Neue „Nationale Sicherheitsstrategie“: Konkret nur bei der Aufrüstung

Die neue Sicherheitsstrategie spannt den großen Bogen bis zur Entwicklungszusammenarbeit. Ausgerechnet dort bleibt sie viel zu vage.

Christian Linder, Annalena Baerbock und Olaf Scholz bei einer Pressekonferenz

Foto: Fabrizio Bensch/reuters

Es ist schon eine große Kunst, auf möglichst vielen Seiten die meisten Ansätze im Unklaren zu lassen und doch vom großen Wurf zu sprechen. Bestes Beispiel ist derzeit die mit Spannung erwartete Nationale Sicherheitsstrategie der Bundesregierung. In den vergangenen Monaten gab es viel Streit und Getöse um das Papier, Zoff um Kompetenzen und neue Gremien, die von dem ein oder anderen Ampelmitglied für nützlich oder unnütz befunden wurden. Oder um die Deutungshoheit der deutschen außenpolitischen Haltung etwa zu China. Herausgekommen ist ein Papier, dass sich größtenteils liest wie eine Zusammenschau einzelner Initiativen der Ministerien, die ohnehin bekannt sind.

Die Summe macht aber eindrücklich klar, wie viele Baustellen das Land beim Thema Sicherheit hat. Um gegen Bedrohungen von außen vorzugehen, braucht es einen starken Militärapparat. Zugleich sagt man Attacken aus dem Cyberraum den Kampf an, will gegen Desinformation vorgehen, den Katastrophenschutz stärken, kritische Infrastruktur schützen, Ernährungssicherheit, humanitäre Hilfe und Entwicklungszusammenarbeit gewährleisten. Alles im Sinne der nationalen Sicherheit, heißt es. Das wird kostspielig sein.

Allerdings, einzig beim Thema Aufrüstung und besserer Ausstattung der Bundeswehr wird man konkreter. Der Konsens: Zwei Prozent der Wirtschaftsleistung soll in die militärische Verteidigung fließen, und zwar schon ab kommenden Jahr. Es geht um ein Signal an die internationalen Partner, zu zeigen, dass Deutschland die erhoffte starke Rolle in der internationalen Sicherheitspolitik ausfüllen kann und will. Auch mit großem finanziellen Einsatz.

Wenig zu Entwicklungszusammenarbeit

Weniger euphorisch und bestimmt, stattdessen vage ist das Bekenntnis zu friedenssichernden Maßnahmen ohne militärisches Gerät. Zu Recht empören sich entwicklungspolitische Organisationen, dass Finanzzusagen oder die Kopplung von Ausgaben für die Entwicklungszusammenarbeit an Verteidigungsausgaben nicht auftauchen. Dort blieb der Konsens aus. Ebenso beim Vorschlag, den Katastrophenschutz stärker auf die Bundesebene zu ziehen und damit die Länder in dieser Frage zu entlasten.

Natürlich ist ein Strategiepapier keine versteckte Verhandlung über Budget- und Haushaltsfragen. Aber die Stoßrichtung und damit eine starke Vorlage ist damit gemacht. Seit Kriegsbeginn am 24. Februar 2022 ist die Welt eine andere, und die „Friedensdividende“, wie Finanzminister Lindner sie nannte, ist aufgebraucht. Die Glaubwürdigkeit der Sicherheitsstrategie wird sich an ihrer Umsetzung messen. Dazu gehört mehr, als Geld in Verteidigung und Aufrüstung zu pumpen.

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Schreibt seit 2016 für die taz. Themen: Außen- und Sicherheitspolitik, Entwicklungszusammenarbeit, früher auch Digitalisierung. Seit März 2024 im Ressort ausland der taz, zuständig für EU, Nato und UN. Davor Ressortleiterin Inland, sowie mehrere Jahre auch Themenchefin im Regie-Ressort.

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