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Osman wird tiefer gelegtDer Kopftuch-Trick

Die Frau mit dem Kopftuch musste sich mal wieder am Schalter demütigen lassen. Also half ich ihr – und lernte viel dabei.

Bundestags-Besucher*innen mit Kopftuch. Aber was sagt das schon? Foto: dpa | Sonja Wurtscheid

M ein Sohn Mehmet hat in nächtelanger Schwerstarbeit unseren Ford Transit ein ganzes Stück tiefer gesetzt, obwohl der arme Wagen ohnehin am Boden liegt, wenn wir alle einsteigen.

„Vater, ich war für diesen Geniestreich zuständig und du musst den bürokratischen Kram erledigen“, prahlt er stolz und schickt mich zur Zulassungsstelle, um diese völlig unnötige Tieferlegung eintragen zu lassen.

Ich ziehe im großen Saal eine Nummer vom Automaten und setze mich hin.

Plötzlich höre ich wie ein Beamter brüllt:

„Hier nix Sozialamt! Du gehen erst Gebühr zahlen! Gebühr! Geld! Para, para!“

Zum Glück bin diesmal nicht ich gemeint.

Die Frau, die auf keinen Fall die Zulassungsstelle mit dem Sozialamt verwechseln soll, steht unsicher vor dem Schalter, zupft verschämt an ihrem Kopftuch rum und bringt kein Wort heraus.

Das verleitet den Schalterbeamten dazu, noch einen grandiosen Witz gleich hinterherzuschieben.

„Hier nix Aldi!“, und fuchtelt mit einer Aldi-Tüte rum, die er wohl für solche Fälle vorsichtshalber bei sich deponiert hat.

Sofort biete ich der Dame meine Hilfe an. Der Satz „hier nix Aldi“ schweißt ungemein zusammen.

Hier nix Sozialamt! Du gehen erst Gebühr zahlen! Gebühr! Geld! Para, para!

Sie drückt mir ihre Unterlagen in die Hand und lässt sich erschöpft auf meinen Stuhl fallen.

Ich spurte sofort los und knapp eine halbe Stunde später bin ich wieder zurück.

„Hier, gnädige Frau, alles erledigt! Und keine Sorge, niemand hat mir eine Aldi-Tüte über den Kopf gezogen. Mir gegenüber waren die Brüder richtig freundlich“, lächele ich.

„Freundlich? Das wüsste ich aber! Nur weil ich aufm Kopf ein paar Lockenwickler trage, werde ich von diesen Idioten ständig schikaniert“, jammert sie.

„Sie sind vielleicht lustig! Das nennt man nicht Lockenwickler. Das heißt Kopftuch.“

„Mit dem Kopftuch will ich doch nur was verstecken“, meint die Frau grundehrlich.

„Genau wie meine Frau. Sie will mit dem Kopftuch auch nur ihre weißen Haare verstecken“, tröste ich sie.

„Sind Sie verrückt?! Ich habe doch keine weißen Haare. Mein Problem ist, dass mein Mann mich immer im ungünstigsten Moment zur Zulassungsstelle schickt, um einen seiner bescheuerten Wagen umzumelden. Wir haben ein kleines Autohaus, wissen Sie?“, stöhnt sie.

„Ach, Sie sind gar keine Türkin?“, frage ich ziemlich überrascht.

„Natürlich nicht. Aber wenn ich das Kopftuch auf habe, hält mich jeder für eine Türkin. Ich kann doch nicht auf der Straße mit einem Dutzend Lockenwicklern aufm Kopf rumlaufen. Also binde ich mir schnell ein Tuch um die Haare. Aber dann werde ich von den Idioten hier jedes Mal total blöd angemacht, von wegen ‚hier nix Sozialamt, hier nix Aldi!‘“

„Gnädige Frau, gehen Sie doch lieber ab und zu mal zum Frisör und lassen Sie sich eine Dauerwelle verpassen. Glauben Sie mir, der nervigste dauerlabernde Barbier ist bei weitem nicht so schlimm, wie ein blöder Rassist!“

„Ist schon okay so“, lächelt sie zufrieden. „Es hat auch seine Vorteile. Bisher hat mir jedes Mal sofort irgendein Türke geholfen und die nervige Laufarbeit erledigt!“

In einer früheren Fassung dieses Textes war irrtümlich vom TÜV statt von der Zulassungsstelle die Rede. Wir haben den Fehler korrigiert und weisen bei der Gelegenheit noch einmal darauf hin, dass es sich um eine satirische Kolumne handelt.

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26 Kommentare

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  • Lieber Herr Engin, ich darf Ihnen aus eigener Erfahrung als leitender Redakteur sagen, dass solche Close-to-home-Satiren leicht nach hinten losgehen können und innerhalb von zwei bis drei Wochen durch ein noch schrägeres Erlebnis aus dem eigenen Erleben überboten werden.

  • Mäßig bis gar nicht lustig.

  • Der Fake des Jahres...der TÜV beschäftigt keine Beamten. Seit sie Konkurrenz haben sind auch die TÜV Prüfer die Freundlichkeit in Person.

  • G'schichten ausm Paulanergarten.

  • Und dann sind die übrigen Leute aufgestanden und haben applaudiert.

  • Tja, im Land of the Free würde so etwas nicht passieren. Da stehen Frauen zu ihren Lockenwicklern, immer und überall. Ob auf dem Campingplatz, im McDonalds oder in der Shopping Mall. Ich erinnere lebhaft eine Mitvierzigerin, die im Rushmore Einkaufszentrum in Rapid City, ND mit dutzenden Spiralen in allen Farben rund um den Kopf in Scheels Outdoor Shop einlief. Zielstrebig steuerte die Gute die Ecke mit den Feuerwaffen an. Während die Mittel im Haar in dasselbe einwirken konnten, vertrieb sich die Gute die Zeit mit simulierten Zielübungen mit diversen Pistolen und Gewehren. Fanden alle ganz normal. Feminism western style.

    • @Phandersaa:

      Rapid City is aba SD

    • @Phandersaa:

      Klar - was der Guten die Haarwickler!



      War über Kimme&Korn einst dem BWler das Haarnetz! Woll

      unterm—-Pastorius & La Tuffa - 'gsuffa



      de.wikipedia.org/wiki/Haarnetz-Erlass



      “Helmut Schmidt erhielt für den Haarnetz-Erlass 1972 den Orden wider den tierischen Ernst.“



      Genau Genau le feldwebel - Lasset - 🙀🥳



      & bildhaft - es fehlt die Aldi-Tüte -



      assets.jungefreihe...7.13.26-scaled.jpg

      kurz - Y - das Ende von GERMANY - wa!

  • Ja wie? Das hat Tradition - Herr Autor! Woll

    “„Es hat auch seine Vorteile. Bisher hat mir jedes Mal sofort irgendein Türke geholfen und die nervige Laufarbeit erledigt!“

    Aus dem Skat gut abgehangen - short cut



    Eheanbahnung türkisch via DEV-SOL - die türkische RAF => Gerichtssaal ohne Außenmauern. Zeuge under cover schon eingebracht! & Däh. Mein Fußballfreund von der Pforte: “Hömma. Die Klägerin ist jetzt da. Aber komisch. Da ist ein elegant gekleideter Türke dabei. Will mit rein. Ich glaub - die kennt den gar nicht!“



    Der Personenschützer auf der hinteren Bank “Wie heißt der?“ “……“ - klappt den IBM-Koffer auf: “Gegen den liegt nichts vor!“



    Sie prustend im Saal:“ Ja - ich weiß auch nicht! Er wäre öfter am Gericht! Kenne sich aus! Und wollte mir behilflich sein!“ - 🙀🥳 - (Asyl erledigt;) -



    Ach was. ©️ Loriot

    • @Lowandorder:

      von dem was du nimmst möchte ich lieber nichts abhaben

      • @Hans Moser:

        Ja - nix für Hosenscheißer! Woll.

  • Wirkt etwas konstruiert - aber da es, wie ich gegoogelt habe, noch neue Ford Transits zu konfigurieren gibt gibt es womöglich auch noch Lockenwickler.

    ... zwischenzeitlich ist der Kommentar von @Barrio da und ich denke jetzt ebenfalls : jep - Satire!

  • Wer nicht sofort nach Lektüre des ersten Absatzes gemerkt hat, dass es sich um eine Satire handelt, sollte mal seine Vorurteile hinterfragen.

  • 9G
    95820 (Profil gelöscht)

    Die Kommentare hätte ich nicht lesen sollen. Jetzt weiß ich gar nicht mehr, ob ich lachen darf…

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Lachen, dürfen, können, müssen, wollen,



      AUGENARZT !!!

    • @95820 (Profil gelöscht):

      Die Kolumne von Osman Engin wird immer toller,



      Die Kommentare teils immer "doller"...(duller?)

      • 9G
        95820 (Profil gelöscht)
        @Willi Müller alias Jupp Schmitz:

        Gute Kommentare



        sind leider Mangelware.



        Sie - also Sie - heben das Niveau.



        Jetzt bin ich wieder froh.

  • TÜV Beamte und Wartemarke ziehen? Wo denn das?

  • Genau DAS habe ich während ich den Artikel gelesen habe, auch gedacht. War mir aber auch unsicher, ob es sich um einen verspäteten 1. April-Scherz handelt. However hat Herr Engin seinem Anliegen hier einen Bärendienst erwiesen. Was sollte damit erreicht werden ?



    Der ganze Bericht ist unglaubwürdig, total überzogen und albern.

    • @s. weingasi:

      Sie halten das für einen "Bericht"?

  • Ist dieser Hau- Ruck- Rassismus immer noch Standard im Alltag oder nicht eher durch subtilere Verhaltensweisen ersetzt?

  • Ist klar. Jedes Mal hat die "gnädige Frau" gerade Lockenwickler im Haar. Jedes Mal wird sie als mutmaßliche Stammkundin, die dennoch keine Ahnung von den Gepflogenheiten bezüglich der Erbringung von Gebühren hat, direkt angemacht und mit "...nix Sozialamt", "...nix Aldi" begrüßt. Jedes Mal ist sie total down und sprachlos. Und jedes Mal hilft ihr deswegen ein x-beliebiger fremder extürkischer Deutscher ohne jegliche schriftliche Befugnis. Aber Moment. Seit wann meldet man beim TÜV KFZ um und seit wann arbeiten dort Beamte? Mit Verlaub werter Herr. Meiner Auffassung nach sollten sie lieber Drehbücher für den Tatort oder eine andere Euro-Trash-Produktion ohne Tiefgang und Anspruch am realitätsnahen Mitdenken durch konkrete Lebenserfahrungen schreiben.



    Wenn das Menschenwürde verachtende, Kunden vergraulende Verhalten so oft vorgekommen ist, wie geschildert suggeriert, sollte der TÜVer lange aufgeflogen und gefeuert worden sein. Ok, es ist ja ein Beamter, der (laut TAZ) beim TÜV arbeitet und regelmäßig eine dafür vorsätzlich deponierte Werbefoltertüte auf Kopftuch tragende Mitbürger richtet. Die Person sollte natürlich auch lange abgemahnt oder versetzt worden sein.



    Ich kann nur mit besten Absichten dazu raten, den Lesebeitrag noch einmal in eine (glaub-)würdigere Form zu geben, inhaltliche Fehler zu korrigieren und Vermutungen als solche zu kennzeichnen oder inklusive dem ausschmückenden Selbstlob als Verpackung ganz wegzulassen. Wenn so etwas in einer Behörde passsiert, muss man es auch dort an geeigneter Stelle sachlich zur Sprache bringen. So, in der Form, wird das in meinen Augen "nix".



    Falls ich aus Versehen in der Satire-Kolumne oder im Bus an der Endhaltestelle Polemikstraße eingeschlafen bin, bitte ich um Entschuldigung.

    • @Hoagie:

      Ich glaube, mit Ihrer Annahme im letzten Satz liegen Sie schon richtig-

    • @Hoagie:

      Sehr guter Kommentar



      Ich finde ja besonders schlimm dass die gnädige Frau sich einfach ein Kopftuch aufsetzt um dann sogenannte Türken ihre Arbeit machen zu lassen das ist der Rassismus in dieser geschichte

    • @Hoagie:

      Wirkt auf mich auch etwas ausgedacht, diese Story. Schon weil sie wie eine sehr lange Version eines alten Witzes klingt.



      Und natürlich haben weder der Mitarbeiter noch der Autor erkannt, dass die Dame keine Türkin ist.



      So ein Unfug. Gibt doch genug echte Storys?