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Tödliche LuftverschmutzungUmweltschutz macht gesund

Susanne Schwarz
Kommentar von Susanne Schwarz

1.200 Minderjährige sterben europaweit jedes Jahr wegen Luftverschmutzung. Autos und Industrie sind die Hauptverursacher der giftigen Gase.

Kind trägt eine Maske zum Schutz gegen schlechte Luftqualität in Bangkok. Thailand, 2019 Foto: Rungroj Yongrit/epa

U mweltschutz ist ein schlecht benanntes Konzept. Es klingt nach einem Projekt für Leute, die sich fürs Gärtnern oder für Frösche begeistern, vielleicht auch für Eisbären. Dabei geht es (auch) darum, unser Leben auf der Erde zu verbessern oder andersherum: die massive Verschlechterung unseres Lebens zu verhindern. Verschmutzung tötet, das zeigt gerade wieder ein Bericht der Europäischen Umweltagentur.

Jedes Jahr sterben demnach mehr als 1.200 Kinder und Jugendliche in Europa, weil die Luft nicht sauber genug ist. Aus Kraftwerken, Industrieanlagen und Autos strömen Schadstoffe wie Feinstaub und Stickoxide. Sie belasten die Atemwege und den Kreislauf. Das begünstigt zahlreiche Krankheiten. Beispiele sind Asthma, Diabetes und verschiedene Krebsleiden, Fehlgeburten und Thrombose.

Es ist auch das, was verhandelt wird, wenn es um den vorgezogenen Kohleausstieg geht, um eine grünere Industrie, um das Aus für fossile Heizungen und Verbrennungsmotoren: unsere Gesundheit. Das gilt erst recht langfristig. Der wichtigste Luftschadstoff ist immer noch Kohlendioxid. Er macht nicht unmittelbar krank, aber löst mit der Erderhitzung eine gigantische Gesundheitskrise aus.

Das zeigt sich derzeit in mehreren asiatischen Ländern, die unter einer extremen Hitzewelle leiden. In Thailand warnten die Behörden zuletzt davor, das Haus zu verlassen – zu gefährlich bei teils deutlich über 40 Grad Celsius. Die gefühlte Temperatur auf der Urlaubsinsel Phuket könne etwas mehr als 54 Grad erreichen, hieß es. Im indischen Navi Mumbai starben bei einer Preisverleihung der Regierung 14 Menschen durch Hitzschlag und Dehydrierung.

Dabei sind diese Länder hohe Temperaturen prinzipiell gewöhnt und gut daran angepasst. In Europa, wo das nicht unbedingt der Fall ist, gilt die zunehmende Extremhitze deshalb auch als besonderes Gesundheitsrisiko. Das zeigen die Daten auch jetzt schon: Im vergangenen Sommer gab es in Deutschland laut Robert-Koch-Institut 4.500 Todesfälle, die auf Hitze zurückzuführen sind.

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Susanne Schwarz
Leiterin wirtschaft+umwelt
Jahrgang 1991, leitet das Ressort Wirtschaft + Umwelt und schreibt dort vor allem über die Klimakrise. Hat ansonsten das Online-Magazin klimareporter° mitgegründet.
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6 Kommentare

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  • um die schlagzeile mal ins verhältnis vergangener luftverschmutzungen zu rücken.



    "In Oberschlesien betrug die Kindersterblichkeit 44 von 1000 Kindern und drei Viertel aller zehnjährigen Kinder brauchten ständige ärztliche Behandlung. In den tschechischen Industriegebieten lag die Lebenserwartung um 4 Jahre unter dem Durchschnitt."



    wer also mal so richtig im dreck wühlen möchte, oder sich in erinnerung bringt wie es mal aussah mit der luftverschmutzung, siehe folgenden link.



    www.oekosystem-erd...verschmutzung.html

    der gemeinte bereich nennt sich auch "verkehr und industrie".



    auto und industrie vergisst ein wenig die binnenschiffahrt, seeschiffahrt, lkw, kleintransporter, motorräder, roller, flugzeuge, eisenbahn und busse.

    in thailand gab es zuletzt vor allen warnungen wegen smog, verursacht durch brandrodungen.

  • bei ca. 446 mio. Einwohnern in Europa ist sind 1200 tote leider eine Zahl die wenig beeindruckt

    • @PartyChampignons:

      Müsstest jetzt schon die Zahl der Kinder in Europa angeben und wieviel an welchen anderen Todesursachen sterben.

      Stimme dir aber insgesamt zu, die 1.200 ist arbiträr und verharmlost vielleicht sogar. Von 456.000 Toten pro Jahr spricht die WHO schließlich insgesamt in Europa, das ist eine ganz andere Hausnummer.

      Natürlich ist es dramatischer, wenn ein Kind "frühzeitig" stirbt, als wenn ein 60 jähriger "frühzeitig" stirbt. Finde das aber ethisch auch ein bisschen problematisch. Sollte Totschlag zB weniger hart bestraft werden, wenn die Opfer älter sind?

  • Diese etwas abstrakten Statistiken (x in y) wirken manchmal auch ein wenig wie aus der Luft gegriffen. Damit will ich die Zahl oder Ermittlung gar nicht anzweifeln, nur mal benennen, wie es sich für diesen Leser anfühlt.



    Dass die erkrankten Kinder nicht die der Bürgermeister*innen sind, und dass an der Max-Brauer-Allee mit Sicherheit die Fälle auftreten, in Nienstedten aber keine, will sagen, dass der Faktor Herkunft/Wohlstand ein wesentlicher ist, darf dieser Kurzkommentar vielleicht noch hinzufügen.



    Hamburg, wie auch andere Städte unterlaufen ja auch seit Jahren vorsätzlich bzw. fahrlässig die Richtlinien für Luftqualität (alles längst in der taz dokumentiert, Jahr ein, Jahr aus).



    Die anfallenden Strafgebühren, und die toten Kinder: the cost of doing business.

  • Ich hab mich in den letzten Jahren kaum noch mit dem Thema beschäftigt und hab daher keine Zahlen zur Hand, aber früher war das Verbrennen von Tabakprodukten die größte Quelle von Luftverschmutzung, und zwar von eigentlich leicht vermeidbarer Luftverschmutzung.



    Was nicht heissen soll, dass die Verschmutzung durch Verkehr und Industrie hingenommen werden müsste.

    • @Eric Manneschmidt:

      wer kennt sie nicht, die hochöfen die mit ernte 23 befeuert wurden, die tankfahrzeue auf flughäfen mit ihren tabakballen auf der ladefläche und damals den keller voller zigarren wegen der ofenheizungen.