piwik no script img

Kai Wegners Signal gegen die AfDLiberal sein alleine reicht nicht

Uwe Rada
Kommentar von Uwe Rada

Mit Kai Wegner wird die Berliner CDU wieder zur liberalen Großstadtpartei. Dennoch droht Berlin den Anschluss an andere Metropolen zu verlieren.

Kai Wegner im Juli beim Christopher Street Day Foto: reuters

A n Eindeutigkeit ließ die Stellungnahme nichts zu wünschen übrig. Kurz nachdem CDU-Chef Friedrich Merz im Sommerinterview des ZDF die Tür zur AfD aufgestoßen hatte, twitterte Kai Wegner: „Die AfD kennt nur Dagegen und Spaltung. Wo soll es da Zusammenarbeit geben?“. Und weiter: „Die CDU kann, will und wird nicht mit einer Partei zusammenarbeiten, deren Geschäftsmodell Hass, Spaltung und Ausgrenzung ist.“

Ja, es gab die Forderung nach der Vornamensabfrage, und auch nach der Schließung des Columbiabads kochte Wegner sein Süppchen. Dennoch scheint der Wandel des CDU-Landeschefs und Regierenden Bürgermeisters vom stockkonservativen zum liberalen CDU-Politiker Substanz zu haben. Dafür stehen auch die Berufungen von Finanzsenator Stefan Evers und Kultursenator Joe Chialo. Die liberale Großstadtpartei, von der einst Eberhard Diepgen träumte und der Monika Grütters ihr Gesicht lieh, obwohl hinter den Kulissen ein Richtungskampf tobte, ist wieder da.

Das ist eine gute Nachricht. Auch wenn Merz inzwischen wieder zurückrudern musste, bleibt nämlich seine Agenda, der AfD Stimmen im rechten Lager nehmen zu wollen, etwa, indem die Grünen zum politischen Hauptgegner erklärt werden. Dass dies nicht nur CDU-Landesverbände in NRW, Hessen, Schleswig-Holstein oder Brandenburg nicht mitmachen wollen, sondern auch der in Berlin, lässt hoffen, dass die CDU nicht noch mehr Öl ins Feuer der politischen Spaltung gießen wird.

Rolle rückwärts

Aber reicht das? Liberal, weltoffen, tolerant? Bringt das in Berlin die Stadt weiter? Zweifel sind angebracht. Die Rolle rückwärts bei der Mobilitätswende zum Beispiel könnte Berlin im Vergleich zu anderen Großstädten und Metropolen um Jahre zurückwerfen.

Und was ist mit dem ohrenbetäubenden Schweigen der CDU zur Bauwende? Was mit der Schwammstadt? All das fehlt im milliardenschweren Sondervermögen, das Finanzsenator Stefan Evers in dieser Woche vorgestellt hat.

Inwieweit die CDU nicht nur einen fortschrittlichen Anstrich hat, sondern auch einen modernen Kern, wird sich in den kommenden Monaten und Jahren in konkretem Regierungshandeln zeigen. Die ersten Monate stimmen einen da nicht optimistisch, zumal der Koalitionspartner SPD erst noch zeigen muss, dass er mehr ist als eine „CDU light“.

Links lesen, Rechts bekämpfen

Gerade jetzt, wo der Rechtsextremismus weiter erstarkt, braucht es Zusammenhalt und Solidarität. Auch und vor allem mit den Menschen, die sich vor Ort für eine starke Zivilgesellschaft einsetzen. Die taz kooperiert deshalb mit Polylux. Das Netzwerk engagiert sich seit 2018 gegen den Rechtsruck in Ostdeutschland und unterstützt Projekte, die sich für Demokratie und Toleranz einsetzen. Eine offene Gesellschaft braucht guten, frei zugänglichen Journalismus – und zivilgesellschaftliches Engagement. Finden Sie auch? Dann machen Sie mit und unterstützen Sie unsere Aktion. Noch bis zum 31. Oktober gehen 50 Prozent aller Einnahmen aus den Anmeldungen bei taz zahl ich an das Netzwerk gegen Rechts. In Zeiten wie diesen brauchen alle, die für eine offene Gesellschaft eintreten, unsere Unterstützung. Sind Sie dabei? Jetzt unterstützen

Uwe Rada
Redakteur taz.Berlin
Jahrgang 1963, ist Redakteur für Stadtentwicklung der taz. Weitere Schwerpunkte sind Osteuropa und Brandenburg. Zuletzt erschien bei Bebra sein Buch "Morgenland Brandenburg. Zukunft zwischen Spree und Oder". Er koordiniert auch das Onlinedossier "Geschichte im Fluss" der Bundeszentrale für politische Bildung. Uwe Rada lebt in Berlin-Pankow und in Grunow im Schlaubetal.
Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • Was ist mit dem rassistischen Wahlkampf von Wegner und CDU? Liberal?

  • @RUDOLF FISSNER

    Mein Vorschlag: Autos raus aus der Stadt.

    Strassen zu Schwämme.

    • @tomás zerolo:

      Mein Vorschlag.

      Einfach mal realisieren, dass es Wohnungsleerstand in Ostdeutschland von bis zu 10% gibt.

      Keine neuen Gewerbeflächen in Berlin! Wirtschaftsförderung fürs platte Land.



      Pendeln reduzieren und Wohnungen nutzen!

  • "Was mit der Schwammstadt?"

    Man muss sich schon entscheiden was man will in Berlin: deutlich mehr Wohnungen (mehr Straße, Bauflächen, Gewerbeflächen, Arbeitsplätze = Versiegelung) oder Schwammstadt (ein wenig Begrünung, keine weitere massive Versiegelung, keine Bebauung weiterer Grünflächen & viel Entsiegelungen.

    Beides geht nicht.

    • @Rudolf Fissner:

      klar geht das gleichzeitig.

      Dafür müsste "nur" die Innenstadt von privatem PKW Verkehr befreit werden an dessen Stelle Radwege und ÖPNV treten.

      Das gibt je Menge zusätzliche Freiflächen die dann entsiegelt werden können.

      Beim Bau muss geschaut werden ob an die Stelle von neuen Gebäuden nicht auch mehr Stockwerke gehen, wo schon etwas steht.

      Flache Dächer können begrünt werden, auch das sind ungenutzte Flächen und unabhängig vom Neubau.

      Letzteres ginge sogar ohne Verkehrswende.

      • @sociajizzm:

        "Dafür müsste "nur" die Innenstadt von privatem PKW Verkehr befreit werden an dessen Stelle Radwege und ÖPNV treten."

        Gut beobachtet.

        Berlin ist in DE die Metropole mit den heftigsten und längsten Pendlerbewegungen. www.deutschlandatl...erflechtungen.html

        Bevor also eine Schwammstadt wirken kann braucht es einen massiven Ausbau des ÖPNV. In eben der Reihenfolge. Also nicht in den nächsten 30 Jahren.

    • @Rudolf Fissner:

      Davon handelt der Artikel glaube ich, dass immer mehr versiegeln kein Rezept für eine moderne Stadt ist. Und die CDU steht dafür, bis zum bitteren Ende am Alten und den dahinter stehenden Interessen festzuhalten. Siehe fossile Brennstoffe, Autos usw.

      • @moonwatcher:

        Richtig. Aber ich wüsste nicht, dass die vielen Enteigner und "Mehr Wohnungen" Initiativen im Sinn haben einen dann massiven Baustop in Berlin umzusetzen und das Potential der Unmengen an leer stehenden Wohnungen in Ostdeutschland zu nutzen.

        Schwammstadt ist ein Buzzword. Die Stadtplanung redet schon seit Jahrzehnten von den entsprechenden Konzepten. Eine Stadt wie Berlin, die es nicht einmal schafft die öffentlichen Gebäude mit Photovoltaik zu besetzen wird es sicher auch weiterhin nicht schaffen einen ökologischen Stadtumbau zu packen. Schon gar nicht, wenn die knappen Ressourcen im Bauwesen für ganz andere wie z.B. energetische Sanierung gebraucht werden. Berlin ist u.a. auch Schlusslicht beim Thema Erneuerbare Heizenergien im Wohnungsneubau www.deutschlandatl...ergie-Wohnbau.html

        Und nö, die CDU steht nicht alleine für dem Ausbau von Berlin. Schon allein deswegen nicht, weil die Unmengen an verplanten Flächen in der Bauleitplanung Berlins in toto von der Vorgängerregierung initiiert wurde.

        Mit Wahlkampfmodus gg. CDU und pro RRG kommt man da null/nicht weiter.