LAFONTAINES WASG-AUFTRITT BEWEIST: ER KANN DIE MASSEN NOCH LENKEN: Schluss mit lustig
Wer Oskar Lafontaine an diesem Wochenende auf dem nordrhein-westfälischen Parteitag der WASG erlebt hat, der weiß: SPD und Grüne werden sich im kommenden Bundestagswahlkampf warm anziehen müssen. Der Politrentner ist endgültig aus seinem selbst gewählten Vorruhestand zurück in die Manege gekehrt. Er will es noch einmal wissen – und er kann es auch noch.
Mit seinem Eintritt in die WASG und seiner nicht mehr nur virtuellen Spitzenkandidatur für das geplante Linksbündnis ist die Zeit wohlwollenden Abwartens vorbei. Jetzt kämpft er für den gemeinsamen Wahlantritt von PDS und WASG – und dafür, drittstärkste Kraft im Bundestag zu werden. Er weiß es und sagt es: Auf diesem Weg werden sich die Linksbündler nur noch selber ein Bein stellen können. Deswegen kämpft mit aller Macht dagegen, dass diese Chance doch noch von Zweiflern, Bedenkenträgern und Politdesperados zerredet wird. Im größten Landesverband ist ihm das bereits mit Bravour gelungen. Da mögen sich die führenden Sozialdemokraten noch so laut – und ja durchaus zu Recht – über den Linkspopulismus ihres früheren Parteivorsitzenden echauffieren: Lafontaine trifft den Nerv vieler über Rot-Grün enttäuschter Menschen. Er bietet sich als die linke Alternative zu Schwarz-Gelb an, die SPD und Grüne nicht sein sein können und wollen.
Dabei erweitert er das Kritikfeld des Linksbündnisses an Rot-Grün. Es geht nicht mehr nur um Wirtschafts- und Sozialpolitik. Geschickt erinnerte der rote Zampano an jenen rot-grünen Sündenfall, von dem Schröder und Fischer glaubten, er sei durch ihre Ablehnung des Irakkriegs bereits dem Vergessen anheim gefallen: an die Zustimmung von SPD und Grünen zu dem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg gegen Jugoslawien. So trifft gerade in Richtung der grünen Wählerschaft sein Vorwurf: „Wer Krieg zustimmt, stimmt für den tausendfachen Tod unschuldiger Menschen.“ Fest steht jedenfalls: Rot-Grün wird sich weitaus Klügeres als Beschimpfungen ausdenken müssen, um eine erfolgreiche Antwort auf ihren neuen Gegner Oskar Lafontaine zu finden. PASCAL BEUCKER
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