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Klimastreik kurz vor der Berlin-WahlEnttäuscht von den Regierenden

Tausende demonstrieren für ein Klimaneutrales Berlin. Die Grünen seien wie Bananen, früher grün, heute gelb und morgen schwarz, heißt es.

Auch das Rathaus ist vor Hitze schon ganz rot: Klimaprotest am Freitag in Berlin Foto: dpa

Berlin taz | In zwei Tagen ist es soweit, Berlin wählt und das erneut. Anlass genug für die Ak­ti­vis­t*in­nen von Fridays for Future zu einer Kundgebung vor dem Roten Rathaus aufzurufen. Unter dem Motto „Berlin will Klima“, versammelten sich am Freitag laut Schätzungen der Veranstalter rund 5.000 Menschen um gemeinsam für ein Klimaneutrales Berlin zu kämpfen. Die Polizei sprach von „über tausend Demonstranten.“

Die Forderungen der Ak­ti­vis­t*in­nen sind klar formuliert. Auf zahlreichen Bannern und Plakaten sind die Parolen zu lesen: „Ein Klimaneutrales Berlin bis 2030“, „eine Radikale Mobilitätswende“ und „eine Investitionsoffensive in energetische Sanierungen“.

Pit Terjung, einer der Sprecher von Fridays for Future Berlin, erklärt: „Wir brauchen eine Zeitenwende, insbesondere im Verkehr. Weg von der autogerechten, hin zur menschen- und klimagerechten Stadt.“ Dies sei nur möglich „wenn wir den ÖPNV und nicht die A 100 ausbauen“.

Eine Meinung, die auch der/die 21-jährige Stu­den­t*in Marieke Böck teilt. Er/sie hält ein Schild in die Luft mit der Aufschrift, „die Grünen sind wie Bananen, früher Grün, heute Gelb und morgen Schwarz“. Man sei enttäuscht darüber, dass unter einer rot-grün-roten Landesregierung „ernsthaft darüber nachgedacht wird, eine weitere Autobahn zu bauen anstelle von Radwege.

Nach einer Zwischenkundgebung am Berliner Abgeordnetenhaus zieht der Zug zurück zum Roten Rathaus. Dort werden mehrere Redebeiträge von Initiativen wie Deutsche Wohnen und Co. Enteignen, Queer durch Berlin, Klimaneustart und Debt4Climate gehalten. Es gibt auch kleine Musikbeiträge von Künstlern wie Henning May oder der Band Systemabsturz. Auch eine Schweigeminute wird abgehalten für die Opfer des Erdbeben in der Türkei und Syrien.

Nicht alle können mitbestimmen

Viel los beim Klimastreik Foto: dpa

Von einer kleinen Bühne aus, nur wenige Meter vom Amtssitz der amtierenden Bürgermeisterin Franziska Giffey entfernt, ruft die 15-jährige Aktivistin Lena entschlossen ins Mikrofon: „Man hat in den letzten Jahren ganz klar gesehen, dass der Klimaschutz für das Berliner Abgeordnetenhaus keine Priorität hat. Das muss geändert werden!“ Eine Forderung, die die größtenteils aus Schü­le­r*in­nen bestehende Kund­ge­bung mit Beifall beklatscht.

Die Chance, die Mehrheitsverhältnisse im Abgeordnetenhaus zu beeinflussen haben aber nicht alle Berliner*innen. Im Unterschied zu den Bezirksverordnetenwahlen, die ebenfalls am Sonntag stattfinden, und bei der ein Wahlrecht ab 16 Jahre gilt, dürfen zur Wahl des Abgeordnetenhauses nur Personen ab 18 Jahren ihr Votum abgeben.

Um aber auch diesen Menschen eine Stimme zu geben, verteilten die Ord­ne­r*in­nen an alle Minderjährigen grüne Karten mit der Aufschrift, „Ich habe zwar keine Stimme, aber dafür bin ich umso lauter“. Die Karten werden aus Protest in die Luft gehalten. Das Resultat ist ein Meer an Grünen Karten über den Köpfen der Aktivist*innen.

Die 16-jährige Schülerin Carla Pubnat ist eine davon. Sie sei sehr enttäuscht von den in Berlin regierenden Parteien, sagt sie. Sie sei für ein generelles Wahlrecht ab 16 Jahren. Aber das mache nur Sinn, wenn in den Schulen mehr politische Bildung betrieben werde, um Schü­le­r*in­nen vor Populisten zu schützen.

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5 Kommentare

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  • Wegen der "Kipp-Punkte", von denen keiner genau weiß, wann die überschritten werden, oder schon sind, gibt es zum Thema Klimawandel keine Kompromisse. Die Bereitschaft der wohlhabenden Menschen - und nur auf die kommt es hier an - den eigenen Lebenstil auch nur zu überdenken, ist kaum vorhanden. Es ist also wurscht, welcher Einheitsbrei in Berlin regiert. Es bräuchte eine wissenschaftliche Weltregierung, die das durchdrücken müsste. Eine Demokratie westlicher Prägung könnte das auf keinen Fall sein. Jetzt wäre die Zeit für die Auferstehung von Jesus, dem Mahdi oder sonst einer Erlösungsfigur. Die könnte auch weiblich sein.

  • Die grüne Spitzenkandidatin Jarasch sprach sich eindeutig gegen die Erweiterung der A100 aus deshalb brauchen die Grünen möglichst viele Stimmen am besten mehr als die SPD oder CDU damit die Autobahnerweiterung verhindert wird

  • 1G
    14397 (Profil gelöscht)

    Die intelligenteste Analyse über die "Grünen" von Marieke Böck:



    „Die Grünen sind wie Bananen, früher Grün, heute Gelb und morgen Schwarz“.

    • @14397 (Profil gelöscht):

      Krumm und verbogen hätte gereicht. Die Traditionsrechten verbiegen sich im Wahlkampf nicht so, da weiß man, woran man ist. Bündnis 90 bekennen sich noch im Wahl-o-Mat sehr eindeutig zur Klimaneutralität 2030. Müsste man sich drauf verlassen können. Heute ist hier bei der taz zu lesen, dass sie auch das schon wieder kassiert haben sollen. Stellt nur einmal mehr in Frage, wie sinnvoll dieses Tool eigentlich ist, oder ob sich das jemand anderes ausgedacht haben kann als irgend so ein Thinktank in ihrem eigenen Umfeld. Das ist eher wie bei der Schachtel Pralinen. Aber egal was du kriest, alles ganz lecker steht drauf, und natürlich bio. Offensichtlich reicht das vielen. Und hat den unbestreitbaren Vorteil als Wähler hinterher immer sagen zu können, man konnte ja nicht wissen.

  • Ich will nicht schwarz sehen!



    Es ist sehr erfreulich, dass so vielen BerlinerInnen Klima in und außerhalb der Stadt wichtig ist.



    Bei aller Kritik an der derzeitigen Berliner Regierung, ist hier allerdings am ehesten Bewegung möglich.



    Der Direktumstieg " schwarz sehen", nämlich CDU wählen, kann ich unter der derzeitigen Rückwärtsgewandheit der CDU überhaupt nicht nachvollziehen. Ich hoffe, dass die derzeitige Koalition Berlin erhalten bleibt.



    In NRW sieht man/ frau, wie schnell aus grün schwarz werden kann: Lützerath wird abgebaggert und nun erhalten wir ein Atommüllzwischenlager, was bei fehlendem Endlager wohl eher letzteres wird.



    Bitte, Berlin, wählt nicht schwarz, lasst diese bunte Regierung im Amt, sie ist die beste Option für ein linkes Berlin.



    Manchmal ist es schwer Politik zu machen, jetzt ist es leicgt:



    Aufstehen,



    Kaffee trinken,



    Kreuzchen machen,



    wieder hinlegen.



    Ich hoffe, dass in Berlin andere politische Konstellationen möglich bleiben und nicht der Einheitsbrei gewinnt.