner Ausgestaltung und durch die persönliche Familientragödie nicht einwandfrei einzuordnen.“ Er habe entschieden, dass keine aktive Rückführung nach Vietnam durch den Kreis Ostholstein erfolgen soll.

Im Oktober vergangenen Jahres hatte der Vater vor den Augen seiner Kinder die Mutter im gemeinsamen Asia-Imbiss in Bad Schwartau totgeschlagen. Er sitzt seitdem im Gefängnis und wurde vom Landgericht Lübeck zu zehn Jahren Haft verurteilt. Die Entscheidung ist allerdings noch nicht rechtskräftig.

Die Kinder im Alter von drei bis zwölf Jahren wurden nach der Tat von drei Pflegefamilien aus der Nachbarschaft aufgenommen, doch sollten sie in Kürze zu Familienangehörigen des Vaters nach Vietnam abgeschoben werden, da ihr Aufenthaltsrecht an das der Mutter gekoppelt gewesen sei und der Schutz der Familie „oberstes Gebot“ habe.

Pflegefamilien sind glücklich

Die Pflegeeltern starteten daraufhin eine Onlinepetition für einen Verbleib der Kinder. Mehr als 70.000 Menschen hatten diese innerhalb weniger Tage unterzeichnet. Die Kinder haben nach Angaben der Pflegeeltern bereits übereinstimmend erklärt, nicht nach Vietnam zurück zu wollen.

Am Mittwoch gab es dann ein Treffen zwischen Landrat Gaarz und den Pflegefamilien. Daraufhin änderte Gaarz seine Meinung. Eine der Pflegeväter, Matthias Steinebach, spricht von einer „großen Erleichterung“ und zeigt sich durchaus überrascht. Er habe vor dem Treffen eher mit einer ergebnislosen Vertagung gerechnet, die Entscheidung des Landrats lässt ihm einen „Fels vom Herzen fallen“, sagte er der taz am Mittwoch. Er betont, dass es den vier Kindern in ihrem aktuellen Umfeld sehr gut gehe.

Die Zukunft der Kinder wird im nächsten Schritt am Familiengericht verhandelt, aber für Steinebach ist zumindest einmal die „aktue Gefahr gebannt“. Die Pflegefamilien wollen das nun mit den Kindern feiern – und zwar mit einem gemeinsamen Eisessen, sagte Steinebach der taz.

Auch Schleswig-Holsteins Sozialministerin Aminata Touré (Grüne) begrüßte das Vorgehen des Landrats.

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