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Linke sucht nach neuer FraktionsspitzeTrümmerhaufen sucht Nachfolger

Die Linke verschiebt die Wahl ihrer neuen Fraktionsspitze. Ein neuer Termin ist nicht bekannt. Mohamed Ali und Bartsch bleiben nun vorerst im Amt.

Fraktionsvorsitzende Amira Mohamed Ali und Dietmar Bartsch am Donnerstag in Berlin

Berlin taz | Als Amira Mohamed Ali zum Abschluss der Klausurtagung in Berlin vor die Presse tritt, macht sie es spannend. Denn bevor die Co-Fraktionschefin auf den Zustand der eigenen Partei zu sprechen kommt, teilt sie erst mal in Richtung Ampelregierung aus. Der Haushalt der Regierung sei „ein Haushalt des Stillstands“ und „des Rückschritts“, sagt sie mit Blick auf die nächste Woche, wo der Haushaltsplan für das kommende Jahr beraten werden soll.

Anstatt sich „den dringenden Themen, die auf der Straße liegen“, zu widmen, werde „sinnlos gekürzt“. Eine „große Enttäuschung“ sei auch die Krankenhausreform von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD). Die Reform setze dem Kliniksterben nichts entgegen, kritisiert Mohamed Ali und stellt dann kurz den 5-Punkte-Plan zum Krankenhaussterben der Linksfraktion vor, der unter anderem eine Abschaffung des Fallpauschalensystems fordert. Erst zum Abschluss ihres Statements kommt sie auf den Elefant im Raum zu sprechen: das Sterben der Linkspartei.

Auf der Klausur der Linksfraktion, die am Mittwoch und Donnerstag in Berlin stattfand, standen inhaltlich die Themen Gesundheit und Rente im Fokus. Doch schon am Mittwoch wurde bekannt: Die Linke hat die anstehende Wahl ihrer neuen Fraktionsspitze verschoben.

Die Entscheidung habe man „gestern im Fraktionsvorstand so besprochen und beraten, gemeinsam mit den Parteivorsitzenden“, erklärt am Donnerstag Mohamed Ali. Sie hoffe nun, dass man gemeinsam „zu guten tragfähigen Lösungen“ komme. Nur wie die aussehen könnten, weiß offenbar niemand so genau. Einen neuen Termin gibt es nicht.

Linkspartei in stabile Seitenlage

Eigentlich sollte am 4. September eine neue Fraktionsspitze gewählt werden. Im Zuge der anhaltenden Parteikrise und dem Dauer-Spukgespenst, ob Linkenpolitikerin Sahra Wagenknecht nun eine neue Partei gründet oder nicht, hatte die bisherige Fraktionsspitze das Handtuch geworfen. Zuerst hatte Anfang August Amira Mohamed Ali verkündet, nicht mehr als Fraktionschefin zu kandidieren. Sie begründete den Schritt auch damit, wie die Parteispitze mit Wagenknecht umgehe. Mitte August gab dann auch Dietmar Bartsch seinen Rückzug bekannt. Er betonte aber, das habe nichts mit der Parteikrise zu tun.

Nun müssen die beiden vorerst weitermachen. Er werde sich bis zu einer Lösung nicht einfach „vom Acker machen“, sagte Bartsch. Doch neue geeignete und mehrheitsfähige Kan­di­da­t:in­nen zu finden, ist ganz offensichtlich keine leichte Aufgabe. Denn wer soll künftig die kleine, zerrüttete Fraktion führen, von der gar nicht klar ist, wie lange sie noch besteht?

Aus Fraktionskreisen heißt es, sieben bis elf Abgeordnete seien bereit, Sahra Wagenknecht zu folgen, falls sie ernst macht und tatsächlich eine neue Partei gründet. Wenn das passiert, wäre der Fraktionsstatus der Linken im Bundestag verloren – dafür reichen drei Abtrünnige. Die verbliebenen Abgeordneten könnten nur noch eine Gruppe bilden, die weniger Rechte und Ressourcen hätte.

Das alles macht die Suche nach einer Nachfolge für die Fraktionsspitze umso schwerer. Doch Bartsch empfiehlt, „entspannt zu bleiben“. „Es wird keine Spaltung geben, das wird garantiert nicht der Fall sein.“ Die Fraktion sei in einer „stabilen Seitenlage“. Diese Worte hatte am Mittwoch bereits der Parlamentarische Geschäftsführer Jan Korte benutzt. Nun sagte Bartsch hoffnungsfroh: „Sie wissen, was danach passieren kann: Da kann man wieder vollständig gesunden und auferstehen, es sind auch andere Dinge möglich.“ Man werde daran arbeiten, „dass die Linke wieder auf die Erfolgsspur kommt“.

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5 Kommentare

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  • es rächt sich, zu stark auf den parlamentarismus zu setzen. wenn dann der faktionsstatus futsch ist, wirds für sone partei brenzlig. da brechen auch einnahmen weg + recht bequeme sitze (von vielen der linken-abgeordneten war noch nie so recht was zu hören, wer kennt die schon??? sie saßen zu bequem ... + kamen nicht in die pötte, aus ihrem sitz im parlament was zu machen. die verbindung + verankerung zu + in bewegungen? eigentlich komplett fehlanzeige. so gehts einfach nicht.

  • Stabile Seitenlage....solange nicht Wagenknecht die Linke verlässt und ein paar Fraktionsmitglieder mitnimmt. Sofern sie das tuen sollte wird die Linke von einer Fraktion zu einer Gruppe degradiert wird noch unbedeutender als sie es jetzt schon ist.

  • "Die Fraktion sei in einer „stabilen Seitenlage“."

    Da stelle ma uns mal janz dumm, wat is ne stabile Seitenlage?

    "Die stabile Seitenlage ist die Standardlagerung einer selbstständig atmenden, bewusstseinsgetrübten oder bewusstlosen Person im Rahmen der lebensrettenden Sofortmaßnahmen. Während durch den lebensrettenden Handgriff zunächst die Atemwege freigemacht werden, dient die stabile Seitenlage darüber hinaus dem Zweck, versehentliches Einatmen von Flüssigkeit und Feststoffen wie Speichel, Blut und Erbrochenem zu verhindern. Dieser Aspekt ist wesentlich, da Bewusstseinsgestörte sich häufig unbemerkt erbrechen und infolgedessen oft an ihrem Erbrochenen ersticken."

    Kommt hin.

    • @Jim Hawkins:

      Bedankt mein Freund

    • @Jim Hawkins:

      Ist leider so.