Neuer Krieg in Äthiopien: Ein Präsident auf Abwegen
Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed, der Äthiopien seit 2018 als Reformer regiert, will die Regionalarmeen entmachten. Das führt zu blutigen Konflikten.
#xC4;thiopien findet nicht zum Frieden. Noch hat sich das zweitgrößte Land Afrikas nicht vom mörderischen Krieg von 2020 bis 2022 um die Kontrolle der Region Tigray erholt, der mit schätzungsweise 600.000 Toten der weltweit blutigste Krieg in den vergangenen Jahren war.
Da beginnt ein ähnlicher Konflikt in Amhara, dem historischen zentraläthiopischen Kernland. Aufständische Milizionäre haben mehrere Städte unter ihre Kontrolle gebracht, die Regierung hat das Kriegsrecht verhängt und betreibt die gewaltsame Rückeroberung. Der Ausgang ist offen.
Friedensnobelpreisträger Abiy Ahmed, der Äthiopien seit 2018 als Reformer regiert, wird erneut zum Kriegsherrn. Grundsätzlich ist sein Argument ja richtig, dass die Einheit der äthiopischen Nation untergraben wird, wenn jede Region ihre eigene Armee unterhält.
Aber der Vielvölkerstaat Äthiopien ist eine Bundesrepublik, deren Bestandteile weitgehend eigenständig das Leben der 120 Millionen Menschen in Äthiopien organisieren können. Diese föderale Struktur kann man nicht einfach per Proklamation überwinden.
Und nachdem Abiy ab 2020 die rebellierende Tigray-Armee nur mithilfe der damals loyalen Amhara-Armee niederkämpfen konnte, kann er sich kaum wundern, dass die Amhara-Armee und ihre Milizen sich heute nicht auflösen lassen wollen. Das Spiel, den Aufstand einer Region mit der Hilfe anderer Regionen zu bekämpfen, kann sich noch ewig fortsetzen, quer durch das ganze bitterarme Land.
Äthiopien bündelt wie ein Brennglas die enormen Herausforderungen, vor denen ganz Afrika steht – vom Bildungsmangel über Wasserknappheit bis hin zu den autoritären Regierungen.
Als Äthiopiens Regierung und die Tigray-Rebellen im November 2022 Frieden schlossen, wandte sich die Weltgemeinschaft beruhigt ab. Dieser Krieg schien gelöst, Abiy Ahmed wurde wieder hoffähig. Aber es hat nur ein Dreivierteljahr gedauert, bis sich das Fehlen einer Perspektive für das Land erneut in Gewalt ausdrückt. Es darf nicht wieder zwei Jahre Krieg und mehrere hunderttausend Tote geben.
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