Proteste bei Hannover Messe: Gefährliche Goldprojekte
Die Bundesregierung sucht Rohstoffpartnernschaften. Doch die bergen Risiken für Mensch und Umwelt – wie das Beispiel Indonesien zeigt.
In Hannover wirbt Indonesien um Investitionen, mit denen sich das 275-Millionen-Einwohner-Land modernisieren will. Laut Präsident Joko Widodo gibt es bis 2060 einen Investitionsbedarf von einer Billion Dollar. Der Minister für wirtschaftliche Koordination, Airlanga Hartarto, erwartet dabei allein in Hannover Investitionszusagen von 2,3 Milliarden Dollar.
Kanzler Scholz bot Jakarta eine Rohstoffpartnerschaft an. Das ressourcenreiche Land, das zum Beispiel der weltgrößte Nickel- und Palmölproduzent ist, will die im eigenen Land abgebauten Rohstoffe vor dem Export künftig selbst stärker verarbeiten und damit mehr Wertschöpfung im Land halten. In seiner Rede erklärte sich Scholz damit einverstanden, weil bisher ein Teil der indonesischen Rohstoffe über den Umweg der Verarbeitung in China nach Europa kamen.
Ein genauerer Blick zeigt aber, dass der Rohstoffabbau in Indonesien mit großen Umwelt- und Menschenrechtsproblemen verbunden ist. Darauf machten in Hannover Mitglieder der Lokalgruppe der Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) mit Mahnwachen und einer Petition aufmerksam.
Goldprojekt verschärft Konflikte
Unter dem Slogan „Goldrausch gefährdet Menschenrechte“ warnen sie vor den Gefahren beim Rohstoffabbau – etwa beim geplanten Bau einer Goldmine in Indonesiens östlicher Region Papua. Dort strebt ein Teil der Bevölkerung die Unabhängigkeit von Indonesien an, was schon seit Jahren von den Sicherheitskräften mit schweren Menschenrechtsverletzungen beantwortet wird.
Jetzt könnte das geplante Goldprojekt im Wabu Block im Bezirk Intan Jaya in der Provinz Papua Tengah konfliktverschärfend wirken, wenn es nicht mit der vorherigen Zustimmung der Bevölkerung durchgeführt werden sollte. Eine Militarisierung der betroffenen Region einschließlich einer Zahl von Todesopfern hat AI bereits festgestellt. Zwei Aktivist*innen drohten zudem mehrjährige Haftstrafen, weil ein Politiker sie wegen ihrer Kritik auf Verleumdung verklagt hat. Die beiden hatten in einem Interview über mögliche Verwicklungen des Militärs in die geplanten Bergbauprojekte gesprochen.
Scholz sprach sich in Hannover auch für den zügigen Abschluss eines EU-Freihandelsabkommen mit Indonesien aus. Das scheiterte bisher auch daran, dass sich Jakarta bei der Palmölproduktion nicht zu mehr Nachhaltigkeit verpflichten lassen wollte. Für Ölpalmplantagen werden immer wieder Urwaldgebiete gerodet. Womöglich könnte die EU bald wegen geänderter Prioritäten nachgeben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Jüdische Wähler in den USA
Zwischen Pech und Kamala
Protest in Unterwäsche im Iran
Die laute Haut
Experten kritisieren Christian Lindner
„Dieser Vorschlag ist ein ungedeckter Scheck“
Soziologe über Stadt-Land-Gegensatz
„Die ländlichen Räume sind nicht abgehängt“