Selenski zu Besuch in Polen: Warme Worte und viel Getreide
Der ukrainische Präsident Selenski spricht den Polen seinen Dank aus. Doch er kommt in einem kritischen Moment.
Polens Präsident Andrzej Duda betonte seinerseits die große militärische Hilfe, die Polen leistet – die drittgrößte, nach den USA und Großbritannien: „Aktuell bereiten wir die Übergabe von weiteren vier MIG-29-Kampfflugzeugen vor. Sechs weitere überarbeiten wir zur Zeit.“
Selenski dankte auch den Polen, die ukrainische Geflüchtete mit offenen Armen und großer Herzlichkeit aufgenommen hätten. Den Wiederaufbau der Ukraine nach dem Krieg werde man gemeinsam mit den polnischen Freunden meistern. Er lade die Polen schon heute zur Zusammenarbeit ein.
Schon am Morgen hatte Duda Selenski die höchste polnische Auszeichnung verliehen, den Orden des Weißen Adlers: Für seine Verdienste um die Vertiefung der polnisch-ukrainischen Beziehungen, seinen Einsatz für die Sicherheit sowie für die Verteidigung der Menschenrechte, so Duda.
Unmut in Polen wächst
Selenski kommt in einem kritischen Moment nach Polen. Zwar hat die Regierung Polens schon vor Monaten die meisten Hilfszahlungen an ukrainische Geflüchtete eingestellt, doch immer mehr Polen haben das Gefühl, ihre Hilfsbereitschaft werde ausgenutzt.
Auf dem Land formiert sich Widerstand. Denn die Idee der Europäischen Kommission, das ukrainische Getreide, das normalerweise über die Schwarzmeer-Häfen nach Asien und Afrika exportiert wird, per Bahn durch die EU zu schleusen und dann an ihren Bestimmungsort zu transportieren, war zwar gut, aber nicht zu Ende gedacht. Polens Häfen haben gar nicht die Verladekapazitäten für zusätzliche Millionen Tonnen Getreide aus der Ukraine, die nun zum großen Teil in polnischen Silos liegen und zu einem massiven Preisverfall des polnischen Getreides geführt haben.
Polens Landwirtschaftsminister Henryk Kowalczyk von der nationalpopulistischen Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) trat am Besuchstag Selenskis zurück. Er schiebt die Schuld auf die Europäische Kommission, doch er hat über Monate hinweg nicht mit dem EU-Landwirtschaftskommissar gesprochen, um den Weizentransport aus der Ukraine neu zu regeln.
Bis heute ist auch immer noch nicht ein Getreideterminal entstanden, das die Regierung in der Hafenstadt Gdynia bauen wollte.
Konkurrenz im Wiederaufbau
Als Donald Tusk, Vorsitzender der liberalkonservativen Partei Bürgerkoalition (KO), im Juni 2022 auf das Logistik-Problem aufmerksam machte, warf ihm Premier Mateusz Morawiecki (PiS) vor, sich „im Sinne Putins“ zu äußern.
Immer lauter werden auch die Forderungen, dass Polen und die Ukraine verbindliche Verträge über den Wiederaufbau des Landes nach Kriegsende unterzeichnen sollten. Es könne nicht sein, erklärte der KO-Parlamentarier Pawel Kowal im Radio TokFM, dass Polen der Ukraine während des ganzen Kriegs Waffen und humanitäre Hilfe gebe, nach dem Krieg aber westliche Staaten das große Geschäft mit dem Wiederaufbau machen würden.
Eine Anspielung auf Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck, der nur kurz zuvor in Kyjiw war und aktuelle wie künftige deutsch-ukrainische Investitionen erörterte.
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