Bürgerschaftswahl in Bremen: Eine Alternative zu viel
Am Donnerstag tagte der Bremer Wahlausschuss in einer Sondersitzung. Es sieht so aus, als würde die AfD nicht zur Bürgerschaftswahl im Mai zugelassen.
Beide behaupten von sich, den einzig wahren AfD-Landesvorstand zu stellen und deshalb einzig befugt zu sein, eine Kandidat:innen-Liste für die Bremische Bürgerschaftswahl am 14. Mai einreichen zu dürfen. Nach dem Wahlgesetz darf eine Partei aber nur eine Liste einreichen und kann sogar von der Wahl ausgeschlossen werden, wenn sie doppelt auftritt, wie die Wahlbereichsleiterin Carola Janssen zu Sitzungsbeginn erklärte. Beide Lager hatten eine Frist Anfang dieser Woche verstreichen lassen, bis zu der sie sich auf eine Liste hätten einigen können.
Dazu sind sie aber viel zu zerstritten – und das bereits seit Jahren, weshalb es kurz nach der vergangenen Wahl im Mai 2019 schon keine Fraktion mehr in der Bremischen Bürgerschaft gab, sondern zwei verfeindete Gruppen: eine um den damaligen Spitzenkandidaten Frank Magnitz, der derzeit einem „Notvorstand“ angehört, der den am 8. Mai 2022 gewählten Landesvorstand nicht akzeptiert.
Für den Notvorstand sprach am Donnerstag dessen Vorsitzender Heiner Löhmann, für den Landesvorstand dessen Vizevorsitzender Sergej Minich, weil es keinen Vorsitzenden gibt. Jedenfalls saß Minich mit am Tisch, durfte aber nichts sagen, weil das der AfD-Bundestagsabgeordnete Frank Jacobi als „Vertrauensmann“ des AfD-Landesvorstandes übernahm. Als Minich einmal das Wort ergriff, beugte sich der sehr viel breitere und größere Jacobi zu ihm, woraufhin Minich sagte: „Okay, dann halte ich mich da raus.“
Heillos zerstritten
Nun ging es in der Sitzung jedoch gar nicht um die Entscheidung, ob die AfD ausgeschlossen wird. Zusammengekommen war der Wahlausschuss, weil Minich sich über die Aufforderung der Wahlbereichsleiterin beschwert hatte, eine Erklärung zu von ihr monierten Mängeln bei der Listenaufstellung abzugeben. Dazu waren beide Vorstände aufgefordert worden und sie hatten es nicht getan.
Wahlbereichsleiterin Janssen teilte zu Beginn der Sitzung mit, dass nach ihrer Auffassung zwei Vorschläge aus einer Partei vorliegen – weshalb sie ganz von der Wahl ausgeschlossen würde und eine Mängelprüfung nicht notwendig sei. „Über die parteiinternen Unklarheiten können wir hier nicht entscheiden.“
An dieser Stelle wird es knifflig. Denn parteiintern ist die Sache eigentlich entschieden: So haben sowohl das Landes- als auch das Bundesschiedsgericht der AfD den Notvorstand für vertretungsberechtigt erklärt. Deshalb vertrat das Ausschussmitglied Wilko Zicht die Auffassung, dass nur der Wahlvorschlag des Notvorstandes akzeptiert werden müsse.
Er glaube aber nicht, so Zicht, dass dieser einer Mängelprüfung standhalten werde, weil der Notvorstand nur mit einer Anzeige in der Lokalzeitung zur Listenwahl eingeladen hatte. „Das ging nicht anders“, sagte Heiner Löhmann vom Notvorstand. „Wir hatten ja keinen Zugang zu den Mitgliederadressen.“
Der Bundesvorstand der AfD, der trotz des Bundesschiedsgerichtsbeschlusses den Notvorstand nicht anerkennt und dessen Gegner unterstützt, will nun nach Jacobis Aussage Löhmann und Magnitz aus der Partei ausschließen und ihnen untersagen, den Namen AfD zu verwenden.
Entscheidung steht noch aus
Zudem versucht er offenbar vor Gericht gegen den Beschluss des Schiedsgerichts vorzugehen. Auch der Notvorstand hat schon die Bremer Gerichte beschäftigt: Im Januar hatte das Landgericht seinen Antrag auf eine einstweilige Verfügung zurückgewiesen. Diese sollte den Landesvorstand davon abhalten, auf einer Versammlung über Kandidat:innen abzustimmen.
Am Freitag nächster Woche tritt der Wahlbereichsausschuss wieder zusammen. Dann muss er darüber entscheiden, ob die AfD bei der Bürgerschaftswahl dabei sein wird. „So wie es sich jetzt darstellt, sehe ich das nicht“, sagte der Wahlrechtsexperte und ehemalige grüne Bürgerschaftsabgeordnete Wilko Zicht der taz.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um Termin für Bundestagswahl
Vor März wird das nichts
Bewertung aus dem Bundesinnenministerium
Auch Hamas-Dreiecke nun verboten
SPD nach Ampel-Aus
It’s soziale Sicherheit, stupid
Wirbel um Berichterstattung in Amsterdam
Medien zeigen falsches Hetz-Video
Energiepläne der Union
Der die Windräder abbauen will
Einigung zwischen Union und SPD
Vorgezogene Neuwahlen am 23. Februar