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Rückzug des Linken-FraktionschefsÜbrig bleibt ein Scherbenhaufen

Pascal Beucker
Kommentar von Pascal Beucker

Dietmar Bartsch hat angekündigt, nicht mehr für den Fraktionsvorsitz der Linken im Bundestag zu kandidieren. Ein Abgang, der viel zu spät kommt.

Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Partei Die Linke am 16. August in Berlin Foto: Britta Pedersen/dpa

E s ist eine nachvollziehbare Entscheidung von Dietmar Bartsch, nicht weiter die Linksfraktion führen zu wollen. Wer ist schon gerne der Letzte, der das Licht ausmacht? Diese Aufgabe überlässt der vermeintliche „Reformer“ nun lieber einer neuen Fraktionsspitze.

Es ist der glanzlose Abgang eines glanzlosen Politikers, dessen hervorragendste Eigenschaft es stets war, virtuos hinter den Kulissen Strippen zu ziehen. In einer Funktion im Scheinwerferlicht war er jedoch eine Fehlbesetzung. Denn was immer er auch verkörperte: die Hoffnung auf eine andere, eine bessere Gesellschaft war es nicht. Genau das jedoch ist existenziell für eine Linke jenseits der Sozialdemokratie, die erfolgreich sein will.

Bartsch hingegen war seit dem Beginn seiner politischen Karriere Anfang der 1990er Jahre immer vor allem ein Apparatschik mit einem ausgeprägten Machtinstinkt. Warum auch immer: Erst für die PDS, dann für die Linkspartei durfte Bartsch insgesamt dreimal als Spitzenkandidat zur Bundestagswahl antreten – und zweimal schaffte er es dabei, seine Partei unter die Fünfprozentmarke zu führen. Eine einmalige Bilanz.

Der Rückzug kommt viel zu spät

Das Tragische an seinem jetzt angekündigten Rückzug vom Fraktionsvorsitz ist, dass er viel zu spät kommt. Spätestens nach der verlorenen Bundestagswahl 2021 hätte Bartsch abtreten müssen. Besser wäre es allerdings gewesen, er hätte schon 2018 die Konsequenzen aus der Gründung von Wagenknechts Sammlungsbewegung „Aufstehen“ gezogen, die aus der von ihm geführten Bundestagsfraktion heraus maßgeblich vorbereitet worden ist.

Denn genau an diesem Punkt hätte Bartsch erkennen müssen, dass sein machtpolitisch motiviertes Bündnis mit Wagenknecht und ihren Kom­bat­tan­t:in­nen die Linkspartei in den Abgrund führt. Doch anstatt deren Treiben in der Fraktion Einhalt zu gebieten, ließ er sie weiter gewähren. Jetzt hinterlässt er einen Scherbenhaufen, von dem mehr als ungewiss ist, ob er sich wieder aufkehren lässt. Dass es die Linksfraktion nicht mehr lange geben wird, ist sicher – und auch Bartsch trägt dafür maßgeblich mit die Verantwortung.

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Pascal Beucker
Inlandsredakteur
Jahrgang 1966. Arbeitet seit 2014 als Redakteur im Inlandsressort und gehört dem Parlamentsbüro der taz an. Zuvor fünfzehn Jahre taz-Korrespondent in Nordrhein-Westfalen. Seit 2018 im Vorstand der taz-Genossenschaft. Sein neues Buch "Pazifismus - ein Irrweg?" ist gerade im Kohlhammer Verlag erschienen.
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6 Kommentare

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  • Die Linke muss sich entscheiden, ob sie die Partei der Arbeiter und Arbeitslosen sein will, die für bessere Lebensverhältnisse kämpft, oder die Partei der links-grünen Eliten, die in Eppendorf oder Prenzlauer Berg in ihrer Eigentumswohnung sitzt, von der Revolution träumt und die ganze Welt umarmen will. Letzteres gern in Deutschland.

    Das Beispiel der Sozialdemokraten in Dänemark zeigt, wie man Rechtspopulisten erfolgreich bekämpft - indem man nicht im Wolkenkuckucksheim lebt, sondern sich wirklich für die Probleme der Wähler interessiert... Leider kapiert das in Deutschland weder die Linke noch die SPD

  • Es gab doch nie eine Alternative zu Bartsch. Der hat seinen Job gemacht und den Laden irgendwie zusammengehalten, daran sind doch alle anderen gescheitert, weil sie mit dem Finger immer auf die Gegenseite gezeigt haben. Manche nennen es strippenziehen, andere nennen es moderieren oder aushandeln.

  • Bartsch hatte mit Wagenknecht bei der Bundestagswahl 21 9,1%, unter Wissler kam die Linke gerade noch so in den Bundestag durch 3 Direktmandate.

    Wagenknechts Mandat ist auch nicht sicher, da in Berlin im Herbst die Wahl wiederholt wird, schafft es die Linke nicht, wars das auch für Wagenknecht.

    Die ist definitiv am Ende, Korte will nicht mehr antreten, vielleicht wird Gesine Lötzsch mit Pellmann Fraktionschefs, oder Riexinger und Caren Lay.

  • Bartsch als Apparatschik zu bezeichnen, ist sicher nicht ganz falsch. Dass er als solcher im Rampenlicht agieren durfte/ musste, ist aber eher ein Armutszeugnis für seine Partei - genau wie eben auch ihre fatale Abhängigkeit von einer Politikerin, die zwar das Bartsch fehlende Charisma hat, aber gar nicht in dieser Partei sein WILL.

    Fakt ist doch: Es gab und gibt niemand wirklich Geeigneten, um der Politik, der sich die Linkspartei verschrieben hat, eine nennenswerte, auch in Wählerstimmen ummünzbare deomokratische Basis zu erkämpfen. Und die potenzielle Wählerschaft dürstet - bei allem vorgeblichen Egalitarismus - offenbar nach dominantem, der Heldenverehrung zugänglichen Führunspersonal. DAS ist das eigentliche Drama.

    Was in diesem Kommentar als "mangelnde Konsequenz" gescholten wird, war daher möglicherweise nur eine Verzögerungstaktik. Denn mal ehrlich: Hätte Bartsch nach dem #Aufstehen-Debakel den Hut genommen, was hätte es genutzt? Wer wäre an seine Stelle getreten, um den Karren (unter konsequentem Rausschmiss von Wagenknecht) aus dem Dreck zu zerren oder auch nur in die nächste Legislaturperiode zu retten? Und will man wirklich jemandem einen Vorwurf daraus machen, dass er in einer Fraktion, die wie die Partei vor allem unter ihrer - jedes Profil zersetzenden - Zerstrittenheit leidet, um eine Einigkeit bemüht war, die OHNE Aufsplitterung auskommt?

  • Das die unter 5% gerutscht sind liegt sicher nicht an Herrn Bartsch und ein Appartschik der die Fraktion zusammenhält war bei einer Partei noch fehl am Platz.



    Bei den Fliehkräften hätte er allerdings Superkräfte haben müssen.

  • Tja - Wer das internalisiert & brustvoll eins sang!



    - Lied der Partei (1950) -



    Dem war‘s auch mit Sarah Wagenknecht nicht bang‼️



    www.youtube.com/wa...91aXMgZsO8cm5iZXJn

    kurz - ne betonierte Doppelspitze - is Zement + viel Sand&Kies! Woll



    Nur spitze? - Ah geh! Nur selten isses dies •