Die Stadt Hamburg als Auftraggeberin: Knausrig und unbeweglich

Egal ob faire Bezahlung für VHS-Dozenten oder Schulkantinen – in Hamburg ist ein Aufschrei nötig, bevor der Senat einlenkt. Das passt nicht zur Zeit.

Menschen in Mänteln mit Schildern und Musikinstrumenten demonstrieren auf einer Straße.

Am Ende bleiben nur 9,76 Euro die Stunde – VHS-Dozenten-Protest in Hamburg Foto: GEW

Am Mittwoch gingen trotz Kälte hundert Kursleiter der Hamburger Volkshochschule auf die Straße. Mit Plakaten, Trommeln und Trompeten warben sie für ihre Forderungen. Es gibt da ein Problem: 31,27 Euro pro Stunde reichen nicht. Abzüglich aller Kosten – wie Sozialversicherung mit Arbeitgeberanteil, Vorbereitung, Vorsorge für Krankheit – bleiben nur 9,76 Euro.

Das rechnet die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vor, die die ­Kursleiter unterstützt. Die fordern nun eine Erhöhung auf 41 Euro und dass die Stadt den Arbeitgeber­anteil der Sozialbeiträge zahlt. Denn sie sind zwar formal Honorarkräfte, da aber viele mindestens die Hälfte ihres Einkommens aus VHS-Tätigkeit bestreiten – etwa als Deutschlehrkraft für Einwanderer – sind sie „arbeitnehmerähnlich“.

Aber was bringt die Leute bei Kälte auf die Straße? Warum lässt sich ihr Anliegen nicht direkt im Gespräch mit der Bildungsbehörde klären – oder mit dem Senat? Liegen die Argumente nicht eh auf dem Tisch?

Die Kursleiter protestieren nicht zum ersten Mal. Sie haben schon 2015 nach zähem Kampf erstritten, dass ihr Honorar von damals etwa 24 Euro nach 20 Jahren (!) Stillstand wieder regelmäßig erhöht wird. Das passiert in kleinen ­Prozent-Schritten, analog zur Tarifsteigerung für Festangestellte. „Es wäre falsch, von diesem guten Prinzip wieder abzuweichen“, sagt Behördensprecher Peter Albrecht. Dann würde wieder jedes Jahr einzeln nach Kassenlage über die Honorare entschieden.

Berlin und Bremen zeigen: Es geht!

Nur reichen diese Mini-Schritte eben nicht für die Kosten, schon gar nicht in der Inflation. Berlin versteht das und beschloss, dass ihre VHS-Lehrer 41 Euro je Stunde bekommen und auch eine „stärkere soziale Absicherung“ etwa bei Krankheit und Mutterschutz. Das vereinbarten an der Spree Senat und Gewerkschaft nach „konstruktiven Gesprächen“, so die Senatsverwaltung für Bildung.

Auch Bremen bietet seinen VHS-Kräften mehr Schutz bei Krankheit und zahlt für die Sozialversicherung. In Hamburg ist erst ein öffentlicher Aufschrei nötig, bevor sich der Senat bewegt. Das strapaziert unnötig die Nerven. In dieser Krisenzeit möchte sich keiner ausmalen, dass auch noch die VHS-Lehrkraft am Hungertuch nagt. Warum gibt es hier kein sensibleres Krisenmanagement, eine Art Protest-Prävention? In Hamburg liegt es meist nicht am Geld.

Die Trompeten sind kaum verklungen, da hören wir übrigens schon das Klopfen lauter Löffel auf leeren Töpfen von verzweifelten Schulköchen um die Ecke kommen. Anderes Thema, ähnliches Prinzip. Stadt und Schulverpfleger hatten sich vor der Krise auf einen Preisanpassungsmechanismus je Mahlzeit geeinigt, der sich auf die noch niedrige Inflation der vergangenen fünf Jahre bezieht. Nun geht das mit der Geldentwertung aber viel ­schneller. Und keiner mag sich vorstellen, wenn nun auch noch den Kindern in der Schule die warme Mahlzeit fehlt oder sie für Familien unbezahlbar wird, weshalb sogar die CDU soziale Preise fordert.

Also, liebe Politik, findet eine Lösung! Einfach für uns, die wir keine Krisen mehr mögen.

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Jahrgang 1964, seit 1992 Redakteurin der taz am Standort Hamburg für Bildung und Soziales. Schwerpunkte Schulpolitik, Jugendhilfe, Familienpolitik und Alltagsthemen.

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