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Die WahrheitPingpong-Präsidenten

Recep Erdoğan spielt Tischtennis. Für passionierte Spieler ergibt sich aus seiner Schlägerhaltung eine Frage: Warum verweigert er die Shakehand?

N eulich war ein Foto von Recep Tayyip Erdoğan in der Zeitung. Er hatte einen Tischtennisschläger in der Hand, hielt ihn aber falsch: Er fasste ihn an der Seite mit dem Belag, dem sogenannten Schlägerblatt, während der eigentliche Griff zur Seite ragte.

Am Rande eines Politgipfels in Astana hatte sich Erdoğan ein Match mit seinem kasachischen Amtskollegen Kassym-Schomart Tokajew geliefert. Wie das Match ausging, war nicht herauszubekommen. Ich fotografierte das Bild und schickte es um die Welt, besonders meine Tischtennis-Whatsapp-Gruppe fand es sehr lustig.

Das Bild von Erdoğan mit Schläger ist bereits das zweite in meiner Sammlung von Staatschefs mit Schlägern. Auch von Wolodimir Selenski gibt es ein Bild mit Tischtennisschläger. Er hält ihn korrekt. Außerdem trägt er volles Haar und ein hellblaues Hemd mit Krawatte; das Bild stammt aus Wahlkampfzeiten, als Selenski noch als Komiker galt. Nur mit dem Tisch, der Tischtennisplatte, stimmt etwas nicht: Auch er strahlt in poolwasserblau, aber es fehlen die Mittellinien. Es ist also kein offizieller Tisch, und Doppel zu spielen ist auf ihm völlig unmöglich.

Ob Selenski und Erdoğan mal gegeneinander gespielt haben? Könnte sich Erdoğans Schlägerhaltung lokal so durchsetzen wie früher die Penholder der Chinesen? Kann Scholz Tischtennis? Was kann Xi Jinping? Offene Fragen. Die „richtige“ Griffhaltung nennt man übrigens die „Shakehand“. Erdoğan hat sich wohl bewusst gegen diese Haltung entschieden.

Vor einiger Zeit gab es ein Foto aus Woody Allens Erfolgsfilm „Match Point“ in der Zeitung. Jonathan R. Meyers spielt einen Tennislehrer, der sich in die obere Schicht einheiratet, dann aber eine Affäre mit der Ex seines Schwagers beginnt. Auf dem Bild hält er einen Tischtennisschläger in der einen und die Ex, gespielt von Scarlett Johansson, in der anderen Hand. Warum auch immer, wo es im Film doch um Tennis geht. Aber egal, Tischtennis taucht in Filmen nicht so oft auf, umso schöner, dass es dieses Bild gibt, das ich dann auch gleich herumschickte.

Die Reaktionen waren bemerkenswert. Mit Bezug auf Erdoğan hatte ich das Foto mit „Vorbildlich?“ untertitelt, aber niemand stieg darauf ein. Ein Tischtenniskollege meinte „arger Film“, ein Freund behauptete gar, der damals recht erfolgreiche Streifen sei „Woody Allens beginnender Abstieg“ und eine „Männerfantasie“. Ging es nicht eher um Liebe und Betrug und die Klassenfrage, die von skrupellosen Aufsteigern gewissermaßen tödlich beantwortet werden musste?

Die entscheidende Szene im Film ist die mit dem Ring: Meyers will ihn, Beweisstück 1 a, in die Themse werfen, aber der Ring bleibt an der Netzkante respektive der Kaimauer hängen. Er springt hoch, titscht noch ein-, zweimal auf und entscheidet sich dann, doch über die Reling zu fallen. Beim Vierer neulich gab es bei 11:10 im fünften Satz einen ganz ähnlichen Moment. Reines Glück.

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René Hamann
Redakteur Die Wahrheit
schreibt für die taz gern über Sport, Theater, Musik, Alltag, manchmal auch Politik, oft auch Literatur, und schreibt letzteres auch gern einmal selbst.
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