piwik no script img

Waldbrände in HawaiiFlammeninferno im Inselparadies

Die extremen Waldbrände treffen Hawaii mit voller Wucht. Mindestens 55 Menschen verloren bereits ihr Leben. Der Wiederaufbau könnte Jahrzehnte dauern.

Vom Feuer zerstörter Ort in Lahaina auf Maui Foto: Mason Jarvi/Handout/reuters

Washington taz | Es sind erschütternde Szenen, die aktuell um die Welt gehen: Das Inselparadies Hawaii steht in Flammen. Schwere Waldbrände auf der Insel Maui haben in den vergangenen Tagen den Sehnsuchtsort in ein Flammeninferno verwandelt. Mindestens 55 Menschen sind in den Flammen bisher ums Leben gekommen, wie Gouverneur Josh Green am Donnerstag (Ortszeit) mitteilte. Mehr als 270 Gebäude hat das Feuer verschlungen, mehr als 14.000 Einwohner sind ohne Strom.

„Es ist verheerend. Ich habe gestern Nachmittag die Küstenwache auf ihrem Erkundungsflug begleitet und dabei mit eigenen Augen gesehen, wie das Feuer die Stadt Lahaina verwüstet hat“, sagte Hawaiis stellvertretende Gouverneurin Sylvia Luke am Donnerstag in einem Interview mit dem US-Radiosender NPR. Sie nannte die vielen kaputten Häuser, die zerstörten Geschäfte. „Es sah aus, als wäre die gesamte Stadt in Asche verwandelt worden. Es ist herzergreifend, dies zu sehen.“

Für die Menschen in dem US-Bundesstaat ist es eine Tragödie, die in der Geschichte Hawaiis ihresgleichen sucht. Und das muss was heißen: Immerhin ist die Inselgruppe wegen ihrer Lage in der Mitte des Pazifischen Ozeans anfällig für Naturkatastrophen. Fluten, Hurrikans und Vulkanausbrüche haben die Inselkette im Verlauf ihrer Geschichte geprägt. Neu sind die längeren Dürreperioden, wodurch sich die Waldbrandgefahr stark erhöht hat. Laut Wissenschaftlern wird durch den anhaltenden Klimawandel das Risiko für solche und andere Naturkatastrophen weiter steigen.

Die Stadt Lahaina ist bei Touristen beliebt – vorerst vorbei

Dies ist nun der historischen Stadt Lahaina zum Verhängnis geworden. Die an der Westküste Mauis gelegene Stadt ist vor allem bei Touristen ein beliebtes Ziel. Bootstouren zur Walbeobachtung, eine historische Hauptstraße und viele gute Bars und Restaurants ziehen Besucher aus der ganzen Welt an.

Damit ist es allerdings vorerst vorbei. Die durch starke Hur­ri­kan­winde von bis zu 130 Stundenkilometern angefachten Brände rasten über die Westseite der Insel und überraschten viele Menschen, denen die Gefahr erst zu spät klar wurde. Es gibt nur eine Straße, die sich entlang der Küste um den nordwestlichen Teil der Insel schlängelt. Bilder und Videos aus Maui zeigen ausgebrannte Autos und verkohlte Häuserruinen. Wenn man die Palmen im Hintergrund nicht sehen würde, könnte man meinen, es seien Bilder aus der Ukraine, einem Kriegsgebiet.

Neben den drei Dutzend Menschen, die in dem Inferno ihr Leben verloren haben, gibt es laut Behörden noch viele weitere, die von den unberechenbaren Bränden verletzt wurden, einige davon sogar schwer. Die Küstenwache rettete auch mindestens 14 Personen, die sich mit einem Sprung ins Wasser vor den Flammen in Sicherheit gebracht hatten.

Laut Vizegouverneurin Luke haben viele Menschen Verbrennungen erlitten. Manche von ihnen hätten sogar per Nothubschrauber auf die Nachbarinsel Oahu geflogen werden müssen, um sich dort behandeln zu lassen. Personen mit Rauchvergiftung würden hingegen auf Maui behandelt.

Hinzu kommt die „Shelter in Place“-Anordnung: Aufgrund dieser Anweisung, das Haus nicht zu verlassen, hätten es viele Menschen vermieden, ins Krankenhaus zu gehen, um ihre Verletzungen behandeln zu lassen. „Bitte begebt euch ins Krankenhaus, lasst euch behandeln“, rief Luke die Hawaiianer auf.

Tausende haben ihr Hab und Gut verloren

Tausende, die in den Flammen ihr Hab und Gut verloren haben, wurden in Notunterkünften untergebracht. US-Präsident Joe Biden hat in einer Stellungnahme sein Beileid ausgesprochen und der Landesregierung in Hawaii die Unterstützung von Bundesbehörden und dem Militär zugesichert.

Menschen, die sich rechtzeitig in Sicherheit bringen konnten, berichten Dramatisches. Kamuela Kawaakoa, Iiulia Yasso und deren sechsjähriger Sohn hatten nur Minuten, um den Flammen zu entkommen. „Wir sind nur um Haaresbreite entkommen“, wird Kawaakoa von der Nachrichtenagentur AP zitiert. Alle drei befinden sich nun in einer der Notunterkünfte. Außer ihren Kleidern am Körper konnte die Familie nur wenige andere Utensilien aus ihrer Wohnung retten. Ob ihr Zuhause überhaupt noch existiert, wissen sie nicht. Eine Geschichte von vielen ähnlichen in diesen Tagen.

Und: Noch immer kämpfen Hunderte von Feuerwehrleuten gegen die Brände auf Maui. Dank abschwächender Winde können mittlerweile auch Löschhubschrauber zur Bekämpfung der Flammen eingesetzt werden.

Die Einsatzkräfte bemühen sich weiterhin, so viele Menschen wie möglich in Sicherheit zu bringen. Wann mit den Wiederaufbaumaßnahmen begonnen werden kann, steht noch nicht fest. Und auch dann wird es einige Zeit in Anspruch nehmen. „Es wird Jahre dauern, vielleicht sogar Jahrzehnte“, so die Prognose von Hawaiis Vizegouverneurin Sylvia Luke.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

2 Kommentare

 / 
  • Bei der momentanen Entwicklung werden solche Szenarien (ganze Ortschaften werden ein Raub der Flammen), auch in D-Land immer wahrscheinlicher..

    Wie gut daß wir zwischenzeitlich die Klima Aktivisten weitgehend weg diffamiert haben..

    (Sarkasmus off).

  • Mir wurde in der letzten Woche von drei Handwerkern mal wieder gesagt, dass es schon immer "warme Tage" gegeben habe.

    Sie sind hier in meiner Wohnung beschäftigt, die ich durch die Klimaflut 2021 verloren habe.

    2003 habe ich einen ganzen Acker Bioblumenkohl untergepflügt, da er schoss oder vertrocknete bevor er reif war. Schon damals habe ich diesen Satz gehört.

    Er ist wohl ein Dauerbrenner.