Energiepauschale für Student:innen: Digital second, Studierende last
Die Zahlungen der Energiepauschale verzögern sich und verzögern sich und verzögern sich. Studierende müssen erneut die Fehler der Politik ausbaden.
E s ist der 13. Januar. Ich schaue auf mein Konto: Wieder nichts drauf. Dabei warte ich sehnlichst auf einen Eingang von 200 Euro.
Erinnern wir uns: Vor rund vier Monaten hat die Bundesregierung das dritte Entlastungspaket in der Energiekrise vorgestellt, Anfang Dezember wurde das Gesetz zur Energiepauschale beschlossen. Es sieht vor, Studierenden wie mir eine Einmalzahlung von 200 Euro zukommen zu lassen. Insgesamt 3,5 Millionen Studierende betrifft das.
Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger (FDP) hatte großmundig angekündigt: „Wir haben den Zug aufs Gleis gesetzt“, die Auszahlungen könnten „gleich zu Beginn des nächsten Jahres beginnen, also noch im Winter“. Nur: Das Geld ist immer noch nicht da. Stark-Watzinger hat ihren Zug mit angeborenem Antriebsschaden auf die Schienen gesetzt, die Zahlungen verzögern sich weiter. Warum?
Es gibt eine technische Antwort auf diese Frage. Zu Beginn der Debatte hieß es noch, man wisse nicht, wie Studierende am Ende an ihr Geld kommen sollten, deshalb die Verzögerung. Bei den 300 Euro für die Rentner*innen im Dezember sei das ganz einfach gewesen, man hätte ja schließlich die nötigen Daten gehabt, unter anderem die Kontoverbindung.
Ähm. Zahlen wir Studierende nicht jeden Monat beziehungsweise jedes halbe Jahr einen Semesterbeitrag? Werden unsere Daten nicht hinterlegt? Klingt mal wieder nach Digitalisierungsalbtraum Deutschland. Digital second, Studierende last.
Steinmeier-Flashback
Nun soll eine Web-Plattform entstehen, auf der man das Geld unbürokratisch beantragen kann. Damit nicht jedes Bundesland eine eigene Website baut und mühsam alles auf Landesebene ausklamüsert werden muss (wir erinnern uns, Bildungsföderalismus), haben sich Bund und Länder auf eine einheitliche Website geeinigt – mit einheitlicher Datenschutzverordnung.
Das ist auch gut so. Doch dass die Probleme, die zu erwarten waren, nicht schon beim Gesetzentwurf mitgedacht wurden, ist mindestens ärgerlich. Die Kultusministerkonferenz (KMK) der Länder und deren Präsidentin Karin Prien (CDU) haben die Mängel schon früh kritisiert. Prien sagte vor einigen Wochen, eine Auszahlung im Januar sei unrealistisch – man könne froh sein, wenn das Geld noch im ersten Quartal 2023 ausgezahlt werde.
All das ist leider allzu typisch. Und damit kommen wir zu der gesellschaftspolitischen Antwort. Studierende sind einfach nicht so wichtig, das zeigt sich nun erneut, wie schon in der Coronakrise. Ich möchte hier nichts vermischen, aber ich habe ein Flashback. Im April 2021 hat Bundespräsident Steinmeier eine Rede gehalten – an Studierende zum Start des damaligen Sommersemesters.
Es ging viel um die gesellschaftlichen Nachwirkungen der Pandemie, um Belastungen bei Studierenden und um die Zukunft. Coronabedingt war kein normales Studierendenleben möglich, viele Nebenjobs brachen weg und die finanzielle Situation vieler war mehr als angespannt. Steinmeier forderte: „All jenen Studentinnen und Studenten, die durch die Pandemie in eine Notlage geraten sind, muss schneller geholfen werden – und unbürokratischer.“
Wir sind gerüstet
Dafür, dass sie fast zwei Jahre her sind, sind seine Äußerungen erstaunlich aktuell. Rückblickend klingt es wie eine Vorahnung, wenn Steinmeier sagt: „Aber eines weiß ich: Wenn eine Generation für diese offene Zukunft gewappnet ist, dann Ihre.“ Zynisch gesprochen: Wie recht er doch hat! Ohne Vorlesungen in Präsenz und ohne Geld muss man erst mal studieren und dabei auch noch überleben!
Dieser Text stammt aus der wochentaz. Unserer Wochenzeitung von links! In der wochentaz geht es jede Woche um die Welt, wie sie ist – und wie sie sein könnte. Eine linke Wochenzeitung mit Stimme, Haltung und dem besonderen taz-Blick auf die Welt. Jeden Samstag neu am Kiosk und natürlich im Abo.
Eigentlich aber ist es traurig. Die aktuelle Regierung und das Bildungsministerium haben nichts aus der Vergangenheit gelernt, die alten strukturellen Probleme treten erneut auf: Bürokratiewirrwarr und eine vernachlässigte Student:innenschaft. Studierende wissen nicht, wie sie ihre Rechnungen zahlen sollen.
Aber ich bin mir sicher: Spätestens, wenn die Energieunternehmen uns allen gekündigt haben, treffen auch die 200 Euro der Bundesregierung ein. Wir sitzen schon ganz gespannt in unseren kalten Wohnungen. So schön, das Studierendenleben!
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