Streit um die A100 in Berlin: Wer will da schon eine Autobahn?
Am Sonntag treffen sich Initiativen gegen die A100 im About Blank. Ein zentrales Thema soll die Nutzung der Vorhalteflächen für die Autobahntrasse sein.
„Spektakel auf der Autobahn“ lautet der Titel einer Veranstaltung, zu der am Sonntag Stadtteilinitiativen ab 16 Uhr in den Club About Blank am Markgrafendamm einladen. Denn nach dem bundesweiten Verkehrswegeplan soll auch dieser Friedrichshainer Club der nächsten Trasse der A100 weichen. Wenn es nach dem zuständigen Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) geht, soll dieser Plan in den nächsten Jahren umgesetzt werden. Dagegen gibt es Widerstand von Verkehrswendeaktivist*innen, Stadtteilinitiativen sowie Mieter*innen und Gewerbetreibenden, die für die Autobahn vertrieben werden.
Am Sonntag wollen sich diese unterschiedlichen Gruppen vorstellen und die Proteste im neuen Jahr koordinieren. Auch die kulturellen Aspekte sollen nicht zu kurz kommen. So wird der Buchautor Conrad Kunze zum Auftakt der Veranstaltung aus seinem im vergangenen Jahr herausgegebenen Buch „Deutschland als Autobahn“ lesen, eine „Kulturgeschichte von Männlichkeit, Moderne und Nationalismus“, wie es im Untertitel heißt und die vielleicht auch erklären mag, warum rechte Parteien wie die AfD jede Einschränkung des Pkw-Verkehrs massiv bekämpfen.
Ein zentrales Thema wird am Sonntag die Nutzung der Vorhalteflächen sein, die rund um die S-Bahn-Trasse seit Jahren für die A100-Trasse freigehalten werden.
Seit zwei Jahren gibt es verstärkt die Diskussion, diese Gelände für verschiedene Projekte zu nutzen. Vorangetrieben hat die Diskussion auch das Institut für Urbane Mobilität (IUM), das sich für die Umsetzung der Verkehrswende einsetzt. „Durch die Zwischennutzung wird deutlich, dass die Flächen anders als für eine Autobahn genutzt werden können“, meint Tim Lehmann vom IUM gegenüber der taz. Er hätte sich vom Land Berlin eine deutlichere Position gegen den Weiterbau der A100 gewünscht.
Die bisherige Koalition konnte sich nur darauf einigen, dass sie deren Bau nicht vorangetrieben haben will. Zu den entschiedenen Gegner*innen der A100 gehören die Grünen: Julian Schwarze, der für die Partei im Abgeordnetenhaus sitzt, erklärt im Gespräch mit der taz, dass durch die Zwischennutzung die A100 juristisch zwar nicht verhindert werden kann. Doch mit jedem neuen Projekt würde der Widerstand gegen die Erweiterung der Trasse wachsen.
Das ist auch die Hoffnung von Tobias Trommer vom Netzwerk „A100 stoppen“. Ein Pilotprojekt gibt es schon. Der Kulturstandort Zukunft Ostkreuz hat bereits einen Vertrag auf einer dieser Flächen unterschrieben, weil es sein bisheriges Domizil verlassen muss.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Grundsatzpapier von Christian Lindner
Eine gefährliche Attacke
Felix Banaszak über das Linkssein
„Für solche plumpen Spiele fehlt mir die Langeweile“
Nach Diphtherie-Fall in Berlin
Das Problem der „Anthroposophischen Medizin“
Geschlechtsidentität im Gesetz
Esoterische Vorstellung
Alkoholpreise in Deutschland
Das Geschäft mit dem Tod
Menschenrechtslage im Iran
Forderung nach Abschiebestopp