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Zitat: Auch bei der Einschätzung der chinesischen „Friedensinitiative“ zum Ukraine-Krieg nahmen beide unterschiedliche Haltungen ein.
Na sowas. Das kam zuerst in den Nachrichten, dass Xi und Macron gemeinsam auf die chinesische Erklärung hinwiesen, dass man nun etwas draus machen müsste, also z.B. es mit neuen Verhandlungen zu ersuchen sollte.
IMHO will China, dass der Ukrainekrieg endet, bevor Xi sein Taiwan-Abenteuer wagt. Chinas Bewaffnung mit zwei Flugzeugträgern reicht dafür aus, einer für den Angriff und einer als Repräsentationsstück in Reserve. China bräuchte auch russische Hyperschallraketen, dazu müsste der russische Bedarf dafür auf Null runter.
Macron macht eigentlich keine schlechtere Politik gegenüber der Ukraine als Scholz gegenüber der Ukraine machte: Hilfen nur zögerlich, Stichwort Helmchenspiel und Pipelinepolitik. Macron geht es jetzt aber nun um mit China bestehende wichtige Wirtschaftsverflechtungen, wie sie China eigentlich mit der ganzen Welt hat. Scholz hatte Bammel, der Ukraine beizustehen wegen unserer Abhängigkeit von russischem Gas, Macron hat nun Bammel wegen "der Werkbank der Welt" China, die eben auch französischen Unternehmen zuarbeitet. Das wird sich wie bei Scholz wieder einrenken in Richtung Ukraine, aber zunächst einmal wirkt Macrons Verhalten gegenüber China befremdlich. Ist aber 1:1 so wie das von Scholz Anfang des Ukrainekrieges gegenüber Russland.
An sich ist die Prämie eine gute Idee. Doch das eigentliche Problem ist der geringe Lohnabstand – ein höherer Mindestlohn könnte kurzfristig helfen.
Verfehlte Ziele Europas in Peking: Naiv und überheblich
Macron hätte, zusammen mit Ursula von der Leyen, Druck auf Xi Jinping ausüben müssen, damit der auf Putin einwirkt. Doch sein Ego stand ihm im Weg.
Xi Jinping und Emmanuel Macron auf der Residenz des Gouverneurs der Provinz Guandong
Es hat nicht viel gebraucht, um Emmanuel Macrons Ego zu überlisten: Sichtbar stolz marschierte Frankreichs Präsident am Donnerstag auf dem roten Teppich in die Große Halle des Volkes, am Freitag badete er wie ein Rockstar im Jubel der Studenten bei einem Universitätstermin. Und sichtlich geschmeichelt sagte er schließlich einem Reporter: Dass Xi Jinping höchstpersönlich so viel Zeit für den Besuch aufbringe, zeige, dass „Frankreich kein Land wie jedes andere“ sei.
Vieles an seinem Besuch ging nach hinten los. Macron war schließlich nach Peking gereist, um gemeinsam mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Einigkeit zu demonstrieren: Europa werde sich nicht auseinanderdividieren lassen, sondern mit geeinter Stimme seine Interessen in China vertreten.
Wie diese lauten, hat von der Leyen kürzlich bei ihrer Grundsatzrede dargelegt: Die CDU-Politikerin schilderte in unmissverständlichen Worten, wie sich die Volksrepublik unter Xi Jinping verändert hat und dass es daher einer Neuausrichtung der Beziehungen bedarf. Dafür erhielt sie auch unter Wirtschaftsvertretern in Peking Beifall.
Doch was in der chinesischen Hauptstadt schließlich passierte, schien die eigene Zielsetzung zu unterlaufen: Beide Spitzenpolitiker sandten höchst unterschiedliche Signale aus. Von der Leyen forderte Risikominderung vom chinesischen Markt, Macron kam mit rund 60 Unternehmensvorständen im Schlepptau. Sie sprach von der sich verschlechternden Menschenrechtssituation in China, er klammerte das Thema aus. Auch bei der Einschätzung der chinesischen „Friedensinitiative“ zum Ukraine-Krieg nahmen beide unterschiedliche Haltungen ein.
Nutznießer der scheinbaren Uneinigkeit ist vor allem die chinesische Regierung, die eine gemeinsame Linie der EU verhindern will. Sie trieb den Dissens der Besucher sogar noch proaktiv voran.
Angesichts der freundlichen Worte von Macron waren die letzten Tage tatsächlich ein Erfolg für Peking. Aus europäischer Sicht hingegen fällt die Bilanz enttäuschend aus – vor allem weil von der Leyen und Macron ohne Resultate beim Thema Ukraine-Krieg heimkehren werden. Chinas Staatschef ließ keinerlei Änderung an der eigenen Haltung erkennen: Putin kritisierte er erneut mit keiner einzigen Silbe, und Russland wurde in der offiziellen Stellungnahme nicht einmal erwähnt. Und mit Selenski will Xi erst telefonieren, „wenn die Zeit reif ist“.
Dabei sagte Macron zuvor in jovialem Ton zu seinem Gastgeber: „Ich kann auf Sie zählen, dass Sie Russland zur Vernunft bringen“. Wie naiv und überheblich das war, hätte der Franzose bereits im Vorhinein wissen müssen. Doch ganz offensichtlich stand sein Ego ihm im Weg.
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Schwerpunkt Emmanuel Macron
Kommentar von
Fabian Kretschmer
Korrespondent in Südkorea
Seit 2024 Korrespondent für die koreanische Halbinsel und China mit Sitz in Seoul. Berichtete zuvor fünf Jahre lang von Peking aus. Seit 2014 als freier Journalist in Ostasien tätig. 2015 folgte die erste Buchveröffentlichung "So etwas wie Glück" (erschienen im Rowohlt Verlag), das die Fluchtgeschichte der Nordkoreanerin Choi Yeong Ok nacherzählt. Betreibt nebenbei den Podcast "Beijing Briefing". Geboren in Berlin, Studium in Wien, Shanghai und Seoul.
Themen
Journalismus im Angriffskrieg – taz Talk