Konzert von Mariana Sadovska: Musik beeinflusst das Schicksal
Die Ukrainerin Mariana Sadovska gastiert beim Festival „Performing Exiles“ im Haus der Berliner Festspiele. Ihre Stimme klingt variantenreich.
Mariana Sadovska hat ihren Backgroundsänger mit nach Berlin gebracht. Der Kölner Musikerkollege Christian Thomé ist ihr natürlicher Verstärker. Thomé, von Haus aus Jazzschlagzeuger, wird nun zum Interpreten von Liedern, die inspiriert sind von traditionellem ukrainischen Liedgut.
So wie Mariana Sadovska lässt auch er seine Stimme vibrieren. Dann bearbeitet er wieder die Drums, wechselt schließlich über zu den Electronics. Sadovska steht abwechselnd am Keyboard und am indischen Harmonium. „Vesna“, auf Deutsch Frühling, ist die große Überschrift für diesen Juniabend im Haus der Berliner Festspiele.
Singt die ukrainische Sängerin, die seit 20 Jahren in Köln lebt, auf Englisch oder Deutsch, um in die ukrainischen Lieder einzuführen, setzt sie die Stimme tiefer an. Einige Texte handeln von aktuellen Themen, in ihren eigenen Songs und in Interpretationen anderer macht Sadovska darin Kommentare zum Krieg, vertont das Leiden. Ihre Stimme ist dann ein gehetztes Flüstern.
Von der Melancholie zum Wutschrei
Als Sadovska „Verlorene Jugend“, eine ältere Komposition, ankündigt, bekennt sie, dass es ihr momentan schwer fällt, dieses Lied zu singen. Die Künstlerin tut es trotzdem und legt in ihre Stimme so viel Emotion, dass man Gänsehaut bekommt. Wie nebenbei geht sie in diesem Stück den Weg von der Melancholie der ukrainischen Folk-Musik bis zum Heavy-Metal-Wutschrei, der lauten Klage am Schluss.
In der Ukraine hat sich über Generationen der Glaube erhalten, erklärt Sadovska, mit Musik das Schicksal beeinflussen zu können. So existieren unzählige Lieder, die den Frühling und die Fruchtbarkeit preisen, aber auch viele Klagelieder, um den Schmerz zu lindern.
„Performing Exiles“, das neue Festival der Berliner Festspiele, hat neben Mariana Sadovska auch Serhij Zhadan, bekannten Autor und Leadsänger der Charkiwer Punk-Ska-Band Zhadan i Sobaky, in die Bundeshauptstadt gebracht. Beide Künstler kennen sich schon lange.
Nach Sadovkas „Vesna“ möchte ich meine Stimme vibrieren lassen. Christian Thomé kann es auch.
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