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Spielfilm „Call Jane“ über AbtreibungSchwestern helfen Schwestern

„Call Jane“ erzählt von geheimen Abtreibungen in den USA Ende der 1960er. Das Drama ist nach der Aufhebung von „Roe v. Wade“ höchst aktuell.

Solidarität in den Sechzigern: Joy (Elizabeth Banks) mit Virginia (Sigourney Weaver) Foto: DCM

Immer wieder gibt es Fälle, in denen sich die Macher eines Filmes während der Entstehung gar nicht bewusst gewesen sein dürften, wie aktuell ihr Thema zum Zeitpunkt der Veröffentlichung sein wird. „Call Jane“ ist – leider – einer von ihnen.

Das Drehbuch von Hayley Schore und Roshan Sethi ist eigentlich als historische Rückschau angelegt. Auf Zeiten vor „Roe vs. Wade“, jener Entscheidung des Obersten US-Bundesgerichts im Jahr 1973, die Frauen in den USA grundsätzlich das Recht einräumte, selbst über das Beenden einer Schwangerschaft zu entscheiden.

Anders als in aktuellen Produktio­nen mit ähnlichem inhaltlichem Fokus – wie etwa dem effektvoll-nüchtern erzählten „Niemals Selten Manchmal Immer“ von Eliza Hittman – herrscht in „Call Jane“ eine themenuntypische „Feel-good“-Stimmung. Weit mehr als Tragik dominiert der Triumph über ein durchgestanden geglaubtes Unrecht den Film. Doch mit der Aufhebung der richtungsweisenden Entscheidung am Obersten Gerichtshof in diesem Sommer dürften illegale Abtreibungsstrukturen, wie sie hier beleuchtet werden, wieder aufblühen.

Hinter den titelgebenden „Janes“, die Regisseurin Phyllis Nagy in den Blick nimmt, verbirgt sich ein Untergrundnetzwerk an Aktivistinnen. Zwischen 1968 und besagtem Urteil, das ihre Arbeit obsolet machte, organisierten sie in Chicago 12.000 Eingriffe.

Unfreiheit im Wohlstand

In ihre Welt wird das Publikum durch die Augen von Joy (Elizabeth Banks), eigentlich eine durchschnittliche konservative Hausfrau, eingeführt. Gemeinsam mit ihrem als Jurist tätigen Ehemann Will (Chris Messina) und der jugendlichen Tochter Charlotte (Grace Edwards) hat sie sich ein geordnetes Leben im schmucken Eigenheim mit „Mad Men“-Charme eingerichtet.

Der Film

„Call Jane“. Regie: Phyllis Nagy. Mit Elizabeth Banks, Sigourney Weaver u. a. USA 2022, 121 Min.

So richtig stört sie eigentlich nichts an dieser Existenz – wäre da nur nicht diese furchtbare Langeweile zwischen Herd, Einkaufsbummel und nachmittäglichen Martinis. Erst als ihre zweite Schwangerschaft zu einer lebensbedrohlichen Herzerkrankung führt und ihr selbst unter diesen Umständen eine Abtreibung verwehrt wird, beginnt sie ihre Unfreiheit zu realisieren.

Nach einer ergebnislosen Tour de Force durch die medizinischen Einrichtungen beschließt sie eine Nummer zu wählen, die ihr auf einem ominösen Plakat mit der Aufschrift „Call Jane“ begegnet ist. Nur wenig später wird sie, zum Schutz der Organisation, von einer Fahrerin abgeholt und mit Augenbinde in eine geheime Wohnung gebracht.

Als mutig kann man die Wahl der Protagonistin, die im Gegensatz zu anderen vorkommenden Figuren nicht auf einer realen Vorlage beruht, nicht gerade bezeichnen. Schließlich sind Joys Gründe für eine Abtreibung, der Schutz des eigenen Lebens, alles andere als umstritten und selbst für solche Zuschauer nachvollziehbar, die der Thematik grundsätzlich eher kritisch gegenüberstehen.

Geschichte einer weiblichen Selbstbefreiung

Allerdings setzt „Call Jane“ mit ihr gleichsam zu einer charmanten Erzählung über weibliche Selbstbefreiung an. Eigentlich hofft Joy zunächst, nach dem Eingriff in ihr altes Leben zurückkehren zu können. Als sie aber die Erfahrung macht, ihre Zeit endlich für etwas Sinnvolles einsetzen zu können, bringt sie sich bald immer stärker in die Organisation ein – wird am Ende sogar selbst Abtreibungen durchführen.

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Trailer „Call Jane“

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Dass ihre persönliche Emanzipation zu verfolgen derart unterhaltsam ist, liegt sicherlich auch an der charismatischen Darbietung Eli­zabeth Banks’ – die macht immer dann besonders viel Spaß, wenn sie an der Seite von Sigourney Weaver zu sehen ist. Ihre Figur Virginia, eine scharfzüngige Vollblutaktivistin, ist von der echten Gründerin der Organisation inspiriert.

Damit ist „Call Jane“ letztlich ein Film, der in erster Linie auf Haltung setzt. Um diese zu transportieren, verzichtet er auf eine überraschende Dramaturgie oder eine einfallsreiche Inszenierung. Ein in künstlerischer Hinsicht bemerkenswerter Film ist Phyllis Nagy also nicht gelungen. Glaubhaft die Botschaft zu vermitteln, dass weiblicher Zusammenhalt zu jeder Zeit unverzichtbar ist, allerdings umso mehr.

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