Sozialhilfe für Kinder unter 18: „Teilhabe aller Kinder verbessern“

Zwei Millionen Kinder sind auf Bürgergeld angewiesen. Die Familienministerin warnt vor Ressentiments.

Portraitbild von Familienministerin Lisa Paus

Familienministerin Lisa Paus (Grüne) kämpft für eine Kindergrundsicherung Foto: dpa

Berlin taz Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) warnt davor, beim Thema Kinderarmut Ressentiments zu schüren. „Armutsbetroffene Kinder und Jugendliche unterschiedlicher Herkünfte gegeneinander auszuspielen, entspricht nicht den Grundwerten unserer Verfassung“, sagte Paus zur taz.

Damit reagierte die Ministerin auf verschiedene Medienberichte über Kinder, die auf Sozialhilfe angewiesen sind – aufgeschlüsselt nach Staatsbürgerschaft. Die Zahlen basieren auf einer Auswertung der Bundesagentur für Arbeit, die auch der taz vorliegt. Daraus geht hervor, dass derzeit knapp zwei Millionen Kinder unter 18 Jahren in Deutschland auf Bürgergeld angewiesen sind.

Die Zahl ist ähnlich wie im Jahr 2015. Allerdings gab es unterschiedliche Entwicklungen, wenn die Staatsbürgerschaft der Kinder berücksichtigt wird. Während die Zahl der Kinder mit deutschem Pass im Bürgergeldbezug im Zeitraum 2015 bis März 2023 von 1,57 Millionen auf 1,03 Millionen sank, stieg die Zahl der Kinder mit ausländischer Staatsbürgerschaft von 365.000 auf 935.000. Sprich: Derzeit haben knapp 48 Prozent der Kinder im Bürgergeld keinen deutschen Pass – 2015 waren es rund 19 Prozent.

Überraschend ist diese Entwicklung nicht. Nach 2015 kamen mehr als 300.000 Kinder unter anderem aus Syrien, Irak und Afghanistan – also infolge des syrischen Bürgerkriegs und politisch sehr instabiler Verhältnisse in den Heimatländern. Mit Beginn des russischen Angriffskriegs im Februar 2022 flüchteten zudem 270.000 Kinder aus der Ukraine nach Deutschland.

Anstieg durch Fluchtmigration

Die Springerzeitung B.Z. nahm die Zahlen jedoch zum Anlass, um gegen die von der Ampelregierung geplante Kindergrundsicherung zu mobilisieren. Damit würde „Armutsmigration finanziert“, schrieb das Boulevardblatt und wetterte „gegen versteckte Kosten der unkontrollierten Migration“.

Familienministerin Lisa Paus verweist demgegenüber darauf, dass derzeit 14 Prozent der knapp 2 Millionen Kinder unter 18 aus der Ukraine geflohen seien. Die Zahlen seien „volatil“ und sagten „nichts über die seit vielen Jahren auf einem sehr hohen Niveau stagnierende Kinderarmut in Deutschland aus“.

Tatsächlich ist die Armutsgefährdungsquote von Kindern schon lange konstant hoch. 2005 lag sie bei 19,5 Prozent, 2022 bei 21,6 Prozent. „Die Armutsquote lag schon vor den Fluchtbewegungen dauerhaft bei rund 20 Prozent“, konstatiert Paus. Man brauche „eine strukturelle Lösung wie die Kindergrundsicherung, mit der wir die Teilhabechancen aller Kinder verbessern und in die Zukunft der Kinder investieren“.

Die Bundesregierung möchte mit einer Kindergrundsicherung auf Kinderarmut reagieren – zumindest hat sie sich das in den gemeinsamen Koalitionsvertrag geschrieben. Doch derzeit wird ums Geld gestritten. Während Paus gerne 12 Milliarden für die Kindergrundsicherung hätte, möchte Finanzminister Christian Lindner (FDP) mit Blick auf die Haushaltslage nur 2 Milliarden bereitstellen, was Leistungserhöhungen ausschließen würde.

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