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Minimalkonsens im Parlament

Perus Abgeordnete beschließen vorgezogene Neuwahlen im April 2024. Von den Forderungen der Protestierenden in allen Landesteilen ist das recht weit entfernt – wie sie reagieren, ist noch unklar

Die Familie des abgesetzten Präsidenten Pedro Castillo erhält Asyl in Mexiko

Von Bernd Pickert

In Peru wird es vorgezogene Neuwahlen geben. Das Parlament stimmte am Dienstag mit 93 gegen 30 Stimmen dafür, die nächsten Parlaments- und Präsidentschaftswahlen von 2026 auf April 2024 vorzuziehen. Das entspricht in etwa dem, was die amtierende Präsidentin Dina Boluarte in Aussicht gestellt, das Parlament aber zunächst abgelehnt hatte.

Ob der Schritt ausreicht, um die Menschen zu besänftigen, die seit der Amtsenthebung des damaligen Präsidenten Pedro Castillo am 7. Dezember landesweit protestierend auf die Straße gehen, blieb zunächst unklar. Neben der Forderung vieler nach Freilassung und Wiedereinsetzung von Castillo sind sich die Protestierenden in der Forderung nach sofortiger Auflösung des Parlaments und damit dem Rauswurf aller dort agierenden Po­li­ti­ke­r*in­nen einig. Die Regierung hat inzwischen einen 30-tägigen Ausnahmezustand verhängt. Bislang sind bei gewaltsamen Auseinandersetzungen zwischen Protestierenden und Uniformierten mindestens 21 Menschen ums Leben gekommen.

Die jetzt verabschiedete Vorziehung der Wahlen muss im kommenden Jahr noch ratifiziert werden, auch das wiederum mit einer Zweidrittelmehrheit. Offenbar stellte das Votum einen Minimalkonsens her. Einige hatten Neuwahlen schon im April 2023 gefordert, was allerdings allgemein als technisch nicht umsetzbar angesehen wurde. Andere, linke Gruppierungen, wollten gemeinsam mit der Wahlverschiebung auch die Einrichtung einer verfassunggebenden Versammlung beschließen. Wieder andere wollten eine Verfassungsreform, die Par­la­men­ta­rie­r*in­nen die Möglichkeit der Wiederwahl eröffnet. Nichts davon fand zunächst eine Mehrheit, könnte aber beim Prozess der Ratifizierung noch eine Rolle spielen.

Derzeit bleibt insofern unklar, ob es vor den nächsten Wahlen zu jenen Verfassungs- und Wahlrechtsreformen kommen wird, die angesichts der politischen Dauerkrise und der Implosion des peruanischen Parteiensystems von den meisten Be­ob­ach­te­r*in­nen für notwendig gehalten werden, um nicht einfach nur ein weiteres Mal ein Parlament und einen Präsidenten zu wählen, die nach kurzer Zeit als korrupt abgewählt werden und alsbald im Gefängnis sitzen.

Castillo war festgenommen worden, nachdem er versucht hatte, durch Auflösung des Parlaments einer Amtsenthebung zu entgehen. Die Abgeordneten hatten das nicht zugelassen, ihre eigene Sitzung ein paar Stunden vorgezogen und Castillo abgesetzt. Als der dann auf dem Weg zur mexikanischen Botschaft war, um dort politisches Asyl zu beantragen, nahmen ihn Sicherheitskräfte in Gewahrsam.

Die mexikanische Regierung erklärte sich inzwischen bereit, Castillo Asyl zu gewähren. Seine Ehefrau Lilia Paredes, gegen die auch Korruptionsermittlungen laufen, hat nach peruanischen Medienangaben inzwischen mit den gemeinsamen Kindern Peru Richtung Mexiko verlassen. Als Reaktion darauf erklärte die peruanische Regierung den mexikanischen Botschafter in Lima zur Persona non grata und forderte ihn auf, umgehend das Land zu verlassen. Gemeinsam mit den linken Regierungen Kolumbiens, Argentiniens und Boliviens hatte Mexiko nach Castillos Absetzung seine Solidarität mit ihm ausgedrückt. Für sie – wie für viele andere lateinamerikanische Linke – ordnen sich die Ereignisse in Peru in eine Reihe von Umsturzversuchen gegen gewählte Linksregierungen ein.

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