US-Präsident in Mexiko: Bidens Balanceakt
Es wurde Zeit, dass ein US-Präsident wieder Mexiko besucht. Die USA sollten sich eingestehen, dass sie auf Migration aus dem Süden angewiesen sind.
S eit 2014 hat kein US-Präsident mehr das Nachbarland besucht. Statt die gemeinsamen Interessen zu pflegen und Konflikte zu lösen, hat Donald Trump Mexiko als Punching Ball für alle Übel seiner imaginären Welt genutzt.
Vor diesem Hintergrund ist der Besuch, den Joe Biden jetzt Mexiko abstattet, eine positive Wende. Wie so vieles bei Biden ist er geprägt von dem Bestreben nach Rückkehr zu einer gewissen Normalität und Ruhe nach dem zerstörerischen Sturm. Er ist ein Zeichen, dass in Washington ein Realpolitiker sitzt, der davon ausgeht, dass Interessen besser gemeinsam als gegeneinander verfolgt werden können.
Die Vorabgeschenke, die Mexikos Präsident Andrés Manuel Lopéz Obrador gemacht hat, können den US-Präsidenten bestärken: In Culiacán hat Mexiko den lang gesuchten Kartellchef Ovidio Guzmán verhaftet. Aus Sicht der USA spielt er eine zentrale Rolle in dem Geschäft mit der Droge Fentanyl. Mexiko hat außerdem zugesagt, monatlich 30.000 Migranten aufzunehmen, die die USA abschieben wollen. Und auf dem Weg vom Flughafen zum Hotel hat sich der mexikanische Präsident demonstrativ neben seinen US-Kollegen in dessen gepanzerte Limousine gesetzt.
Doch für Biden und die Demokraten bleibt die Südgrenze, bleibt die Einwanderung ein Balanceakt. In Bidens Amtszeit ist die Zuwanderung in nie gekannte Höhen geschnellt. In seinem ersten Amtsjahr sind 1,7 Millionen papierlose Menschen an der Grenze festgenommen worden.
Fest steht: Wenn die Einwanderer ohne Papiere in den USA die Arbeit niederlegen, bricht das wirtschaftliche Geschehen in den USA umgehend zusammen. Fest steht auch: Wegen der brutalen Lage in den Herkunftsländern wird die Migration zunehmen. Und fest steht auch mit Biden: Solange niemand den politischen Mut aufbringt, diese Fakten in den Vordergrund zu stellen, werden der Rassismus und der Hass, die die USA und die bi- und trilateralen Beziehungen zu Mexiko an den Rand des Abgrunds gebracht haben, als permanente Gefahr lauern.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Vorgezogene Bundestagswahl
Ist Scholz noch der richtige Kandidat?
USA
Effizienter sparen mit Elon Musk
113 Erstunterzeichnende
Abgeordnete reichen AfD-Verbotsantrag im Bundestag ein
Ein-Euro-Jobs als Druckmittel
Die Zwangsarbeit kehrt zurück
Bürgergeld-Empfänger:innen erzählen
„Die Selbstzweifel sind gewachsen“
Übergriffe durch Hertha-BSC-Fans im Zug
Fan fatal