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Förderung für HeizungsaustauschWärmewende lauwarm

Das Bundeskabinett hat das Gesetz für den Heizungsaustausch beschlossen. Verbände kritisieren die Förderung als sozial unausgewogen.

Alte Heizungen raus: Die Mi­nis­te­r*in­nen Geywitz und Habeck präsentieren den Gesetzentwurf Foto: Michael Kappeler/dpa

Berlin taz | Das Bundeskabinett hat am Mittwoch das Gebäudeenergiegesetz zum Austausch von fossilen Heizungen für klimafreundliche Lösungen auf den Weg gebracht. Zahlreiche Ausnahmen und ein Förderprogramm für Ei­gen­tü­me­r:in­nen sollen für eine soziale Abfederung der sogenannten Wärmewende sorgen. Das Gesetz soll noch vor der Sommerpause vom Bundestag und vom Bundesrat verabschiedet werden.

„Wir haben Handlungsbedarf“, sagte Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bei der gemeinsamen Vorstellung des Gesetzentwurfs mit Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD). Von den rund 41 Millionen Haushalten in Deutschland heizt fast jeder zweite mit Gas, rund jeder vierte mit Öl – was das Klima stark belastet.

Der Entwurf sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Damit dürfen in neuen Gebäuden keine Gas- und Ölheizungen mehr eingebaut werden. Für Bestandsgebäude sollen längere Übergangszeiten gelten, außerdem sind Ausnahmen etwa in sozialen Härtefällen vorgesehen. Über 80-Jährige sind von der Austauschpflicht ausgenommen. Defekte Heizungen dürfen repariert werden; bei einem Totalschaden können vorübergehend fossile Heizungen eingebaut werden. Spätestens im Jahr 2045 sollen alle Heizungen mit erneuerbaren Energien laufen.

Zuschüsse, Kredite, Steuergutschriften

Die Bundesregierung will den Heizungsaustausch mit Zuschüssen, Krediten und Steuergutschriften fördern. Ursprünglich wollte Habeck die Förderung nach Einkommen staffeln, damit reiche Ei­gen­tü­me­r:in­nen den Heizungsaustausch selbst finanzieren. Damit konnte er sich in der Bundesregierung nicht durchsetzen. „Wir haben uns nicht darauf verständigen können, eine Einkommensprüfung vorzunehmen“, sagte er.

Bür­ge­r:in­nen mit selbstgenutzem Wohneigentum und Klein­ver­mie­te­r:in­nen mit bis zu sechs Wohneinheiten sollen künftig eine Grundförderung von 30 Prozent der Kosten bis zu 60.000 Euro bekommen. Darüber hinaus gibt es unter bestimmten Voraussetzungen sogenannte Klimaboni, mit denen insgesamt bis zu 50 Prozent Förderzuschuss erreicht werden können. Emp­fän­ge­r:in­nen von Transferleistungen wie Wohngeld, Grundsicherung im Alter, Bürgergeld oder Kinderzuschlag können einen Aufschlag von 20 Prozent erhalten.

10 Prozent bekommen Ei­gen­tü­me­r:in­nen, die ihre Heizung austauschen, auch wenn sie etwa aus Altersgründen dazu nicht verpflichtet sind.

Für Haushalte mit geringem Einkommen und ohne Rücklagen werden die Hilfen im Zweifel nicht reichen.

Ulrich Schneider, Der Paritätische

Ebenfalls einen Zuschlag von 10 Prozent bekommen Bürger:innen, wenn sie die Vorgaben übererfüllen. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn Ei­gen­tü­me­r:in­nen nach dem Totalschaden ihrer Gas- oder Ölheizung bereits innerhalb eines Jahres auf eine klimafreundliche Lösung umsatteln, obwohl ihnen das Gesetz dafür drei Jahre Zeit gibt. Finanziert werden soll die Förderung nicht aus dem Bundeshaushalt, sondern aus dem Klima- und Transformationsfonds. „Die Summe ist überschaubar“, sagte Habeck. „Das Geld ist vorhanden.“ Zahlen nannte er nicht. Ergänzend gibt es ein Kreditförderprogramm mit zinsgünstigen Darlehen bis 60.000 Euro.

Bei der Förderung bestehe eine „absolute Technologieoffenheit“, sagte Geywitz. Zuschüsse gibt es also nicht nur für Wärmepumpen, sondern auch zum Beispiel für Solarthermie, Holzpellets oder die umstrittenen sogenannten „H2-Ready“-Gasheizungen, die mit Wasserstoff betrieben werden können.

Für Ver­mie­te­r:in­nen mit vielen Wohnungen sind – wie bislang – steuerliche Abschreibungen möglich. Darüber werde die Bundesregierung noch mit den Ländern sprechen, kündigte Geywitz an. Ziel sei, dass der Heizungsaustausch warmmietenneu­tral erfolge, sagte sie. Wie das gelingen soll, ist aber unklar. Das Gesetz sieht zwar vor, dass Vermieter keine Wärmepumpe in nicht-sanierte Häuser einbauen dürfen, weil das die Energiekosten in die Höhe treibt. Es schützt Mieter aber nicht davor, dass Eigentümer die Investitionskosten auf sie abwälzen. Für solche Fragen sei Justizminister Marco Buschmann (FDP) zuständig.

Auf Kritik seitens des Bundesverbands Neue Energiewirtschaft und der Klima-Allianz Deutschland stößt die Möglichkeit, auch „H2-ready“-Gasheizungen einbauen zu lassen. „Es darf keine Hintertür für neue Gasheizungen geben“, sagte Stefanie Langkamp, Geschäftsleiterin Politik der Klima-Allianz.

Der Geschäftsführer des Wohlfahrtsverbands Der Paritätische, Ulrich Schneider, forderte eine Förderung nach Einkommen und Vermögen. „Positiv an der von der Bundesregierung geplanten Förderung ist, dass soziale Aspekte grundsätzlich berücksichtigt werden“, sagte er. „Doch nach dem ‚Prinzip Gießkanne‘ bekommen auch diejenigen Unterstützung, die sie nicht brauchen, und für Haushalte mit geringem Einkommen und ohne Rücklagen werden die Hilfen im Zweifel nicht reichen.“

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10 Kommentare

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  • Unmachbar, unbezahlbar!

    Grobe Rechnung: In Deutschland werden jährlich ca. 100.000 Häuser (EFH und MFH) gebaut, welche ca. 300.000 Wohnungen haben. (Quelle: Statista)



    Für alle in 2024 geplanten Häuser, welche vorwiegend mit Gas oder Öl geplant wurden (ca. 80%) , muss jetzt die Heizungstechnik komplett neu geplant werden. Es werden größere Heizkörper benötigt, da Wärmepumpen nur mit geringen Vorlauftemperaturen wirtschaftlich sind.



    Die Gemeinden müssen sicher stellen, dass die Kabelquerschnitte in den Baugebieten ausreichend sind, was sie oft nicht sind (und dann noch Millionen E-Auto an Wallboxen?).



    Die Stadtwerke müssen sicherstellen, dass die überhaupt so viel Strom liefern können.



    Es muss außen ein Platz für die Luftwärmepumpe(n) gefunden werden, welche niemandem vom (zwar geringen) Lärmpegel stört.



    Es müssen also mind. 80.000 Wärmepumpen mit garantierter Lieferung bestellt werden. Es benötigt speziell geschultes Personal.



    Es fehlt an der Lieferfähigkeit der Heizkörper und Wärmepumpen.



    Es fehlt an den Kabelquerschnitten und dem notwendigen Strom für diese.



    Es fehlt an Handwerkern.



    Und es fehlt den Käufern/Mietern dieser Objekte auch bald am Geld.

    Im unwahrscheinlich besten falls geht es und alles läuft dann mit Strom aus Braunkohle- und Frackinggas, CO2-Gewinn "0"!

    Ein zwar gut gemeinter, aber völliger Irrsinn, was die Fracking-Grünen da vom Stapel lassen wollen.

  • Wärmewende? Läuft!



    Das klingt doch ganz gut.



    Genau genommen, ist es ein großer Wurf.



    Es ist nun möglich, den Gebäudesektor klimatisch deutlich zu verbessern . Durch die finanziellen Anreize wird das auch nicht lange auf sich warten lassen.



    Da Söder und Konsorten energiepolitisch zurück uns letzte Jahrtausend wollen, werden 1x1 Kundige in der verbleibenden Legislatur aktiv investieren.



    Das kann Job- und Innovationsmotor werden.



    Die Technologie Offenheit, jenseits der Wärmepumpe, z.B durch Pellets, ermöglicht es Menschen eine bezahlbare Wärmequelle einzubauen, ohne vorherige Komplettsanierung des Hauses.



    Da wird Vielen ein Stein vom Herzen fallen.



    Die Gefahr, dass nun Viele in eine H2 ready Gasheizung investieren, halte ich für abwegig.



    Wer kann, wird in Luft Wärmepumpe investieren, wer mehr kann, in Bodenwärmepumpe.



    Nur die Ewiggestrigen nutzen noch die verbleibende Zeit in veraltete Technik zu investieren.

  • 4G
    48798 (Profil gelöscht)

    30% Zuschüsse gibt es auch jetzt schon bei der BAfa, und die reichen nicht.



    (übrigens hat Hr Habeck's Ministerium im August '22 selbst die Fördersätze der Bafa um teilweise 50% gekürzt.



    Scheint wohl doch nicht sooo viel Geld da zu sein.



    Oder es wird jetzt für was anderes benötigt. zB e-fuels für Porsche Fahrer und Hochzeitsprivatflieger.

    Alter Wein in neuen Schläuchen.

  • Das Gesetz ist zudem sinnlos, wenn der Strom durch Gas oder Kohle produziert wird.

  • Irrsinnige Hau Ruck Aktion



    Bei solch wichtigen Infrastrukturen eines Hauses wie der Heizung darf ein neues Gesetz einfach nicht mit nicht einmal 12 Monaten Vorlauf kommen, weil eine entsprechende Umsetzung gar nicht machbar sein wird.



    Es sind weder genug qualifiziertes Personal, wie Heizungen und Zubehör da, um dies so schnell durchzusetzen.

    Auch wenn entschieden und schnell beim Klimawandel gehandelt werden muss, so muss es doch irgendwo auch machbar sein.



    Dieses Gesetz ist nicht real umsetzbar, es kann einfach gar nicht gelingen.

    • 6G
      676746 (Profil gelöscht)
      @Rudi Hamm:

      Verstehe ich nich, warum das nich gelingen soll??



      Es heißt ja nicht, dass ab dem 01. Januar alle Heizungen rausgerissen werden müssen. Bei Bestandsgebäuden gibt es sogar eine längere Übergangsfrist.

      „Der Entwurf sieht vor, dass ab dem 1. Januar 2024 möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden muss. Damit dürfen in neuen Gebäuden keine Gas- und Ölheizungen mehr eingebaut werden. Für Bestandsgebäude sollen längere Übergangszeiten gelten, außerdem sind Ausnahmen etwa in sozialen Härtefällen vorgesehen.“

      • @676746 (Profil gelöscht):

        Frage einfach mal einen Architekten, der ein Haus für 2024 geplant hat mit Gas/Ölheizung , wie viel Vorlauf und Aufwand es ist, diese z.B. auf Wärmepumpe umzuplanen.



        Dann prüfe mal, wo du zur Zeit überhaupt eine große Wärmepumpe und alles Zubehör so bestellen kannst, dass es 2024 Vertraglich garantiert lieferbar ist.



        Oder rufe einfach mal deinen Heizungbetrieb an und frage mal, ob er dieses Jahr noch einen Termin für einen Heizungseinbau hat. Dann wirst du schnell erleben, wo die Probleme liegen.

    • 6G
      677755 (Profil gelöscht)
      @Rudi Hamm:

      Das wissen Sie,das wissen alle Experten,bloß unsere Regierung nicht.Ich glaube das wird noch viel Ärger und Tränen geben.

  • Das Geld ist vorhanden. Sagt Robert Habeck.



    Sie schreiben von 41 Millionen Wohnungen, von denen ca. 30.000. Millionen mit Gas oder Öl geheizt werden. Setze ich noch die europäischen Dämmungswünsche in meine Gleichung und greife mal einen Bedarf von 50.000 proWohnung, dann komme ich auf einen Betrag von anderthalb Billionen (keine billions!) €.



    Die gute Nachricht, das Geld ist gewiss vorhanden. Die schlechte Nachricht, es wird nicht die Reichen treffen, die schon genervt sind, wenn der Konfigurator für das nächste eAuto nicht ruckzug eine sechsstellige Summe anzeigt. Es gibt von ihnen, leider, zu wenige. Aber uns gibt es in Massen. Als Besitzer alter Klitschen oder als Mieter derselben. Es wird uns, auch gefördert, zu hart treffen.



    Und soviel Widerworte seien erlaubt, es gibt weder eine Prognose, was das alles in Zehntelgrad Nichterhitzung ausmachen könnte, wenn überhaupt, und ob das bei unserem massiven Mehrbedarf an Kohle, Gas und weitgehend fragwürdiger Biomasse für mindestens zehn (15?) Jahre überhaupt dem Kohl fett machen kann.



    Von besserwisserischem Aktivistenwiderspruch bitte ich abzusehen.

    • 6G
      676746 (Profil gelöscht)
      @naichweissnicht:

      Bin kein Aktivist. Warum wollen Sie gleich in allen Wohnungen die Heizung rausreißen? Wo steht, dass das passieren muss?







      Die fossilen Energieträger werden auch immer teurer werden. Das wird die reichen auch nicht interessieren. Aber es wird jeden nicht reichen treffen, der noch mit den alten fossilen Energien heizen muss.

      Übrigens kenne ich auch nicht reiche Personen, die ein E-Auto fahren. Nicht jedes E-Auto kostet einen sechstelligen Betrag.