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Debatte um den Barbie-FilmKein Grund zur Aufregung

Der Blockbuster „Barbie“ erregt die Gemüter. Teils so heftig, dass man sich fragt, ob dem Film nicht mehr zugemutet wird, als er kann und will.

In „Barbie“ wählt die titelgebende Puppe, gespielt von Margot Robbie, ein Leben als Mensch Foto: Warner Bros. Pictures

Pink knallt, und die „Barbiecore“-Mode scheint den Trend zum Quietschigen auf neue Höhen zu treiben. Dabei gilt Pink traditionell als kalte Farbe, was sogar beruhigend wirken sollte, anders als das aggressiv warme Gelb. Greta Gerwigs Spielfilm „Barbie“, der seit einer Woche für volle Kinos sorgt, schwelgt in rosa, pink und lila gehaltenen Tönen. Einige Reaktionen fallen dennoch weniger entspannt als vielmehr heftig aus.

Eigentlich zählt der Film zur selben Kategorie wie die Lego- und Playmobil-Kinobeiträge, in denen Kinderspielzeuge als Figuren in Szene gesetzt werden. Bei diesen gibt es stets eine Kooperation mit den fraglichen Firmen, ein Reklamecharakter gehört zum Leinwanderlebnis dazu.

Dass der „Barbie“-Film die Medien jetzt zum Dauereinsatz anregt, während andere Spielzeugfilme allenfalls kurze Zeit etwas Aufmerksamkeit abbekommen, hat mit einem Reizwort zu tun, das der Film, der in den USA im Übrigen erst ab 13 Jahren empfohlen ist, während ihn hierzulande schon 6-Jährige gucken können, wie eine Monstranz vor sich herträgt: „Feminismus“.

In Barbieland regieren die Barbies, die Kens spielen als deren männliche Ergänzungen eine untergeordnete Rolle, daher „Barbie und Ken“ und nicht umgekehrt. Radikal oder subversiv ist das nicht, wie schon in unserer Besprechung zum Kinostart zu lesen war.

Pop-Aneignungen von Barbie sind nicht neu

Die Frage ist, wie schlimm man das finden muss. Über Pop-Aneignungen von Barbie wie bei der Rapperin Nicki Minaj entstand seinerzeit schließlich auch keine erregte Debatte. Greta Gerwig dürfte sich des kommerziellen Kompromisses, den sie eingegangen ist, bewusst gewesen sein, sie nimmt sich einfach die Freiheit, eine Puppe mit fragwürdigen Körpermaßen durch ihre Hauptdarstellerin Margot Robbie souverän zum Leben zu erwecken.

Ein bisschen ist es wie bei Pinocchio, der sich durch Feen­zauber von einer Ma­rio­net­te in ein Kind verwandelt. Barbie aber entscheidet sich selbst, aus dem paradiesischen Barbieland in die echte Welt zu wechseln und zum sterblichen Menschen mit Leib aus Fleisch und so zu werden. Ein unerwarteter Entwicklungsroman, ein unterhaltsamer dazu. Kein ernster Grund zur Aufregung.

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3 Kommentare

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  • Was ist verkehrt, wenn man ins Kino geht um die alltäglichen Sorgen für ein paar Stunden zu vergessen.

  • In den USA k ö n n e n den Film sogar 4-jährige sehen, in Deutschland darf er diesen nicht zugänglich gemacht werden.

  • Die Debatte ist erregt, weil - auch in der taz - am laufenden Band irgendwelche Artikel produziert werden, die a) dem Film eine feministische und anti-kapitalistische Haltung unterstellen und b) offenbar Greta Gerwing unkritisch abfeiern, als ob nicht schon zig Leute bevor ihre (vermeintlichen) Haltungen für Geld verkauft hätten. Viele Leute sind gerade auch deshalb abgenervt, weil der Barbie-Film ein Musterbeispiel für die kapitalistische Einhegung feministischer Themen ist. Da ist es auch völlig egal, ob sich das jemand dann 'kritisch' oder 'ironisch' ansieht, weil es eben trotzdem Geld in die Taschen der Macher:innen spült.

    Wer wirklich erwartet hatte, dass dieser Film - trotz Gerwing - irgendwie kritisch oder feministisch würde, ist mMn. naiv. Was der Film aber wunderbar schafft, ist, den Konsument:innen die Fiktion von Feminismus und Progressivität zu verkaufen, weil sich sowas gerade gut verkauft (wie alle anderen '-washing'-Strategien). Dass sich Gerwing gewinnen ließ ist die Kirsche obendrauf, weil diese ideal für eine solche Inszenierung war. Ohne sie wäre klar gewesen, dass das Müll wird, aber durch sie konnte dieser Müll eben viel perfieder verkauft werden. Eigentlich ein Musterbeispiel Adornos "Es gibt kein richtiges Leben im Falschen".