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Soziale Abfederung des HeizungsaustauschsAngst vor Überforderung nehmen

Anja Krüger
Kommentar von Anja Krüger

Dass für das Klima fossile Heizungen ausgetauscht werden sollen, ist richtig. Doch das darf nicht auf Kosten derer gehen, die sich das nicht leisten können.

Eine Wohnsiedlung während der Heizperiode: Nicht alle Haus­be­sit­ze­r:in­nen sind wohlhabend Foto: Sven Eckelkamp/imago

D ass Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) den Austausch fossiler Heizungen zugunsten klimafreundlicher Lösungen vorantreibt, ist richtig – auch wenn das ein enormer finanzieller Kraftakt wird. Habecks Vorgänger haben dieses wichtige Projekt verschleppt, weitere Verzögerungen machen den Austausch angesichts der steigenden Preise für Gas teurer, sicher nicht billiger.

Das sollte je­de:r bedenken, der sich schnell noch eine neue fossile Heizung zulegen will. Und das werden nicht wenige sein, weil sie die hohen Kosten für eine klimafreundliche Heizung nicht nur generell scheuen, sondern das Geld dafür einfach nicht haben.

Die Bundesregierung muss schnell ein Förderprogramm auf den Weg bringen, das den Menschen die Angst vor finanzieller Überforderung nimmt. Dass Habeck und Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) die Vorgaben für den Heizungsaustausch und die geplante Förderung nicht parallel entwickelt und vorgelegt haben, war ein großer Fehler. Die Folge ist, dass dieses wichtige Modernisierungsprojekt jetzt überwiegend als Bedrohung empfunden wird – auch von Mieter:innen. Denn die Kosten für neue Heizungen werden auf sie umgelegt.

Hinweise auf reiche Villen­be­sitze­r:in­nen, die sich den Heizungsaustausch locker leisten können, dürfen nicht den Blick auf diejenigen verstellen, bei denen das eben nicht der Fall ist. Viele Millionen Menschen, die im eigenen Haus leben, werden die finanziellen Belastungen nicht stemmen können, zeigt eine aktuelle Studie.

Nicht alle Haus­be­sit­ze­r:in­nen sind wohlhabend, auch Ei­gen­tü­me­r:in­nen von Wohnungen nicht. Seit Jahrzehnten fordert die Politik die Bür­ge­r:in­nen auf, als Altersvorsorge eine Immobilie zu erwerben. Viele haben sich ihr Häuschen oder ihre Wohnung vom Munde abgespart und genau kalkuliert, was sie brauchen, um eine neue Heizung oder vielleicht ein neues Dach zu finanzieren. Die Politik ändert jetzt die Geschäftsgrundlage, indem sie neue Bedingungen schafft. Das darf nicht auf Kosten derer gehen, die sich das nicht leisten können.

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Anja Krüger
Wirtschaftsredakteurin
Buchveröffentlichungen: „Die verlogene Politik. Macht um jeden Preis“ (Knaur Taschenbuch Verlag, 2010), „Die Angstmacher. Wie uns die Versicherungswirtschaft abzockt“ (Lübbe Ehrenwirth, 2012).
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7 Kommentare

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  • Wärmepumpen sind nicht gerade geäuscharm, denn sie rauschen ziemlich laut. Da werden manche überrascht sein. Ich finde das gehört zum Thema dazu und sollte nicht ignoriert werden.

  • Wobei natürlich die Frage bleibt, was an einer letztlich mit Braunkohlestrom betriebenen Wärmepumpe umweltfreundlich sein soll...

  • 0G
    05867 (Profil gelöscht)

    Die notwendige Wärmewende wurde von allen Parteien bisher verschlafen oder blockiert.



    Dänemark hat damit vor 40 Jahren begonnen und konnte daher die Umstellung auf Nahwärmenetze mit regenerativen Energien sozialverträglich gestalten.



    In Deutschland war das Wort "Wärmewende" bislang ein Fremdwort.



    Hr Altmeier und Hr Gabriel haben die notwendigen Anpassungen verhindert, auch Hr Habeck hat diesbezüglich während seiner Amtszeit in SH keine gute Figur gemacht.

    Jetzt soll es dann plötzlich ganz schnell gehen, und die Hausbesitzer werden damit ziemlich alleingelassen.



    Das ist alles andere als sozialverträglich.

  • Ich darf mich @Philippo1000 anschliessen, vielen Dank für den Kommentar.



    Ich fand auch den Hinweis auf die Verschleppung des Themas durch Habecks Vorgänger sehr wichtig.



    Denn es war ja noch die CDU/CSU- geführte Vorgängerregierung unter Merkel, die das Klimaschutzgesetz mit dem Ziel "Deutschland 2045 klimaneutral" festgeschrieben hat.



    Und diese gesetzliche Festlegung "klimaneutral 2045" bedeutet eben, dass bis zu diesem Zeitpunkt eben Alles, was auf fossiler Verbrennung beruht, abgeschaltet sein muss.



    Und da Heizungen im Schnitt 30 Jahre lang halten, hätte aufgrund des eigenen Gesetzes die Vorgängerregierung schon im Jahr 2015 sagen müssen, dass die fossilen Heizungen raus müssen.

    In meinen Augen ist es also ziemlich unfair, wenn man jetzt die Grünen für die verspätete Umsetzung eines von der Vorgängerregierung eingeführten Gesetzes verantwortlich macht. Als besonders unfair halte ich das Verhalten der SPD, die ja an diesem Gesetz mitgewirkt hatte, und nun auf einmal so tut, als wüsste man von nichts.

  • 3G
    31841 (Profil gelöscht)

    Wenn eine staatliche Unterstützung gerade reicht, um mit eigenen Mitteln eine Heizung zu finanzieren, fehlt das Geld an anderer Stelle. Aber gerade dafür mussten und wollten die Bürger sparen bzw. vorsorgen. Wer hilft ihnen da? Es gibt schon jetzt einen sozialökonomischen Dominoeffekt, der mit dem Heizungsfinanzierungszwang weiteren Schwung bekommen und noch ziemlich viele weitere Steine zum Kippen bringen wird.

    • @31841 (Profil gelöscht):

      "Wenn eine staatliche Unterstützung gerade reicht, um mit eigenen Mitteln eine Heizung zu finanzieren, fehlt das Geld an anderer Stelle. Aber gerade dafür mussten und wollten die Bürger sparen bzw. vorsorgen. Wer hilft ihnen da?"

      Niemand. Weil das nicht die Aufgabe des Staates sein kann. Er hat lediglich die Aufgabe wirtschaftliche Bedingungen zu schaffen, wo Hausbesitzer weitestgehend die Möglichkeit haben Kreditraten zu begleichen und finanzielle Rücklagen für Instandsetzungen zu bilden.



      Und genau an diesem Ast sägt man aktuell fleissig herum. Wer fordert das ein Eigenheim eine gute Altersvorsorge ist kann nicht zeitgleich dank Grundsteuer-Reform, Moderniersierungs-Gesetzgebung und anderen direkten und indirekten Steuererhöhungen genau diese Absicherungen de Facto abschaffen.

      Was aktuell passiert ist eine geplantelangfristige grossflächige Enteignung, das muss man sich vor Augen führen. Da geht es nicht mehr um einzelne Hauseigentümer, die auf Grund ihrer finanziellen Lage nie einen Bankdkredit hätten bekommen dürfen. Da gehts um Hauseigentümer, die bisher finanziell gut gewirtschaftet hatten und jetzt die Anforderungen finanziell nicht mehr stemmen können, ohne sich zu Verschulden oder andere Finanzposten radikal kürzen zu müssen. Hier wird durch die Gesetzgebung ein Schlaraffenland für Wohnungsgesellschaften und Konzerne geschaffen, wo in ein paar Jahren die massenhaft aus der Not heraus verkauften Wohnungen und Häuser nur noch eingesammelt werden müssen.

  • Ein sehr zutreffender Artikel!



    Schön auch, dass Ministerin Geywitz in diesem Artikel genannt wird. In der bisherigen Berichterstattung schien Herr Habeck bei drm Thema ja allein zuständig zu sein.



    Dass beim Thema Bauen auch die Bundesbauministerin mal erwähnt wird , läßt hoffen.



    Vielleicht werden in Zukunft auch mal wieder mehr Frauen in der Politik nach Ihrer Meinung gefragt.