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Nachruf auf Ruslan ChasbulatowVom Unterstützer zum Gegner

Chasbulatow verbarrikadierte sich 1993 im russischen Parlament. Nun ist der letzte Vorsitzende des Obersten Sowjets Russlands gestorben.

Ruslan Chasbulatow in einer undatierten Aufnahme Foto: Gennady Galperin/reuters

Berlin taz | Es sei sein großer Fehler gewesen, im Dezember 1991 den letzten Präsidenten der UdSSR, Michail Gorbatschow, nicht gebeten zu haben, ihn zum Regierungschef zu machen. Dann hätte die Union vielleicht erhalten werden können, bekannte Ruslan Chasbulatow in einem Interview. Am Dienstag starb der letzte Vorsitzende des Obersten Sowjets Russlands bei Moskau. Er wurde 80 Jahre alt.

Chasbulatow wurde 1942 in Grosny, der Hauptstadt der nordkaukasischen Teilrepublik Tschetschenien, geboren. Zwei Jahre später wurden auf Befehl Stalins rund eine halbe Million Tschetschenen und Inguschen nach Kasachstan zwangsdeportiert, darunter auch Chasbulatows Familie. 1962 ging Chasbulatow nach Moskau, 1965 beendete er ein Jurastudium an der Moskauer Staatlichen Universität, 1970 habilitierte er sich.

Ab 1978 unterrichtete er an der Wirtschaftshochschule Plechanow in Moskau. 1990 wurde Chasbulatow zum Abgeordneten der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik gewählt, ab 1991 hatte er den Posten des Parlamentspräsidenten inne.

Im August 1991 spielte Chasbulatow eine wichtige Rolle bei der Niederschlagung des Putsches. Er schrieb einen Appell „An die Bürger Russlands“, in dem er die Aktionen des staatlichen Notstandskomitees verurteilte. Von einem Unterstützer des damaligen Präsidenten Boris Jelzin mutierte Chasbulatow zu dessen erbittertem Gegner. Als Jelzin 1993 im Zuge einer Verfassungskrise das Parlament beschießen ließ, war Chasbulatow einer von 100 Abgeordneten, die sich in dem Gebäude verbarrikadierten.

Erfolglose Friedensmission

1994 kehrte Chasbulatow wieder in den Wissenschaftsbereich zurück. Glechzeitig versuchte er sich als Vermittler zwischen dem damaligen tschetschenischen Präsidenten Dschochdar Dudajew, der sich der Unabhängigkeit seines Landes verschrieben hatte, sowie Moskau. Doch die Mission scheiterte.

Am 21. August beschuldigte Dudajew Chasbulatow „einen Krieg in Tschetschenien provozieren zu wollen, um mit dem Blut der Tschetschenen in die politische Arena Russlands zurückzukehren“. Knapp vier Monate später brach der erste Tschetschenien-Krieg aus, der bis Ende 1996 dauern sollte.

2003 kündigte Chasbulatow an, bei der Präsidentenwahl in Tschetschenien anzutreten, er könne bereits den ersten Wahlgang gewinnen. Doch bei der Ankündigung blieb es, er verzichtete auf eine Kandidatur.

Chasbulatow sei während seiner politischen Karriere immer damit beschäftigt gewesen, sich den äußeren Umständen anzupassen. Doch das habe ihm nicht geholfen, so der Menschenrechtler Alexander Tscherkasow gegenüber dem russischsprachigen Onlineportal insider.ru. „Er ist ein Mensch geblieben, der am Leben vorbeiflog.“

Chasbulatow wird an diesem Donnerstag in seinem tschetschenischen Heimatdorf Tolstoi-Jurt beigesetzt. Er hinterlässt seine Frau und einen Sohn. Die gemeinsame Tochter Selima war bereits im vergangenen Jahr verstorben.

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