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Antifaschistische Sonntagszeitung

Mit­ar­bei­te­r*in­nen des französischen Journal du Dimanche streiken gegen einen rechtsextremen Chef

Fast einstimmig haben die Mit­ar­bei­te­r*in­nen der französischen Sonntagszeitung Journal du Dimanche (JDD) einen Streik gegen den neuen Chef beschlossen. Dass der für seine reaktionären Äußerungen und die Wahlpropaganda für den rechtsextremen Präsidentschaftskandidaten Éric Zemmour bekannte Geoffroy Lejeune die Leitung ihrer Zeitung übernehmen soll, hat sie schockiert. Alle Berufsverbände und Journalistengewerkschaften zeigen sich solidarisch.

Das JDD, eine Institution in Frankreichs Medienlandschaft, wurde 1948 gegründet und hatte 2022 eine Auflage von 136.000 Exemplaren. In Paris wie in der Provinz kauft man „le JDD“ am Kiosk gleich nach den Croissants in der Bäckerei. Vielleicht endet nun diese Tradition für einen Teil der treuen Le­se­r*in­nen, die um die Meinungsvielfalt fürchten müssen. Denn hinter der Beförderung des 34-jährigen Lejeune durch Arnaud Lagardère ist unschwer die Hand des neuen Eigentümers, des erzkonservativen Milliardärs Vincent Bolloré von der Gruppe Vivendi, zu vermuten.

Dieser baut sein Medienimperium seit Jahren systematisch auf. Mit der Übernahme der Medien und eines Teils der Buchverlage der Lagardère-Gruppe ist ihm ein Coup gelungen, der ihm einen großen Einfluss auf die Meinungsbildung sichert. Neben Fernsehsendern (Canal Plus, CNews) gehören ihm auch der Rundfunk Europe-1 und zahlreiche Magazine wie Paris Match. In diesen Medien hat Bolloré bereits gezeigt, dass er nicht zimperlich ist, wenn er seine Leute und seine Ideen platzieren oder missliebige Jour­na­lis­t*in­nen rauswerfen möchte. In Medienkreisen wird das „Bollorisierung“ genannt.

Was von Lejeune als neuem Chef des JDD zu erwarten ist, hat jener wiederum beim Magazin Valeurs actuelles (VA) gezeigt: Es wurde zum Sprachrohr reaktionärer Ressentiments wie der rassistischen Verschwörungstheorie des vermeintlichen „großen Austauschs“. Für eine Montage auf der Titelseite mit der linken Abgeordneten Danièle Obono als „afrikanische Sklavin“ wurde das Magazin wegen rassistischer Beleidigung verurteilt. Lejeune hat 2015 mit seinem Buch „Une élection ordinaire“ buchstäblich die Präsidentschaftskandidatur des Rechtsradikalen Éric Zemmour von 2022 (7,07 Prozent) erfunden. Dass er 2022 an der Spitze von VA dessen Wahlkampf unterstützte, war nur logisch. In der Folge hat das Magazin 10 Prozent seiner Abonnenten und die Hälfte der Online-Leser*innen verloren. Das war der offizielle Grund, weshalb Lejeune Anfang Juni entlassen wurde. Rudolf Balmer, Paris

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