Diamanten-Industrie in Sierra Leone: Tausende leiden unter Rohstoffabbau
In Sierra Leone zerstört der Abbau von Diamanten die Lebensgrundlage vieler Menschen. Nicht nur verschmutztes Trinkwasser ist das Problem.
Betrieben wird sie vom Unternehmen Meya Mining, das zu 35 Prozent in Besitz von Germinate SL Limited aus Sierra Leone ist und zu 65 Prozent von der in Namibia eingetragenen Trustco Group Holdings. In einem am Donnerstag veröffentlichten Bericht erhebt die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) schwere Vorwürfe gegen Meya Mining wie auch gegen die Behörden.
Zu wenig Schutz für lokale Bevölkerung
Sie würden zu wenig unternehmen, um die lokale Bevölkerung vor den Folgen des Rohstoffabbaus durch multinationale Firmen zu schützen. Vor allem aber wird vielen ihre Lebensgrundlage genommen. In der Dokumentation, mit der die Organisation im Jahr 2018 begonnen hatte, sagt eine Frau aus dem Ort Simbakoro, dass sie für ihr Ackerland eine Entschädigung von lediglich 98 US-Dollar erhalten habe. Bisher sei Geld für Landdeals an Politiker*innen sowie traditionelle Machthaber gegangen, so Solomon Sogbandi, AI-Landesdirektor – nicht aber an die tatsächlichen Eigentümer*innen. Wasserproben, die 2019 aus zwei Bohrlöchern in der Gemeinde Koaquima genommen wurden, zeigen zudem zu hohe Nitratwerte.
Bei beiden Proben lag der Wert mehr als doppelt so hoch wie die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die bei 50 Milligramm pro Liter liegt. Für Angst und Stress sorgen offenbar auch die Sprengungen, für die die Anwohner*innen ihre Häuser verlassen müssen. Die dafür eingerichteten Schutzhütten seien aber nicht sicher und viel zu klein. Nur etwa jede*r Zehnte würde überhaupt Platz finden. Besorgniserregend sei auch die schlechte Sicherung des Geländes.
Meya Mining hat laut AI mittlerweile angekündigt, neue Schutzzäune und Räume zu bauen sowie Wasserfilter zu installieren. Aber dies ändere nichts daran, dass „die Gegenden, in denen Diamanten abgebaut werden, ironischerweise oft die ärmsten im Land sind“, so Sogbandi. Entdeckt wurden die Edelsteine dort in den 1930er Jahren. Sie sind Einnahmequelle für die Regierung und haben zugleich zum Bürgerkrieg von 1991 bis 2000 beigetragen. 2017 fand ein Pastor einen 706 Karat schweren Diamanten, einen der schwersten Steine, der je gefunden wurde. Trotzdem bleibt Sierra Leone eines der ärmsten Länder der Welt. Immerhin: Neue Gesetze sollen der Bevölkerung nun helfen und sie in Verhandlungen einbeziehen, damit sie ihre Rechte einfordern können.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Studie Paritätischer Wohlfahrtsverband
Wohnst du noch oder verarmst du schon?
Bundestagswahlkampf der Berliner Grünen
Vorwürfe gegen Parlamentarier
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt