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Kita der Schwulenberatung BerlinKulturkampf gegen queere Kita

Die AfD-Jugend will gegen eine Kita des Schwulenverbandes demonstrieren. Ihrer Aufregung über Pädophilie ist dabei längst die Grundlage entzogen.

Keine Angst vorm Regenbogen Foto: dpa

Berlin taz | Um eine geplante Kita der Schwulenberatung Berlin, die im nächsten Frühjahr in Schöneberg eröffnen soll, ist ein Kulturkampf entbrannt. Die Stichworte, die die Debatte von rechts hochkochen lässen, heißen Pädophilie und Frühsexualisierung. Der von prominenten rechten Medienakteuren geschürten Online-Aufregung soll am Samstag nun auch ein Straßenprotest folgen. Die rechtsextreme AfD-Jugend Junge Alternative will am Ort der geplanten Kita in der Nähe vom Bahnhof Südkreuz protestieren; eine Gegenkundgebung ist bereits angemeldet.

Die Kita ist Teil des „Lebensortes Vielfalt“, ein im Bau befindliches Mehrgenerationenhaus für Angehörige der LGBTQ-Community mit WGs für Pflegebedürftige und Räumen für die Schwulenberatung. 93 Kinder sollen in den beiden Kita-Gruppen Rosaroter Tiger und Gelbgrüner Panther Platz finden, 60 Anmeldungen soll es bereits geben.

Die Besonderheit der ersten Kita dieser Art deutschlandweit besteht in der Auswahl der Erzieher:innen, die überwiegend selbst Teil der Community sind. Die Kinder sollen so andere Lebensweisen kennenlernen, auch dadurch, dass verwendete Materialien mehr als konservative Rollenbilder transportieren.

Die beiden Betreiber, Marcel de Groot und Jörg Duden, sind als Geschäftsführer beziehungsweise Abteilungsleiter seit Jahren in der Schwulenberatung engagiert. Laut einem Bericht der Berliner Zeitung hätten sie die Idee für die Kita schon 2014 gehabt. Entwickelt habe sie sich aus der Beratungsarbeit und den Erfahrungen, dass viele lesbische, schwule oder transsexuelle Menschen den Schritt ihres Outings erst sehr spät im Leben gehen.

Pädophilie-Verfechter

Der Ärger für das Kita-Projekt begann mit einem Bericht der Bild Anfang Oktober, in dem thematisiert wurde, dass Rüdiger Lautmann, einer der drei Vorstände des Trägervereins der Schwulenberatung, als Pädophilie-Verfechter gelte. Der Soziologe hatte 1994 das Buch „Die Lust am Kind. Portrait des Pädophilen“ veröffentlicht, das laut Kri­ti­ke­r:in­nen sexuelle Gewalt an Kindern verharmlose. Noch 2013 schrieb Lautmann im pro Familie-Magazin, die meisten Fälle sexuellen Missbrauchs gingen darauf zurück, „dass TäterInnen ihre Bedürfnisse nicht zu artikulieren verstehen“, und vor „Moralpanik“ gewarnt.

Wenige Tage nach Veröffentlichung des Artikels, am 6. Oktober, trat Lautmann, der laut der Betreiber „nicht mit der Kita verwoben“ gewesen sei, von seinem Vorstandsposten zurück, um, wie es hieß, „weiteren Schaden von der Schwulenberatung Berlin und der geplanten Kita abzuwenden“. Doch das Thema war für die Kulturkämpfer von rechts damit nicht erledigt. Im Gegenteil: Die eigens geschaffene Website der Jungen Alternative – lgbtkita.de – fordert mit aufgeführten Zitaten von Lautmann: „Pädo-Kita verhindern“.

Zu sehen ist dort auch ein Video des ausgerechnet über Beziehungsgeflechte und Machtmissbrauch gestolperten Ex-Bild-Chefredakteurs Julian Reichelt, der inzwischen als Youtuber unterwegs ist. Darin wird wiederholt ein „Zusammenhang zwischen Pädophile und der Transsexuellenbewegung“ behauptet und das rechte Narrativ der „Frühsexualisierung“ der Kinder bedient. Unter dem Begriff führen christliche und rechte Kreise seit Jahren ihren Kampf gegen Aufklärung und die gleichberechtigte Vermittlung verschiedener, nicht rein heteronormativer Lebensweisen. Reichelts Fazit: „Ich muss nicht weiter kommentieren, wie krank das alles ist.“

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