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Ölverschmutzung im Niger-DeltaShell muss zahlen

Ein Den Haager Gericht verurteilt den Ölkonzern Shell zur Entschädigung nigerianischer Bauern. Das könnte weitreichende Folgen haben.

Der Shell-Konzern hat das Nigerdelta mit Öl verschmutzt und muss die Bauern entschädigen Foto: Friedrich Stark/imago

Berlin taz | Der Ölkonzern Royal Dutch Shell ist für die Verschmutzung von Land in Nigeria haftbar. Das hat am Freitag das Berufungsgericht in Den Haag entschieden. Der Konzern sei für mehrere Öllecks im Nigerdelta verantwortlich, nun muss das Unternehmen Schadenersatz zahlen. Konkret sollen zwei Dörfer für die Verseuchung ihrer Äcker entschädigt werden. Die genaue Summe soll später festgelegt werden.

„Es ist ein bittersüßer Sieg, weil zwei von uns, wie mein Vater, das Ende des Verfahrens nicht mehr miterleben können“, sagte Eric Dooh, einer der nigerianischen Kläger, laut der Umweltorganisation Friends of the Earth. „Aber das Urteil bringt Hoffnung für die Zukunft der Menschen im Nigerdelta.“ Auch Channa Samkalden ist zufrieden. „Nach jahrelangen Gerichtsverfahren ist meinen Klienten endlich Gerechtigkeit widerfahren“, sagte der Anwalt, der die Bauern vor Gericht vertreten hatte.

„Wir weinen vor Glück. Nach 13 Jahren haben wir gewonnen“, twitterte die Umweltorganisation Milieudefensie. Sie hatte 2008 zusammen mit vier Bauern den Konzern mit Hauptsitz in Den Haag verklagt, weil ihr Land im Nigerdelta durch Öl verseucht worden war. Zudem hatten sie die Sanierung ihres Bodens gefordert. Shell wies die Vorwürfe immer wieder zurück und erklärte, dass Saboteure für die Lecks verantwortlich seien. Das sah das Gericht in Den Haag lediglich in einem Fall als „zweifelsfrei bewiesen“ an.

Die Richter führen die Lecks vielmehr auf schlechte Wartung zurück, Shell Nigeria sei dafür verantwortlich. Der Mutterkonzern Royal Dutch Shell sei zwar nicht direkt haftbar, wie das Gericht urteilte, habe aber eine „Sorgfaltspflicht“ und wurde nun dazu verurteilt, die alten Ölleitungen mit Sensoren zur Entdeckung von Lecks auszurüsten. Schon 2013 war Shell-Nigeria in erster Instanz zu Schadenersatz verurteilt worden. Beide Seiten hatten damals Berufung ­eingelegt.

Urteil mit weitreichenden Folgen

Mathias John von Amnesty International ist mit dem aktuellen Urteil zufrieden. „Jetzt hat die Justiz ausdrücklich bestätigt, was Shell immer wieder bestritten hat: Der Konzern ist verantwortlich für die Umweltschäden durch Öllecks im Nigerdelta, und er muss dafür Entschädigungen zahlen.“ Er sieht Shell nun auch andernorts unter Druck. „Endlich kann sich der Konzern seiner Verantwortung für alle Unternehmensaktivitäten auch in anderen Staaten nicht weiter entziehen.“

Der Fall könnte also weitreichende Folgen weit über Nigeria und das Nigerdelta hinaus haben. „Dieser Fall zeigt, dass europäische Konzerne sich verantwortungsvoll zu verhalten haben“, meint Anwalt Samkalden. Donald Pols, Direktor von Milieudefensie, wird deutlicher: „Das ist eine Warnung an alle niederländischen Konzerne, die weltweit in Ungerechtigkeiten involviert sind. Opfer von Umweltverschmutzung, Landraub oder Ausbeutung haben nun eine größere Chance, gerichtliche Kämpfe gegen solche Konzerne zu gewinnen.“

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5 Kommentare

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  • Leicht, auf Shell zu schimpfen, weniger leicht, kein Benzin und Heizöl mehr zu kaufen. Die Kunden sind alle mitschuldig. Also praktisch alle.

    • @kditd:

      Und trotzdem hätte Entwicklung von Alternativen zu Öl sowie ein anderer Umgang mit Ländern wie Nigeria seit Längerem ausgeführt sein können.

  • Dieses Urteil ist ein Teil der überfälligen Korrektur des Verhaltens von Rohstoffimporteuten und Müllexporteuren. Mehr davon.

  • Upsi!



    Da war wohl grade der Schmiergeldtopf der Ölfirma alle...

  • 9G
    96177 (Profil gelöscht)

    Herr, vergib ihnen nicht, denn sie wissen, was sie tun..... diese neoimperialistische Drecksbande, die mit allen Mitteln arbeiten, wenn nurs Geschäft brummt: Klimazerstörung, Umweltzerstörung, Massenmord, Korruption:

    "Vorsitzender der Organisation war nach 1993 der Schriftsteller, Bürgerrechtler und Träger des Right Livelihood Award Ken Saro-Wiwa, der im November 1995 von der Militärregierung unter Sani Abacha neben acht Mitstreitern gehängt wurde. Seine Hinrichtung erregte internationales Aufsehen. Aus dem Gefängnis heraus schrieb er zuletzt: „Lebend bin ich ein Symbol des Widerstandes. Tot werde ich zum Märtyrer und damit noch gefährlicher.“ Nigeria wurde als Reaktion darauf mit sofortiger Wirkung aus dem Commonwealth of Nations ausgeschlossen.

    Im September 1993 kam es zu schweren Zusammenstößen mit der Volksgruppe der Andoni, bei denen schätzungsweise 1.000 Ogoni getötet wurden und mehr als 30.000 aus ihrer Heimat flüchten mussten. Die MOSOP macht hierfür die Regierung und die Ölgesellschaften verantwortlich, die die Andoni hierzu bewogen und finanziert haben sollen." wiki