Verkehrswende in Bologna: Fast nur noch Tempo 30 und Tempo 10
Die italienische 400.000-Einwohner-Stadt entschleunigt den Verkehr flächendeckend. Das Hauptargument des Bürgermeisters ist gar nicht mal das Klima.
Rom taz | „Bologna Città 30“ heißt das Motto, „Bologna Stadt 30“. Seit dem 1. Juli gilt im ganzen Stadtgebiet das Geschwindigkeitslimit von 30 Stundenkilometern, mit Ausnahme nur der großen Durchgangsstraßen, auf denen es bei 50 Stundenkilometern Höchstgeschwindigkeit bleibt. Zugleich werden einige bisherige Tempo-30-Zonen jetzt weiter entschleunigt und zu Tempo-10-Zonen umgewidmet.
Die Kommune mit knapp 400.000 Einwohnern in der Emilia-Romagna ist damit die erste Großstadt in ganz Italien, die flächendeckend 30 Kilometer durchsetzt. „Null Verkehrstote“ hat der von der gemäßigt linken Partito Democratico kommende Bürgermeister Matteo Lepore als Hauptziel der Maßnahme proklamiert. Immerhin 22 Menschen verloren im Jahr 2022 ihr Leben im städtischen Straßenverkehr, und in der ersten Hälfte des Jahres 2023 sind schon 13 Tote zu beklagen.
Zum Vergleich: Berlin mit zehnmal mehr Einwohnern als Bologna meldete im Jahr 2022 34 Verkehrstote. Auf diese Zahlen verweist Lepore und fügt hinzu, er sei gerne bereit, mit dem neuen Tempolimit eine Wahlniederlage zu riskieren, wenn es ihm gelinge, „jährlich 20 Menschenleben zu retten“. Allerdings hatte er schon vor seiner Wahl im Oktober 2021 die jetzt umgesetzte Maßnahme zum Teil seines Programms gemacht und dennoch den Urnengang für sich entschieden.
Jedoch hielt die Stadtspitze jetzt zur Einführung von Tempo 30 den Ball flach, so als wolle sie so wenig öffentliche Aufmerksamkeit wie möglich erringen. Das ist gelungen: Italiens Medien berichteten so gut wie gar nicht, und auch in Bologna selbst war das öffentliche Echo gering. Dazu mag beitragen, dass Verstöße gegen das neue Tempolimit erst vom 1. Januar 2024 mit Geldbußen geahndet werden sollen.
Der ÖPNV bekommt Geld
Entsprechend schmal blieb so auch der Protest in der Stadt. Zu einem Autokorso, der sich im Schleichtempo durchs Zentrum bewegte, kamen am letzten Donnerstag gerade einmal 200 Fahrzeuge mit rund 400 Personen an Bord zusammen. Unterstützung findet der Protest bei den Rechtsparteien. So fordert die Lega ein städtisches Referendum, und die postfaschistische Partei Fratelli d’Italia startete eine Unterschriftenaktion, die jedoch mit 2.500 Unterzeichner*innen ein bescheidenes Resultat zeigte. Der Bürgermeister jedenfalls lässt sich nicht vom Kurs abbringen, zu dem auch kräftige Investitionen in den ÖPNV gehören.
Leser*innenkommentare
676595 (Profil gelöscht)
Gast
Bologna wird an vielen Ecken auch schöner, wenn weniger Verkehr. Dies ist in D'land meist nicht der Fall.
Zebulon
Einer, der etwas verstanden hat. Guter Mann !
Andreas Geiger
Ich finde auch die Fixierung auf CO2 Quatsch. Autos nehmen viel Platz weg und verursachen Schäden. Das sind die Argumente neben dem Preis.
fmraaynk
In Köln undenkbar,hier gibt es die Auto-Zeitung Kölner Stadtanzeiger,die gegen jede Verkehrsberuhigung Stimmung macht. Mit Ford im Ort nicht besonders verwunderlich.
Rolo
@fmraaynk Der Kölner Stadtanzeiger macht Stimmung gegen jede Verkehrsberuhigung?
KSTA 16.05.2023 Debatte um Kölner Raum
„Es geht nur mit weniger Autos, aber das traut sich keiner zu sagen – auch nicht die Grünen“
Wieso druckt das der KSTA, wenn der Stimmung gegen weniger Verkehr macht?
Stimmung machen hier die Grünen gegen alle Individualverkehrsmittel, die nicht per Muskelkraft bedient werden können.
Wo kommen denn die endlosen Tempo 30 Zonen in Köln an allen Ecken her und ungezählten Straßen die nur noch 1 spurig sind wegen immer mehr und breiteren Radwegen?
Die Ford Werke sind schuld?Vielleicht direkt ganz schließen, der massive Stellenabbau wegen dem Umstieg auf Elektroautos reicht noch nicht?
Ich bin zu über 90% mit Rad in Köln unterwegs, komme seit Jahrzehnten auch ohne 2,50 breite Radwege aus und habe stetig Mitleid mit den PKW Fahren denen man bewußt jegliche Freude nehmen will, sich ins Auto zu setzen und in/durch die Stadt zu fahren.
the real günni
@Rolo ist ja auch egal, koeln ist einer der unattraktivsten staedte deutschlands, haesslcih wie die nacht, und geisteskrank, was die verkehrspolitik angeht. da kann man auch nur abgeschirmt im eigenen pkw durch die haeuserschluchten preschen wollen
Ajuga
@the real günni Ich hielt Köln auch für grauenhaft.
Bis ich in Stuttgart war. ;-)