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„Zukunftsrat“ für Öffentlich-RechtlicheComedy rettet die Welt

Nächste Woche will die Rundfunkkommission der Länder enthüllen, wer sie nun in Sachen Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien berät.

Kamelle! Pünktlich zu Karneval kommt also der Elfer – Pardon! – „Zukunftsrat“ Foto: Oliver Berg/dpa

N ächste Woche will die Rundfunkkommission der Länder enthüllen, wer sie nun in Sachen Zukunft der öffentlich-rechtlichen Medien berät. Kamelle! Pünktlich zu Karneval kommt also der Elfer- Pardon! „Zukunftsrat“. Natürlich nur mit beratender Funktion sollen sich dann Menschen aus Wissenschaft, Technik und Kreative Gedanken machen, wie sich die Akzeptanz der Öffentlich-Rechtlichen verbessern lässt. Und die Politik bei deren Rundfunk-Re­form­agenda beraten.

Dann mal viel Spaß! Nun hat die ARD eben verkündet, ihre In­ten­dan­t*in­nen hätten bei ihrer jüngsten Sitzung in Hannover „eine gemeinsame Vorstellung von der Zukunft“ entwickelt. Wäre auch noch schöner, wenn sich die ganzen hochbezahlten Lemminge mangels Zukunftsvision alle in die Leine geschmissen hätten. Bleibt nur zu hoffen, dass da dieselbe Zukunft gemeint ist.

Auch die ARD setzt jetzt jedenfalls auf „die größte Reformagenda in ihrer Geschichte“, wie es der neue ARD-Vorsitzende Kai Gniffke vom SWR formuliert: „Wir starten das in einer Mischung aus Mut und Demut.“ Das ist prima, zumal die ARD gefühlt seit 2017 jedes Jahr demütig die größte Reform ihrer Geschichte ausruft. Jetzt will sie zum Beispiel „die Mediathek ernst nehmen“. Hat sie das etwas bisher nicht? Doch, doch, sagt Gniffke, „der Zug rollt schon, es ist nur die Frage, in welchem Tempo.“

Aber es ist gemein, ein paar Pressekonferenz-Phrasen aus dem Zusammenhang zu reißen, schließlich gilt der alte Grundsatz „Comedy rettet die Welt“ sogar für die Öffentlich-Rechtlichen. Deshalb könnte der zukünftige Elferrat hier wirklich Großes leisten. Es kommt bloß drauf an, wer drin sitzt. „Und mit welchem Tempo sie Politik und Öffentlich-Rechtliche überholen!“, meint die Mitbewohnerin.

Prak­ti­ke­r*in­nen und Kreative müssen zum Zuge kommen

Ursprünglich hatten die unionsregierten Länder ja den närrischen Plan, daraus eine Art CDU-geführte Nebenrundfunkkommission zu machen, weil sie in der echten gerade nicht am Ruder sitzt. Das ist nun vom Tisch. Klug wäre es, im Festkomitee gleich Freund und Feind einzubinden. Der Doktor Döpfner von Springer beispielsweise ist ja nicht mehr Verlagspräsident und hat daher die nötige Tagesfreizeit als rundfunkpolitischer Karne­vals­prinz.

Vor stark in öffentlich-rechtlicher Wolle gefärbten pensionierten Verfassungsrichtern als Bauern wird dagegen abgeraten. Da käme als Ergebnis vermutlich Arthrose in Bitburg raus, und die sind auch immer so teuer. Wichtig ist, dass Prak­ti­ke­r*in­nen und Kreative wirklich zum Zuge kommen. Und hier bloß nicht an die ganz Großen denken. Nehmt die kleinen Klugen wie Lutz Hachmeister. Wenn dann noch Jan Böhmermann als Jungfrau diese nächste größte Rundfunk-Reformagenda der Geschichte anführt und moderiert, ist alles geritzt. Obwohl: Das sind ja wie im Dreigestirn alles Kerle!

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Steffen Grimberg
Medienjournalist
2000-2012 Medienredakteur der taz, dann Redakteur bei "ZAPP" (NDR), Leiter des Grimme-Preises, 2016/17 Sprecher der ARD-Vorsitzenden Karola Wille, ab 2018 freier Autor, u.a. beim MDR Medienportal MEDIEN360G. Seit Juni 2023 Leitung des KNA-Mediendienst. Schreibt jede Woche die Medienkolumne "Flimmern und rauschen"
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