Aktivist über Ökozide: „Der Kolonialismus ist nicht vorbei“
Peter Emorinken-Donatus kämpft gegen die Aubeutung und Zerstörung Afrikas durch europäische Konzerne. Am Donnerstag spricht er in Hamburg.
taz: Herr Emorinken-Donatus, wer sollte am Donnerstag zu Ihrem Vortrag kommen?
Peter Emorinken-Donatus: Alle Menschen, die wissen wollen, wie die Klimakatastrophe mit Kolonialismus und Rassismus zusammenhängt, sollen kommen. Wenn sie über Lösungen sprechen und afrikanische Antworten auf diese Probleme kennenlernen wollen, sollen sie auch kommen. Alle sind eingeladen!
Wie hängen diese Themen denn miteinander zusammen?
Der Globale Süden ist seit Jahrhunderten Opfer des kolonialen Extraktivismus. Das Ankommen des „weißen Mannes“ in Afrika vor 500 Jahren markiert nicht nur den Anfang des Kulturraubs gegenüber den Menschen in Afrika, sondern auch den Beginn der Beraubung und Verseuchung ihres Landes und die massive Vernichtung der Lebensgrundlagen. Europäer sind mit einem klaren Ziel nach Afrika gekommen: Die Suche nach Rohstoffen. Die Ausbeutung und Zerstörung von Biodiversität dauert bis heute an. In Afrika gilt für Europäer bis heute Gesetzlosigkeit über die Zerstörung der Umwelt. Der Kolonialismus ist nicht vorbei und europäische Konzerne begehen immer noch Ökozide in Afrika.
57, ist Umweltaktivist und freier Journalist.
Ökozide sind ein wichtiges Stichwort. Sie nennen sich auch Anti-Ökozid-Aktivist. Was bedeutet das?
Ökozid meint schwerste, nachhaltige Zerstörung der Umwelt in einem Maße, das die Nutzung dieser Gebiete praktisch unmöglich macht, was zu Vertreibung und Zwangsmigration führt. Ich will, dass Ökozide zu einem völkerrechtlichen Verbrechen erklärt werden, denn es braucht ein global durchsetzbares Instrument zu ihrer Unterbindung. Das EU-Parlament hat die Kommission bereits dazu aufgefordert, sich für die Anerkennung des Ökozids als Völkerrechtsverbrechen einzusetzen. Diese Regeln müssen weltweit gelten, damit europäische Konzerne nicht in Afrika Dinge tun können, die hier verboten sind.
Wie sind Sie Aktivist geworden?
Ich bin in Nigeria aufgewachsen. Als Student war ich sehr aktiv in politischen Bewegungen. Wir haben uns gegen den Militärterror, die Zerstörung der Umwelt und die Ausbeutung von Indigenen gestellt. Damals hat der Shell-Konzern einen Ökozid im Nigerdelta verübt und tut dies weiterhin. In den 90ern haben wir gegen diese Missstände einen großen Nationalstreik durchgesetzt. Das Militär hat mit seiner üblichen Methode reagiert. Auch ich wurde inhaftiert. Mein Vater konnte mich aber freikaufen und ich bin nach Deutschland gekommen. Eine wichtige Figur in den Protesten war Ken Saro-Wiwa. Er war der Erste, der den Kampf gegen Ökozide in Nigeria zu einer Bewegung gemacht hat. Er ist mein Idol. 1995 wurde er zusammen mit acht Mitstreitern wegen friedlicher Proteste von der Militärdiktatur hingerichtet. Ich setze seinen Kampf fort.
Klimakrise und Kolonialismus – Bestandsaufnahme und afrikanische Antworten, Festival contre le racisme, HAW-Hamburg, Berliner Tor 5, Raum 3. 12., 10. 8., 18 Uhr
Ken Saro-Wiwa war selbst Literat – und Sie halten Ihren Vortrag im Rahmen des „Festivals contre le Racisme“. Wie wichtig sind Kultur und kreative Formate im Kampf gegen Rassismus und Umweltzerstörung?
Ich bin ein Fan von Edutainment, also Education und Entertainment. Es ist aber wichtig, dabei eine gute Balance zu finden. Es geht um ernste politische Themen, nicht um Unterhaltung. Ich setze auf Aufklärungs- und Bildungsarbeit und möchte besonders junge Menschen erreichen. Es ist wichtig, dass wir generationsübergreifend und auf verschiedenen Ebenen arbeiten.
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