piwik no script img

Nachruf auf Reggaepionier Jah ShakaMit dem Bass durch die Eingeweide

Der Dubreggaeproduzent und Soundsystempionier Jah Shaka ist gestorben. Nachruf auf einen soziokulturellen Basisarbeiter und kreativen Echokämmerer.

Der Magier am Mischpult: Jah Shaka bei einem Auftritt in Malmesbury, England, 2016

Bass als körperliche Erfahrung, ein subsonischer und transzendenter Sound, dessen Drums durch Mark und Bein gehen und Gesangsspuren im Gedächtnis nachhallen. Ein Vermächtnis des britischen Dubreggaeproduzenten Jah Shaka. Die Homepage discogs listet mehr als 70 Alben, die unter seiner Ägide und in Kollaboration mit Kollegen entstanden sind.

Die Anfänge von Jah Shaka liegen weiter zurück in der Soundsystemkultur, die von karibischen Mi­gran­t:In­nen nach Großbritannien getragen wurde. Jah Shaka, der auf Jamaika geboren wurde und 1956 als Teil der „Generation Wind­rush“ nach London ging, gehört zur zweiten Welle der Soundsystems.

So nennt man mobile Diskotheken, die ihre Verstärkeranlage in Wohnungen und später bei Open-Air-Veranstaltungen und Clubs installierten und nach Gusto kalibrierten. Anders als die jamaikanischen Pioniere konnte Jah Shaka auch auf britische Produktionen zurückgreifen, sein Sound war teils spielerischer, wie beim Album „Dub Symphony“.

Sein „Roots“-Soundsystem trat um 1970 in Erscheinung, und clashte sich mit Konkurrenten wie „Sufferer HiFi“ (von Produzent Dennis Bovell). „Es ging ihnen um mehr als nur darum, das Wochenende angenehm zu gestalten“, schreibt der Autor Lloyd Bradley in seiner Kulturgeschichte „Bass Culture“ und hält fest: Dubreggae und Soundsystem-Kultur verwurzelte Migranten wie Jah Shaka tiefer im britischen Alltag und beeinflusste die Popkultur.

„Was wir aus Jamaika mitbringen konnten, waren unsere Erinnerungen“, erklärte Shaka in einem Interview. „Musik hält die Leute zusammen, Familien haben sich bei Soundsystempartys mit anderen befreundet.“ Postpunkbands wie The Slits nahmen als Erste Bezug auf die Klangsignaturen des Dubreggae, zeitgenössische britische Dancefloorstile wie Jungle wären undenkbar ohne die kulturelle Vorarbeit von Jah Shaka.

Sie half aktiv mit, Feindseligkeiten der Mehrheitsgesellschaft und den offenen Rassismus von rechts zurückzudrängen. Am Mittwoch wurde bekannt, dass Jah Shaka im Alter von 75 Jahren in London gestorben ist.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!